Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
entfernt und flohen, sobald sie Joscelyn und seine Männer erblickten. Wahrscheinlich coredors , dachte Joscelyn. Jeder wusste, dass die coredors den Engländern hinterherschlichen, in der Hoffnung, einen Bogenschützen lebend zu erwischen und dafür die Belohnung des Grafen zu kassieren. Allerdings fand Joscelyn, die einzige Belohnung, die ein coredor verdient hatte, war ein langsamer Tod am Strick.
Als Joscelyn auf der Kuppe ankam, waren die coredors verschwunden. Nun konnte er fast das ganze Tal überblicken, von Masseube im Norden bis zu der Straße, die sich im Süden auf die Pyrenäen zuschlängelte. Die Rauchfahne erhob sich direkt vor ihnen, doch das Dorf, das die Engländer ausraubten, war hinter Bäumen verborgen, und so befahl Joscelyn dem Prior vorauszureiten; zum Schutz gab er ihm seine beiden eigenen Soldaten mit.
Joscelyn und die übrigen Soldaten hatten fast den Fuß des Hügels erreicht, als Vater Roubert zurückkam. «Sie haben uns nicht gesehen», berichtete er aufgeregt. «Sie können nicht wissen, dass wir hier sind.»
«Seid Ihr sicher?»
Der Dominikaner nickte. Seine ruhige Würde war einer plötzlich entdeckten Begeisterung für das Kriegshandwerk gewichen. «Die Straße zum Dorf führt durch den Wald, Herr, und ist gut vor Blicken geschützt. Etwa hundert Schritt vom Ufer entfernt lichten sich die Bäume, und man kann den Fluss in einer flachen Furt überqueren. Wir haben ein paar Männer gesehen, die Kastanienzweige ins Dorf trugen.»
«Die Engländer haben sie nicht daran gehindert?»
«Nein, die sind dabei, einen Grabhügel im Dorf aufzuhacken. Es scheinen nicht mehr als ein Dutzend zu sein. Das Dorf liegt nochmals etwa hundert Schritt vom Fluss entfernt.» Vater Roubert war stolz auf seinen Bericht: ausführlich und genau, eine Erkundung, die auch Vegetius selbst nicht hätte besser ausführen können. «Ihr könnt also bis auf zweihundert Schritt auf das Dorf vorrücken», schloss er, «und Euch unbemerkt kampfbereit machen, bevor Ihr angreift.»
Es war in der Tat ein beeindruckender Bericht. Joscelyn warf seinen beiden Soldaten einen fragenden Blick zu, und die beiden nickten. Einer von ihnen, ein Pariser namens Villesisle, grinste. «Wir brauchen sie nur noch abzuschlachten.»
«Was ist mit Bogenschützen?», fragte Joscelyn.
«Wir haben nur zwei gesehen», erwiderte Villesisle.
Das Beste hatte Vater Roubert sich für den Schluss aufgehoben. «Und einer von den beiden war die Begine!»
«Die Ketzerin?»
«Gott wird mit Euch sein!», sagte der Prior voller Inbrunst.
Joscelyn lächelte. «Wie lautet also Euer Rat, Vater?»
«Greift an!», rief er erregt. «Greift an! Und Gott wird uns den Sieg schenken!»
Als Joscelyn den Waldrand erreichte, sah er, dass alles genau so zu sein schien, wie Vater Roubert es ihm geschildert hatte. Die Engländer jenseits des Flusses, die offenbar nichts von ihren Feinden ahnten, hatten keine Wachposten aufgestellt, sondern waren damit beschäftigt, den Grabhügel in der Mitte des Dorfes aufzubuddeln. Joscelyn zählte nur zehn Mann und die eine Frau. Er stieg kurz ab, damit sein Knappe die Schnallen seiner Rüstung festzurren konnte, dann hievte er sich wieder in den Sattel und setzte seinen großen Turnierhelm mit dem rot-gelben Federbusch und den kreuzförmigen Sehschlitzen auf. Er schob den linken Unterarm durch die Schlaufen seines Schildes und vergewisserte sich, dass sein Schwert locker in der Scheide saß, dann ließ er sich seine Lanze reichen. Sie war aus Eschenholz, sechzehn Fuß lang und mit einer Spirale in Rot und Gelb bemalt, den Farben des Herrn von Merville. Ähnliche Lanzen waren den besten Turnierrittern in ganz Europa zum Verhängnis geworden, und diese würde nun Gottes Werk tun. Seine Männer bewaffneten sich ebenfalls mit ihren Lanzen, einige davon in Weiß und Orange bemalt, den Farben von Berat. Ihre Lanzen waren nur dreizehn oder vierzehn Fuß lang, da keiner von Berats Männern stark genug war, um ein so großes Exemplar zu tragen, wie Joscelyn es im Turnier verwendete. Die Knappen zogen ihre Schwerter. Visiere wurden heruntergeklappt und begrenzten die Außenwelt auf ein paar helle Schlitze. Joscelyns Hengst, der wusste, dass es nun in die Schlacht ging, scharrte mit den Hufen. Alle standen bereit, die Engländer ahnten nichts von der Bedrohung, und Joscelyn war endlich von der Leine seines Onkels gelassen.
Und so, die Soldaten zu einem engen Kordon formiert und Vater Rouberts Gebet in den Ohren, griff er
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