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Die Bucht des grünen Mondes

Die Bucht des grünen Mondes

Titel: Die Bucht des grünen Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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Sein Bart kratzte über ihre Wange. «Komm, entspann dich, genieße die Aussicht. Schau, dort hängt ein Faultier im Baum. Soll ich es dir holen lassen? Wir können es mitnehmen.»
    Er nahm sich, was er wollte. Anders als Herr Oliveira damals, als er das an seinem Arm hängende Faultier mit Ehrfurcht betrachtet hatte. Sie würde in Tränen ausbrechen, sähe sie wieder einen Schmetterling aus dem Fell flattern. «Ich möchte nicht.»
    «Du möchtest was nicht? Das?» Er umschlang sie, presste sich an sie. «Das willst du ganz bestimmt, Liebes, warte nur ab.»
    Sie überlegte, ob sie sich seitlich an der Reling wegbewegen konnte. Aber seine kräftigen Arme schienen überall, wie die gewaltigen Lianen, die sich eines Baumes bemächtigten. An ihren Kniekehlen spürte sie einen Luftzug. Die Bordwand drückte schmerzhaft gegen ihren Bauch, als Kilian sie mit seinem gesamten Gewicht nach vorne drückte. Mühelos schaffte er es, sie festzuhalten, zugleich ihre Röcke zu heben und ihre seidenen Beinkleider nach unten zu schieben. Das, was eine Frau niemals zu benennen wagte, verlangte Einlass, und sie konnte es nicht verhindern.
    Durch das schwarztrübe Wasser pflügte ein gewaltiger Schlangenleib. Fische stoben auf, schnappten nach Mücken. Ach, sähe sie doch endlich die Rückenfinne eines Boto, das erträumte sie sich. …
der rosafarbene Delfin entdeckte ein junges Mädchen; es paddelte über den Fluss. Sein Begehren erwachte. Er schwamm unter das Boot und stieß es an. Umschwamm es, zeigte seinen prachtvollen Leib und genoss die erschrockenen Schreie. Aus seinen Nasenlöchern verschoss er einen unsichtbaren Pfeil in ihren Mund – nun war sie sein. Unter Lust und Schmerzen warf er seine tierische Gestalt ab. Geschmeidig teilten seine Arme das Wasser. Stießen in die Luft, packten die Wand des Bootes und zerrten es herab. Das Mädchen fiel ihm entgegen. Er zog es an sich; ihre Hände schlossen sich hinter seinem Nacken. Er brachte es ans Ufer. Seine Arme hielten es, seine Beine trugen ihn. So sehr liebte er es, ein Mensch zu sein, dass er einfach weiterlief, durch Schilf und über Wurzelwerk stieg, hin zu einer lieblichen Bucht, die Yacurona, der Geist des Wassers, erschaffen hatte, allein zur Freude der Botos, wenn sie sich menschliche Gespielinnen holten. Grün schimmerte der Mond durch das Blattwerk. In der Bucht des grünen Mondes liebte er das Mädchen, bis es wimmerte und schrie und ihn anflehte, mit ihm gehen zu dürfen, hinunter nach Encante, der verzauberten Stadt
 …
    Kilian strich Amelys Röcke glatt und kehrte unter die schützende Gaze zurück. Der Geruch von Feijoada, seinem Lieblingsessen, drängte die Düfte des Flusses zurück.
    «Komm, iss auch etwas.»
    Sie stützte den Ellbogen auf die Reling und weinte leise in ihre Hand.
    Ein Ruf ging ihr durch Mark und Bein. Konnte das wahr sein? Gewiss, er, Felipe, war doch den Rio Negro hinaufgefahren, um sich den verbrannten Wald anzusehen – er musste ja auf demselben Weg wieder zurück. Sein kleines Dampfboot kam behutsam längsseits. Er winkte ihr. Amelys Hand zuckte. Doch sie wagte es nicht, zurückzuwinken. Der Gedanke, er könne ihr ansehen, was soeben geschehen war, ließ sie verschämt den Kopf sinken. Und Kilian würde es sicherlich seltsam finden, sähe er ihre Freude.
    Sie fand es ja selbst seltsam.
    «Teufel auch!», dröhnte Kilian neben ihr. Über den Abgrund des Flusses hinweg tauschten die beiden Männer Neuigkeiten aus, die kaum an ihr Ohr drangen. Sie hatte nur Augen für Felipe. Sein Hemd stand offen, flatterte um seine Arme, und so sah sie zum ersten Mal seine sehnige, leicht behaarte Brust. Und schmerzte eben noch ihre Scham, begann sie jetzt zu pochen.
    Allzu schnell setzte er seine Fahrt fort. Unruhig kehrte Kilian zu seinem Eintopf zurück. Auch Amely setzte sich, schüttelte aber den Kopf, als Miguel eine volle Schöpfkelle über ihrem Teller schweben ließ. In ihrem Magen hatte sich ein angenehmes Gefühl ausgebreitet, das den ganzen Platz beanspruchte.
    «Ich denke, wir sollten zurück», begann Kilian. «Mir ist nicht wohl dabei, länger hier herumzugondeln, während zu Hause die Geschäfte warten.»
    «Was hat er denn gesagt?»
    «Hast du es nicht gehört? Der Kyhyje-Wald ist verloren. Vernichtet von irgendeinem Indianerstamm. Verfluchte Wilde! Na schön! Dann werden wir den verdammten nördlichen Wald erschließen; ich muss den Verlust ja auffangen. Aber das wird eine teure Angelegenheit … Ach, verdammt, verdammt!» Er

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