Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
Arbeit gehen, dann fangt endlich mit der Verbrennung an.»
«Ich habe noch nie eine Frau verbrannt», sagte Thomas. «Ihr müsst mir ein wenig Zeit lassen, um zu überlegen, wie ich es am besten anstelle.»
«Die Kette wird um ihren Leib geschlungen», erklärte Lorret, «und der Schmied verschließt sie.» Er deutete zu dem Schmied, der mit einer Öse und einem Hammer bereitstand. «Und Feuer findet Ihr in jedem Haus.»
«In England kommt es bisweilen vor, dass der Henker das Opfer hinter dem Schleier des Rauchs erwürgt, um die Qual zu verkürzen. Meist nimmt er dazu eine Bogensehne.» Thomas holte eine ebensolche Sehne aus seiner Gürteltasche. «Ist das hier auch üblich?»
«Nicht bei Ketzern», erwiderte Galat Lorret schroff.
Thomas nickte und steckte die Sehne wieder ein. Dann nahm er Genevièves Arm, um sie zum Scheiterhaufen zu bringen. Robbie trat vor, als wolle er ihn daran hindern, doch d’Evecque hielt den jungen Schotten zurück. Thomas zögerte. «Es muss doch ein Dokument geben», sagte er zu Lorret. «Eine Vollmacht oder etwas in der Art, das die weltliche Macht autorisiert, das Urteil der Kirche auszuführen.»
«Es wurde dem Kastellan gesandt», sagte Lorret.
«Dem da?» Thomas sah zu dem Leichnam an der Mauer hinauf. «Er hat es mir nicht gegeben, und ich kann das Mädchen nicht ohne ein solches Dokument verbrennen.» Er zog eine sorgenvolle Miene und wandte sich zu Robbie um. «Kannst du mal nachsehen? Im Saal stand eine Truhe mit Pergamenten, vielleicht ist es da? Es muss etwas mit einem schweren Siegel sein.»
Robbie, der den Blick nicht von Genevièves Gesicht lösen konnte, sah einen Moment so aus, als wolle er sich widersetzen, doch dann nickte er abrupt und verschwand in der Burg. Thomas trat vom Scheiterhaufen zurück, Geneviève noch immer am Arm. «Während wir warten», sagte er zu Vater Medous, «könntet Ihr vielleicht kurz erläutern, weshalb sie verbrannt werden soll?»
Die höfliche Aufforderung schien den Pfarrer aus der Fassung zu bringen, doch er fing sich wieder. «Vieh ist gestorben», sagte er, «und sie hat die Ehefrau eines Mannes verflucht.»
Thomas sah ihn überrascht an. «In England stirbt auch Vieh, und ich habe auch schon einmal die Ehefrau eines Mannes verflucht. Bin ich deshalb ein Ketzer?»
«Sie kann die Zukunft vorhersagen!», protestierte Medous. «Sie hat nackt unter den Blitzen getanzt und Magie benutzt, um Wasser zu finden.»
«Ah», sagte Thomas mit ernster Miene. «Wasser?»
«Mit einem Zweig!», warf Galat Lorret ein. «Das ist Teufelswerk!»
Thomas zog eine nachdenkliche Miene. Er sah zu Geneviève, die leicht zitterte, und dann wieder zu Vater Medous. «Sagt mir, Vater, war es nicht so, dass Moses mit dem Stab seines Bruders gegen einen Felsen schlug, und dann sprudelte Wasser aus dem Stein?»
Es war lange her, dass Vater Medous die Bibel studiert hatte, doch die Geschichte kam ihm bekannt vor. «Ja, da war etwas in der Art», gab er zu.
«Vater!», sagte Galat Lorret warnend.
«Schweigt!», herrschte Thomas den Ratsherrn an. Er erhob die Stimme. «‹Cumque elevasset Moses manum›» , zitierte er aus dem Gedächtnis, «‹percutiens virga bis silicem egressae sunt aquae largissimae.›» Es hatte nicht viele Vorzüge, der Bastard eines Priesters zu sein oder einige Wochen in Oxford verbracht zu haben, doch immerhin hatte er dabei genügend Wissen aufgeschnappt, um die meisten Kirchenmänner ins Stottern zu bringen. «Da Ihr meine Worte nicht übersetzt habt, Vater», sagte er zu dem Pfarrer, «erzählt den Leuten, wie Moses gegen den Felsen geschlagen und damit Wasser zum Sprudeln gebracht hat. Und dann erklärt mir, wenn es Gott gefällt, Wasser mit Hilfe eines Stabes zu finden, warum sollte es dann unrecht von dieser Frau sein, dies mit einem Zweig zu tun?»
Das gefiel der Menge nicht. Unmut breitete sich aus, und nur der Anblick zweier Bogenschützen, die auf der Brustwehr oberhalb der beiden baumelnden Leichen auftauchten, brachte sie zum Schweigen. Der Priester beeilte sich, die Proteste zu übersetzen. «Sie hat eine Frau verflucht und die Zukunft vorhergesagt.»
«Was hat sie in der Zukunft gesehen?», fragte Thomas.
«Den Tod.» Diesmal antwortete Lorret. «Sie hat gesagt, die Stadt würde sich mit Toten füllen und wir würden unbegraben auf den Straßen liegen.»
Thomas wirkte beeindruckt. «Hat sie auch vorhergesagt, dass die Stadt unter ihren rechtmäßigen Herrn zurückkehren würde? Hat sie gesagt, dass der Earl of
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