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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Tinte hatte sich braun verfärbt und war stark ausgeblichen, aber er konnte gerade noch erkennen, dass es sich um einen Vertrag mit einem Steinmetz handelte. «Joscelyn», sagte er, ohne von dem Pergament aufzusehen, «wie willst du sie innerhalb einer Woche davonjagen?»
    Joscelyn starrte seinen Onkel an, als wäre er nicht bei Sinnen. «Natürlich indem ich nach Castillon d’Arbizon reite und sie töte.»
    «Ah, ich verstehe», sagte der Graf, als sei er dankbar für die Erklärung. «Aber als ich das letzte Mal in Castillon d’Arbizon war – was zugegebenermaßen etliche Jahre her ist –, bestand die Burg aus Stein. Wie willst du den mit Schwert und Lanze besiegen?»
    «Herr im Himmel! Sie werden kämpfen.»
    «Oh, das werden sie ganz gewiss. Die Engländer schlagen sich gern, genau wie du. Aber diese Engländer haben Bogenschützen, Joscelyn. Bist du bei deinen Turnieren schon mal einem englischen Bogenschützen begegnet?»
    Joscelyn ging nicht auf die Frage ein. «Es sind nur zwanzig Bogenschützen», sagte er achselzuckend.
    «Vierundzwanzig, nach Aussage der Wachmänner», korrigierte der Graf pedantisch. Die Überlebenden der Garnison von Castillon d’Arbizon waren von den Engländern freigelassen worden und nach Berat geflohen, woraufhin der Graf zwei von ihnen als warnendes Beispiel aufgeknüpft und die Übrigen verhört hatte. Die beiden hockten jetzt im Kerker und würden bald an die Küste gebracht und als Galeerensklaven verkauft werden. Der Graf lächelte bei dem Gedanken an diese zusätzliche Einnahme und wollte gerade den Vertrag mit dem Steinmetz in den Korb legen, als ihm zufällig ein Wort ins Auge fiel. Aus einem Instinkt heraus behielt er das Dokument in der Hand, dann wandte er sich wieder seinem Neffen zu. «Ich werde dir von dem englischen Kriegsbogen erzählen, Joscelyn», sagte er geduldig. «Es ist ein ganz einfaches Ding aus Eibenholz, im Grunde eine Bauernwaffe. Mein Jäger besitzt einen solchen Bogen, aber er ist der einzige Mann in ganz Berat, der mit dieser Waffe umgehen kann. Und weißt du, warum das so ist?» Er wartete, doch sein Neffe antwortete nicht. «Nun, ich werde es dir sagen. Es dauert Jahre, Joscelyn, viele Jahre, bis ein Schütze den Eibenbogen beherrscht. Etwa zehn Jahre, um genau zu sein, aber dann kann dieser Schütze mit seinem Pfeil auf zweihundert Schritt Entfernung eine Rüstung durchbohren.» Er lächelte. «Zack! Und ein Mann, Rüstung und Waffen im Wert von tausend Écu sind dahin, niedergestreckt von einem Bauernbogen. Und das ist kein Zufallstreffer, Joscelyn. Mein Jäger kann auf hundert Schritt einen Pfeil durch einen Armreif schießen. Ich habe selbst gesehen, wie er auf einhundertfünfzig Schritt einen Pfeil durch eine Eichentür gejagt hat, und die war so dick wie mein Unterarm!»
    «Ich habe eine Plattenrüstung», entgegnete Joscelyn störrisch.
    «In der Tat. Und auf fünfzig Schritt werden die Engländer dir durch die Schlitze im Visier ihre Pfeile ins Hirn bohren. Wobei du das möglicherweise sogar überleben würdest.»
    Joscelyn bemerkte die Beleidigung nicht. «Armbrüste», sagte er nur.
    «Ja, wir haben dreißig Armbrustschützen», erwiderte der Graf, «aber die sind nicht mehr die Jüngsten, einige sind sogar krank, und ich glaube kaum, dass sie gegen diesen jungen Mann bestehen könnten. Wie heißt er noch gleich?»
    «Thomas von Hookton», warf Vater Roubert ein.
    «Seltsamer Name. Aber er scheint zu wissen, was er tut. Dem Mann sollte man mit Vorsicht begegnen, scheint mir.»
    «Kanonen», schlug Joscelyn vor.
    «Ah, Kanonen!», rief der Graf aus, als sei er selbst nicht auf diesen Gedanken gekommen. «Selbstverständlich könnten wir Kanonen nach Castillon d’Arbizon schaffen, und gewiss würden sie das Burgtor zertrümmern und alles Erdenkliche in Schutt und Asche legen, aber woher sollen wir die Dinger bekommen? Wie ich gehört habe, gibt es eine in Toulouse, aber man braucht achtzehn Pferde, um sie zu transportieren. Wir könnten natürlich welche aus Italien kommen lassen, aber die Apparate sind sehr teuer und die Kanoniere erst recht, außerdem glaube ich kaum, dass sie vor dem nächsten Frühling hier sind. Bis dahin sind wir auf Gottes Schutz angewiesen.»
    «Aber wir können doch nicht nichts tun!», begehrte Joscelyn auf.
    «Vollkommen richtig, Joscelyn», sagte der Graf liebenswürdig. Regen prasselte gegen die Hornscheiben, die die Fenster bedeckten. Seine grauen Schwaden ergossen sich über die ganze Stadt. Er sprudelte

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