Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit
der Ferne Kontinent, Lord Umber? Ich habe ihn auf Ihren Landkarten gesehen, aber ich weià nicht viel darüber.«
Umber blickte auf; er war tief in Gedanken gewesen. »Ãhm ⦠Ach so ⦠Das sind riesige Landmassen mehrere Hundert Meilen westlich von hier. Weit hinter Sarnica. Kurz nach ihrer Entdeckung wurden sie zu einer Zufluchtsstätte für Piraten, Gesetzlose und Bandenchefs. König Tyrian ist ihretwegen schon seit Ewigkeiten in Sorge, aber unsere Schiffe können ihren leicht ausweichen, so dass sie bislang keine groÃe Bedrohung darstellten.« Er senkte den Kopf und versank erneut in Grübeleien.
Als sie die Auffahrt nach Aerie zur Hälfte hochgegangen waren, kamen sie an den Punkt, an dem der Fluss Kura unter der StraÃe hindurchströmte und dann in die Bucht herabstürzte. Dort blieb Umber stehen und starrte in das tosende Wasser unter ihnen. Dunst stieg auf, und Hap spürte kühle Tropfen auf seiner Gesichtshaut. Umber atmete die feuchte Luft tief ein und blies sie langsam wieder aus. »Ich hoffe, die Blumen gefallen Fay«, sagte er.
»Sind Sie ⦠ähm ⦠Haben Sie sie gern?«, fragte Hap.
Umber lächelte Hap schief an. Er musste etwas lauter sprechen, damit man ihn über das Wasserrauschen hinweg verstand. »Und wenn schon, eine Liebesbeziehung wäre für mich aus vielerlei Gründen problematisch, Hap. Einer ist dieser Computer oben in meinem Zimmer. Niemand darf über die wahre Quelle meiner Erfindungen Bescheid wissen, also darf ich auch niemanden zu nah an mich heranlassen. Ein weiterer Grund sind die Phasen, in denen es mir nicht gut geht ⦠Ich kann wohl kaum erwarten, dass sich jemand damit abfindet.« Er bückte sich, hob einen Stein auf und warf ihn in die Bucht. »Hör sich das einer an; dass ich das einem kleinen Jungen erzähle ⦠Aber du hast es erfasst: Ich mag sie. Und ich muss sie auf jeden Fall aus Lodens Klauen befreien. Die arme Frau ist gerade erst einem widerlichen Prinzen entkommen; wir dürfen nicht zulassen, dass sie gleich in die Fänge des nächsten gerät, oder?« Umber ging weiter die Auffahrt hoch, jetzt in einem zügigeren Tempo.
In Hap flammte eine unbändige Wut auf, als er an Prinz Loden dachte. »Glauben Sie wirklich, dass Loden seine Brüder ermordet hat, Lord Umber?«
»Das werden wir nie mit Sicherheit sagen können, es sei denn, es meldet sich ein Zeuge«, antwortete Umber. »Aber ich glaube schon, dass er es getan hat. Und zwar, um sich den Zugriff auf den Thron zu sichern.«
»Was werden Sie denn jetzt machen?«, fragte Hap.
»Ich kann gar nicht viel machen. Wir können nur hoffen, dass König Tyrian wieder gesund wird und er noch ein paar Jahre regieren kann.«
»Aber er ist doch krank, oder?«
»Ja, sehr krank. Und es ist nur allzu wahrscheinlich, dass wir uns bald vor König Loden verneigen müssen. Das wird ein schwarzer Tag für uns alle.« Umber seufzte schwer und wurde wieder langsamer.
Aerie tauchte vor ihnen auf. Hap erblickte Welkin und Barkin, die auf Stühlen vor dem Pförtnerhaus saÃen und Karten spielten. Barkin winkte.
»Was meinen Sie denn, was Loden tun würde, wenn er König würde?«, fragte Hap.
Umber antwortete nicht; er war ein Stück zurückgefallen. Als Hap sich umdrehte, schaute er in ein aschfahles Gesicht mit halb geschlossenen Augen. »Lord Umber?«
»Hm?«, machte Umber. Seine Stimme wurde immer leiser, bis er fast nur noch murmelte. »Ach, Loden. Er wird etwas gegen mich unternehmen, da bin ich sicher ⦠aber lass uns ein andermal darüber reden.«
Hap wurde bang ums Herz. Er kannte diesen Gesichtsausdruck und auch diesen Ton bereits. Nicht schon wieder , dachte er. Nicht so bald nach dem letzten Mal . »Lord Umber, ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
Umber legte die Hände vors Gesicht und rieb sich mit den Fingern über den Nasenrücken. »Nein ⦠das kann ich nicht gerade behaupten.«
Welkin und Balkin spürten, dass etwas nicht stimmte. Sie sprangen von ihren Stühlen auf und kamen ihnen eilig entgegen. Hap zog Umber am Arm. »Kommen Sie, lassen Sie uns nach Hause gehen. Schnell!«
9
H ap legte den Hebel um, und der mit Wasserkraft angetriebene Lift setzte sich in Bewegung. Umber schlurfte wie ein Schlafwandler hinter ihm her, mit Welkin an der einen und Barkin an der anderen Seite.
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