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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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durch die Rinnsteine, überflutete die Jauchegruben, tropfte durch die Strohdächer und strömte wie ein seichter Bach unter den tiefer gelegenen Stadttoren hindurch. Kein Wetter zum Kämpfen, dachte der Graf, doch wenn er seinem Neffen nicht ein wenig Spielraum gab, würde der junge Hitzkopf vermutlich auf eigene Faust losreiten und sich bei einem kopflosen Gefecht umbringen lassen. «Wir könnten sie natürlich auch bestechen», schlug er vor.
    «Bestechen?» Joscelyn starrte seinen Onkel entgeistert an.
    «Das ist nichts Ungewöhnliches, Joscelyn. Sie sind nichts weiter als Räuber, die hinter dem Geld her sind, also biete ich ihnen Münzen, damit sie die Burg verlassen. Das funktioniert oft genug.»
    Joscelyn spuckte aus. «Sie werden das Geld nehmen, bleiben, wo sie sind, und mehr verlangen.»
    «Sehr gut!» Der Graf von Berat lächelte seinem Neffen wohlwollend zu. «Genau zu diesem Schluss bin ich auch gekommen. Gut gemacht, Joscelyn! Ich werde sie also nicht bestechen. Aber ich habe bereits nach Toulouse geschrieben und darum ersucht, uns die Kanone zur Verfügung zu stellen. Es wird zweifellos ein Vermögen kosten, aber wenn es nötig ist, werden wir sie auf die Engländer loslassen. Ich hoffe allerdings, dass es nicht so weit kommt. Hast du mit Courtois gesprochen?», fragte er.
    Henri Courtois war der Kommandant der Garnison und ein erfahrener Soldat. Joscelyn hatte in der Tat mit ihm gesprochen und von ihm dieselbe Antwort erhalten, die sein Onkel ihm soeben gegeben hatte: Hütet Euch vor den englischen Bogenschützen. «Courtois ist ein altes Weib», sagte Joscelyn abfällig.
    «Mit dem Bart? Das bezweifle ich», erwiderte der Graf. Er blickte erneut auf den Vertrag mit dem Steinmetz und auf das lateinische Wort, das ihm aufgefallen war: calix . Eine Erinnerung aus seiner Kindheit regte sich, doch er bekam sie nicht zu fassen.
    «Dreißig Mann!», bettelte Joscelyn.
    Der Graf legte das Dokument auf den Tisch. «Wir werden tun, was Courtois vorschlägt: Wir versuchen, die Engländer zu stellen, wenn sie ihren Bau verlassen. Wir verhandeln mit Toulouse, um die Kanone zu bekommen. Wir haben bereits ein Kopfgeld auf jeden englischen Bogenschützen ausgesetzt, der lebend gefangen wird. Es ist so großzügig bemessen, dass mit Sicherheit jeder routier und coredor in der ganzen Gascogne sich auf die Jagd machen wird, und damit sind die Engländer überall von Feinden umgeben. Ihr Leben wird alles andere als angenehm sein.»
    «Warum lebend?», fragte Joscelyn. «Warum wollt Ihr die englischen Bogenschützen nicht tot?»
    Der Graf seufzte. «Mein lieber Joscelyn, weil mir dann die coredors jeden Tag ein Dutzend Leichen anschleppen und behaupten werden, es wären Engländer. Wir müssen mit den Bogenschützen sprechen, bevor wir sie töten, damit wir sicher sein können, dass sie echt sind.» Wieder starrte er auf das Wort calix und versuchte, die Erinnerung ins Bewusstsein zu holen. «Ich bezweifle, dass wir viele Bogenschützen fangen werden», fuhr er fort. «Sie ziehen nur im Rudel los und sind gefährlich. Also werden wir tun, was wir immer tun, wenn die coredors zu aufsässig werden: Wir warten geduldig und schnappen sie uns, sobald sie einen Fehler machen. Und den werden sie machen, auch wenn sie glauben, dass wir ihnen darin zuvorkommen. Sie warten nur darauf, dass du sie angreifst, Joscelyn, damit sie dich mit ihren Pfeilen durchbohren können. Aber wir müssen sie angreifen, wenn sie nicht mit einem Angriff rechnen. Also reite mit Courtois und seinen Männern und sorge dafür, dass die Signalfeuer vorbereitet sind. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, gebe ich dir freie Hand. Versprochen.»
    Die Signalfeuer wurden in jedem Dorf und jeder Stadt der Grafschaft vorbereitet. Sobald die Engländer gesichtet wurden, sollten die riesigen Holzhaufen entzündet werden, damit ihr Rauch die umliegenden Gemeinden warnte und den Wachleuten auf dem Burgturm von Berat verkündete, wo die Engländer gerade umherzogen. Eines Tages, davon war der Graf überzeugt, würden sie sich zu nah an Berat heranwagen oder einen Ort aufsuchen, wo seine Männer ihnen auflauern konnten, und bis dahin würde er geduldig warten. Irgendwann begingen die coredors immer diesen Fehler, und obgleich die Engländer unter der Fahne des Earl of Northampton ritten, waren sie nichts anderes als gewöhnliche Räuber. «Geh und übe dich in deinen Waffen, Joscelyn», sagte er zu seinem Neffen. «Du wirst sie bald genug zum Einsatz bringen. Und nimm

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