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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sie ihm schließlich durch das Tor.
    Thomas hielt das Kruzifix hoch. «Wenn diese Frau eine Kreatur des Teufels ist», sagte er, «dann kann sie es nicht ertragen, dieses Kreuz anzusehen oder gar zu berühren. Wenn ich es vor ihre Augen halte, wird sie erblinden! Und wenn ich ihre Haut damit berühre, wird sie bluten. Das wisst ihr! Eure Mütter haben es euch gesagt! Die Priester haben es euch gesagt!»
    Ein paar der Männer nickten, und alle starrten mit offenem Mund, als Thomas das Kruzifix direkt vor Genevièves Augen hielt und dann ihre Stirn damit berührte. Einige hielten den Atem an, und Verwirrung breitete sich aus, als ihr Blick klar und ihre helle, zarte Haut unversehrt blieben.
    «Der Teufel hilft ihr», knurrte ein Mann.
    «Was bist du nur für ein Narr!», sagte Thomas verächtlich. «Du glaubst also, der Teufel kann sie vor solchen Prüfungen bewahren? Warum war sie dann überhaupt hier? Warum hockte sie im Kerker? Warum hat sie nicht ihre großen Flügel ausgebreitet und ist davongeflogen?»
    «Gott hat es verhindert.»
    «Dann hätte Gott auch dafür gesorgt, dass ihre Haut blutet, als ich sie mit dem Kruzifix berührt habe, oder etwa nicht? Und wenn sie eine Kreatur des Teufels wäre, hätte sie Katzenpfoten. Das wisst ihr doch alle!» Zustimmendes Gemurmel erklang, denn alle wussten, dass der Teufel seine Lieblinge mit Katzenpfoten versah, damit sie lautlos durch die Dunkelheit schleichen und Böses tun konnten. «Zieh deine Schuhe aus», befahl Thomas Geneviève, und als ihre Füße nackt waren, zeigte er darauf «Nun, damit wird sie wohl nicht viele Mäuse fangen, oder was meint ihr?»
    Zwei oder drei Männer wollten sich damit nicht zufriedengeben, doch Thomas brachte sie mit Spott zum Schweigen. Dann kam Guillaume d’Evecque zurück, in Begleitung von Vater Medous. Der Pfarrer trug eine kleine Silberschatulle bei sich, die er stets für den Fall bereithielt, dass er zu einem Sterbenden gerufen wurde. «Das ziemt sich nicht», setzte Vater Medous an, verstummte jedoch, als er Thomas’ Blick sah.
    «Kommt her, Vater», sagte er, und Medous gehorchte. Thomas nahm ihm die Schatulle ab. «Eine Probe hat sie bereits bestanden», sagte er, «aber ihr alle wisst, und das ist sogar in Schottland bekannt» – er fixierte Robbie mit einem bohrenden Blick –, «dass nicht einmal der Teufel seine Kreaturen vor der Berührung mit dem Leib Christi schützen kann. Sie wird sterben! Sie wird sich in Todesqualen winden. Ihr Fleisch wird von den Knochen fallen, und Würmer werden kriechen, wo sie stand. Ihre Schreie werden bis in den Himmel gellen. Ihr alle wisst das!»
    Sie wussten es, und sie nickten und sahen zu, wie Thomas eine kleine Oblate aus der Schatulle nahm und sie Geneviève hinhielt. Sie zögerte und warf Thomas einen besorgten Blick zu, doch er lächelte, und so öffnete sie gehorsam den Mund und ließ ihn die Oblate auf ihre Zunge legen.
    «Töte sie, Gott!», rief Vater Medous. «Töte sie! O Jesus, Jesus, töte sie!»
    Seine Stimme hallte von den Burgmauern wider, dann breitete sich Stille aus. Alle Männer im Hof starrten stumm auf Geneviève, während sie die Oblate schluckte.
    Thomas ließ den Augenblick noch ein wenig wirken, und als Geneviève nach wie vor unbeschadet vor ihm stand, erhob er die Stimme und sprach zu seinen Männern. «Sie kam mit ihrem Vater hierher. Er war ein Gaukler, der für ein paar Pennys auf Jahrmärkten auftrat, und sie ging mit dem Hut herum. Solche Leute haben wir alle schon gesehen. Stelzenläufer, Feuerschlucker, Bärenabrichter, Jongleure. Geneviève sammelte die Münzen ein. Aber ihr Vater starb, und sie blieb allein hier zurück, eine Fremde unter Leuten, mit denen sie sich nicht verständigen konnte. Sie war wie wir! Niemand mochte sie, weil sie von weit her kam. Sie sprach noch nicht einmal ihre Sprache! Die Leute hassten sie, weil sie anders war, und deshalb haben sie sie als Ketzerin beschimpft. Sogar dieser Pfarrer hält sie für eine Ketzerin! Aber in der Nacht, als ich hierherkam, war ich bei ihm zu Gast, und er hat eine Frau in seinem Haus, die für ihn kocht und putzt und wäscht, aber er hat nur ein Bett.» Das brachte die Männer zum Lachen, wie Thomas es vorhergesehen hatte. Er hatte keine Ahnung, wie viele Betten in Vater Medous’ Haus standen, aber der Pfarrer verstand ja kein Englisch. «Sie ist keine Begine», fuhr Thomas fort. «Das habt ihr ja gerade selbst gesehen. Sie ist nur eine verlorene Seele, genau wie wir, und die Leute haben

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