Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
Engländer ritten wieder, aber niemand wusste, wohin.
Sie ritten gen Osten, nach Astarac. Zu dem Ort, an dem Thomas’ Vorfahren gelebt hatten und an dem möglicherweise einst der Gral verborgen gewesen war. «Glaubst du wirklich, dass wir ihn dort finden?», fragte Guillaume d’Evecque. «Glaubst du, der liegt einfach so da herum?»
«Ich weiß nicht, was wir dort finden», gab Thomas zu.
«Da ist doch eine Burg, oder?»
«Da war mal eine», sagte Thomas, «aber mein Vater sagte, sie sei damals zerstört worden. Wahrscheinlich stehen dort nur noch Ruinen.»
«Warum reiten wir dann hin?», fragte d’Evecque.
«Wegen des Grals», erwiderte Thomas knapp. In Wirklichkeit trieb ihn vor allem die Neugier. Selbst seine Männer, die nicht wussten, wonach er suchte, spürten, dass an diesem Beutezug etwas ungewöhnlich war. Thomas hatte ihnen lediglich gesagt, sie würden zu einem weiter entfernten Ort reiten, weil sie alles in der Nähe bereits geplündert hätten, doch die aufmerksameren unter den Männern hatten Thomas’ Nervosität bemerkt.
D’Evecque wusste um die Bedeutung von Astarac, ebenso wie Robbie, der jetzt die Vorhut von sechs Bogenschützen und drei Soldaten anführte, die eine Viertelmeile vorausritt, um den Trupp vor eventuellen Hinterhalten zu warnen. Ihr Führer war ein Mann aus Castillon d’Arbizon, der behauptete, den Weg zu kennen, und sie in höheres, offenes Gelände leitete, wo nur wenige, niedrige Bäume wuchsen. In regelmäßigen Abständen winkte Robbie als Zeichen, dass der Weg vor ihnen frei war. D’Evecque, der ohne Helm ritt, nickte der fernen Gestalt zu. Sein Gesicht war von Thomas’ Vetter entstellt worden; ihm fehlte das rechte Auge, und über seine linke Wange zog sich eine breite Narbe, die bis in seinen Bart hineinreichte. Er sah furchterregend aus, und er galt als erbarmungsloser Krieger, doch er war auch ein hochherziger Mann. «Eure Freundschaft ist also vorbei?», fragte er.
«Ich hoffe nicht», erwiderte Thomas.
«Du kannst hoffen, was du willst, aber sie steht zwischen euch.» D’Evecque sah zu Geneviève hinüber, die auf ihrer grauen Stute ein wenig abseits des Weges ritt. Sie trug ihr silbernes Kettenhemd, hellgraue Beinlinge und braune Stiefel. «Du hättest sie verbrennen sollen.»
«Denkt Ihr das immer noch?»
«Nein», gab d’Evecque zu. «Ich mag sie. Wenn Geneviève eine Begine ist, können sich jederzeit noch mehr zu uns gesellen. Aber weißt du, was du mit Robbie machen solltest?»
«Ihn zum Kampf herausfordern?»
«Bei allen Heiligen, natürlich nicht!» D’Evecque war schockiert, dass Thomas an so etwas auch nur dachte. «Schick ihn nach Hause. Wie hoch ist sein Lösegeld?»
«Dreitausend Florin.»
«Donnerwetter, das nenne ich billig! So viel musst du doch in den Truhen haben, also gib es ihm und setz ihn vor die Tür. Er kann sich freikaufen und dann in Schottland vermodern.»
«Ich mag ihn», sagte Thomas, und das stimmte. Robbie war sein Freund, und er hoffte, dass sie zu ihrer früheren Vertrautheit zurückfinden würden.
«Ja, du magst ihn, aber du schläfst nicht mit ihm», gab d’Evecque bissig zurück, «und wenn ein Mann vor die Wahl gestellt wird, Thomas, entscheidet er sich immer für die Frau, die ihm das Bett wärmt. Das macht sein Leben zwar nicht unbedingt länger, aber auf jeden Fall glücklicher.» Er lachte, dann ließ er den Blick über das tiefere Gelände schweifen, auf der Suche nach möglichen Feinden. Doch es war niemand zu sehen. Es schien, als nähme der Graf von Berat die Engländer, die ihm so überraschend einen Teil seines Besitzes weggenommen hatten, gar nicht zur Kenntnis, doch d’Evecque, der mehr Erfahrung besaß als Thomas, vermutete, dass der Graf in Ruhe seine Truppen aufstellte. «Berat wird angreifen, wenn er bereit ist», sagte der Normanne. «Hast du bemerkt, dass sich mittlerweile auch die coredors für uns interessieren?»
«Allerdings», erwiderte Thomas. Bei jedem Beutezug hatte er die zerlumpten Räuber gesehen, die seine Männer beobachteten. Sie kamen nie nahe heran, jedenfalls nicht bis in Reichweite der Bogen, aber sie waren da, und er rechnete damit, dass sie auch bald hier auf den Hügeln auftauchen würden.
«Seltsam, normalerweise greifen Räuber doch keine Soldaten an», sagte d’Evecque.
«Das haben sie ja bisher auch nicht getan.»
«Sie beobachten uns aber bestimmt nicht nur zu ihrem Vergnügen», erwiderte d’Evecque trocken.
«Ich vermute, auf unseren Kopf ist ein Preis
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