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Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit

Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit

Titel: Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. W. Catanese
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durchtrennt sind, verschwinden deine Gefühle ebenfalls. Jetzt ist Balfour an der Reihe. Dann Oates. Nima. Thimble. Fay und Sable. Haps Freundeskreis schwand.
    Und jetzt ich, Happenstance , sagte Umbers Stimme schließlich. Vor allem mich schneide los. Werde zu dem Fädenzieher, der du sein sollst. Befreie dein Herz. Bemächtige dich deiner Fähigkeiten. Wenn du die Augen öffnest …
    Ein Donnerschlag ertönte und ein Adler schrie und es klang, als würde die Luft entzweigerissen. Umber beeilte sich zu sagen: »… wirst du ein …« Aber sein Schrei wurde von einem ohrenbetäubenden Dröhnen erstickt. Hap schlug die Augen auf und blickte in eine rotschwarze Feuersbrunst. Umber wurde umgerissen und auf Hap geworfen und sie purzelten auf die Terrasse und blieben auf dem steinernen Boden liegen. Hap erhob sich auf alle viere und richtete sich dann mit einem ohrenbetäubenden Klingeln im Kopf auf. Eine zweite Explosion erschütterte Aerie und traf die Festung an einer Stelle irgendwo weiter unten. Staub und Asche drangen in seine Nase und er musste husten. Rauch hing in der Luft, bis die Meeresbrise die Wolke hinwegwehte. Er spürte eine Hand an seinem Knöchel. Umber streckte den Arm nach ihm aus. Sein Kopf wackelte und sein Kinn schwebte nur wenige Zentimeter über dem Boden. Blut rann ihm aus den Haaren und tropfte von seiner Stirn. Er ließ Haps Knöchel los und zeigte auf etwas.
    Hap richtete seinen Blick darauf. Umbers Turm oben auf dem Dach von Aerie war aufgerissen und lag zur Hälfte in Trümmern. Brennende Papiere regneten herab; zerrissene Fragmente von Umbers Büchern. Sie waren überall, wie das Laub im Herbst.
    Â»Jonathan hat mich angelogen«, sagte Umber. »Er hat versucht, mich zu töten.«
    Hap empfand nur ein vages Interesse für Umbers Schrecken und Angst. Mehr fesselte ihn der leuchtende Lichtfaden, der aus Umbers Brust drang. Noch bevor er ihn berührte, hörte er sein Lied, dessen Bedeutung sich ihm auf wunderbare Weise sofort erschloss.
    Von der Treppe her erschienen noch mehr Fäden, die auf die Terrasse führten. Oates , wusste Hap, nachdem er nur einen Blick darauf geworfen hatte. Sophie , dachte er und trat vor, um seine Hand durch den anderen Faden gleiten zu lassen.
    Die Kanonen auf dem Schiff feuerten die nächste Ladung ab und Aerie erbebte unter dem Beschuss. Oates und Sophie eilten auf die Terrasse hinaus. Sophie schrie, als sie die Ruine des Turms erblickte; Oates lief weiter, um Umber vom Boden aufzuheben wie ein Kind. »Geh nach unten!«, brüllte er Hap zu.
    Â»Ich komme sofort nach«, sagte Hap, doch als Oates und Sophie losliefen, folgte er ihnen nicht. Er starrte auf seinen eigenen Lichtfaden hinab und kniff die Augen zusammen. Er erschien ihm plötzlich hohl, und wenn er ihn auf eine bestimmte Art anschaute, drehte er sich vor seinen Augen und gab eine neue Perspektive frei, eine unerwartete Dimension. Wer wusste, was er vielleicht zu sehen bekam, wenn er in ihn eintrat?
    Der Faden sagte ihm, dass nicht mehr viel Zeit blieb. Eine Sekunde oder zwei. »Beeil dich lieber«, sagte er; er sang diese Worte fast. Trotz der Gefahr fühlte Hap sich ganz ruhig und wie benommen. Wieder krachten die Kanonen, dann hörte man ein lauter werdendes Kreischen in der Luft; es war noch lauter als beim ersten Mal und kam direkt auf seine Ohren zu. Die Terrasse wurde in einen Feuerball gehüllt, der den Vielfruchtbaum hinwegfegte und seine Äste verbrannte. Hap war da und doch nicht da, denn er war ins Innere des Lichtfadens geschlüpft.
    Er war im Wedernoch.

30
    W eder hier noch da , dachte Hap.
    Das Wedernoch war eine bitterkalte Leere. Die Erde und der Himmel waren verschwunden, nur Lichtfäden waren noch da und glitzerten hauchzart in der endlosen, unbestirnten Dunkelheit. Für jedes einzelne Lebewesen auf der großen weiten Welt gab es einen Strang. Er sah den Fußabdruck der Zivilisation, Städte und Dörfer, in denen sich die Filamente bündelten, Meere und Einöden ohne irgendein menschliches Zeichen und Straßen, über die sich Leute bewegten.
    Die Zeit war stehengeblieben, als er das Wedernoch betreten hatte. Das wusste er, weil alle Fäden reglos verharrten. Nein, nicht alle Fäden , sagte er sich. Seiner war voller Leben und Energie. Er schoss in alle Richtungen, flog über den Erdball dorthin, worauf auch immer er seine Gedanken richtete, und trug ihn

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