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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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in Berat blieb: damit er so schnell wie möglich die Hand auf den sagenhaften Reichtum legen konnte, der angeblich in den Kellergewölben der Burg lagerte. Und wenn es so weit war, bei Gott, dann würde er ihn ausgeben! Und ein riesiges Feuer würde er machen, mit all den alten Büchern und Pergamenten seines Onkels. Die Flammen würde man bis nach Toulouse sehen! Und was die Gräfin anging, die fünfte Frau seines Onkels, die mehr oder weniger im Südturm der Burg eingesperrt war, damit der Graf sicher sein konnte, dass niemand außer ihm selbst sie schwängerte, die dralle Schlampe würde er gründlich durchpflügen und dann in die Gosse zurückwerfen, aus der sie gekommen war.
    Manchmal träumte er davon, seinen Onkel umzubringen, aber er wusste, dass das unweigerlich Ärger heraufbeschwören würde, und so beschränkte er sich darauf zu warten, denn der alte Mann würde ja ohnehin bald sterben. Und während Joscelyn vom Erbe träumte, träumte der Graf vom Gral. Er hatte beschlossen, die Überreste der Festung zu durchsuchen, und da die Kiste in der Kapelle gefunden worden war, befahl er einem Dutzend Leibeigener, die alten Steinplatten hochzustemmen, um die Gewölbe darunter zu erforschen, in denen sich, wie er vermutet hatte, Gräber befanden. Die schweren Dreiersärge wurden aus ihren Nischen gezerrt und aufgebrochen. Unter der Außenhülle befanden sich Bleisärge, die mit einer Axt aufgehackt und auseinandergebogen werden mussten. Das Blei wurde auf einen Wagen geladen, um es nach Berat mitzunehmen, doch der Graf hoffte auf einen weit wertvolleren Fund, sobald die Innensärge, die meist aus Ulmenholz bestanden, geöffnet würden. Er fand Skelette, ausgedörrt und verblichen, die Fingerknochen noch zum Gebet verschränkt, und in manchen Särgen fand er auch Grabbeigaben. Einige der Frauen waren mit Halsketten oder Armreifen begraben worden, und der Graf zerrte die brüchigen Leichentücher beiseite, um zu ergattern, was er konnte, doch den Gral fand er nicht. Nur Schädel und Hautreste, zäh und dunkel wie altes Pergament. Eine der Toten hatte noch immer langes goldenes Haar, was den Grafen in Staunen versetzte. «Ob sie wohl hübsch war?», sagte er zu Vater Roubert. Er sprach durch die Nase und musste ständig niesen.
    «Sie wartet auf das Jüngste Gericht», erwiderte der Prior, der diese Grabräuberei missbilligte, säuerlich.
    «Sie muss noch jung gewesen sein», bemerkte der Graf und griff nach dem Haar der Toten, doch sobald er es berührte, zerfiel es zu Staub. In einem Kindersarg lag ein altes Schachbrett, mit Scharnieren versehen, sodass es in eine flache Kiste passte. Zum Erstaunen des Grafen waren die Felder, die auf seinen eigenen Schachbrettern schwarz gefärbt waren, hier durch kleine Vertiefungen gekennzeichnet, doch was ihn noch viel mehr interessierte, waren die alten Münzen, die anstelle der Schachfiguren in der Kiste lagen. Sie zeigten den Kopf Ferdinands, des ersten Königs von Kastilien, und waren aus purem Gold. «Dreihundert Jahre alt!», sagte der Graf zu Vater Roubert und ließ die Münzen in seine Börse gleiten. Dann befahl er, die nächste Gruft zu öffnen. Nachdem die Toten durchsucht waren, wurden sie wieder in ihre Holzsärge gelegt und in die Gruft hinabgelassen, damit sie dort weiter auf das Jüngste Gericht warten konnten. Vater Roubert sprach für jeden ein Gebet, und etwas in seinem Tonfall ärgerte den Grafen, denn er spürte, dass er kritisiert wurde.
    Am dritten Tag, als alle Särge geplündert waren, ohne dass der Gral zum Vorschein gekommen war, befahl der Graf seinen Leibeigenen, an der Rückwand der Gruft zu graben, unter der Apsis, wo einst der Altar gestanden hatte. Eine Weile sah es so aus, als gäbe es dort nichts als eine Schicht Erde und dann den nackten Felsen, auf dem die Festung erbaut war, doch gerade als der Graf den Mut verlor, zog einer der Leibeigenen eine silberne Schatulle aus der Erde. Der Graf fühlte sich schwach und fror, obwohl er sich gegen die Kälte dick eingepackt hatte. Er nieste, seine Nase war wund und lief, und seine Augen brannten, doch beim Anblick der dunkel angelaufenen Schatulle vergaß er seine Beschwerden. Er entriss sie dem Leibeigenen und eilte damit hinaus ans Tageslicht, wo er mit einem Messer das Schloss aufbrach. Im Innern lag eine Feder. Nichts weiter als eine Feder. Sie sah gelb aus, war jedoch vermutlich einmal weiß gewesen, und der Graf nahm an, dass sie von einer Gans stammte. «Warum vergräbt jemand eine Feder?»,

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