Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit
Jungen an. Er zeigte auf die Kutsche, schien es sich dann aber anders zu überlegen und wedelte mit der Hand in Richtung Aerie. »Geht da hoch, in Ordnung? Ich kümmere mich später um euch.«
Die Jungen rannten den Weg hinauf, bis sie Oates eingeholt hatten. Dann gingen sie Oates gewaltig auf die Nerven, indem sie direkt hinter ihm herliefen und ihn die ganze Zeit anstarrten.
Dodd lachte in sich hinein und schüttelte den Kopf. »Ich bin wirklich erleichtert, dass ich keine Kinder habe.«
Umber strubbelte Hap durch die Haare. »Sie sind nicht alle so schlimm. So, Dodd, jetzt fahr mit der Kutsche zur Medizinischen Universität und bring die Schwestern nach Aerie, so schnell es geht.«
Balfour kam aus dem Zimmer und schloss vorsichtig die Tür hinter sich. In der Hand hielt er einen Eimer mit Wasser, in dem blutige Tücher schwammen. »Ich habe ihn gewaschen, so gut ich konnte«, sagte er mit grimmiger Miene. »Er hat sich nicht ein einziges Mal gerührt.«
»Die Schwestern sind da«, verkündete Lady Truden. Sie stand mit erhobenem Kinn oben auf der Treppe am Ende des Flurs und trat zur Seite, um den Weg frei zu machen. Die Ãrztinnen kamen herein; die Frauen, die Umber die Schwestern genannt hatte.
Die Schwestern waren klein und hatten runde Gesichter mit Stupsnasen und hellblauen Augen. Sie trugen die gleichen bauschigen, beigefarbenen Kleider mit breiten roten Schärpen um die Taillen. Ihre blonden Haare hatten sie unter einfachen weiÃen Hauben festgesteckt. Jede hatte einen groÃen Weidenkorb am Arm hängen. Sie lächelten die mehr als einen Kopf gröÃere Lady Truden freundlich an, doch diese blickte ungerührt auf die beiden herab.
»Lord Umber«, sagte eine, und dann machten beide einen Knicks.
»Meine Freundinnen«, grüÃte Umber zurück. »Happenstance, das sind die beiden besten Heilerinnen aus meiner Universität: Laurel und Lily.«
»Ich bin Laurel«, sagte die Dickere der beiden mit einem Lächeln zu Hap. »Und das ist Lily.« Die andere Schwester hob eine Hand und winkte. Sie hatten ein offenes und ehrliches Lächeln und gerötete Wangen.
»Hallo«, sagte Hap.
»Sie sehen abgemagert, aber sonst gut aus, Lord Umber«, sagte Laurel mit einem kritischen Blick in Umbers Gesicht.
»Mir geht es auch gut«, versicherte dieser. »Aber ich habe einen anderen Patienten für euch. Ihr müsst alles für ihn tun, was ihr könnt.«
Laurel nickte. »Selbstverständlich. Wo ist er?«
Umber drückte die Klinke hinunter und die Tür schwang auf. »Gleich hier.«
Mit einem Lächeln eilten die Schwestern hinein. Und Umber tat genau das, was Hap befürchtet hatte: Mit einer Handbewegung bedeutete er Hap, ihm ins Zimmer zu folgen.
Die Schwestern stellten ihre Körbe auf den Boden und traten vor eine Schüssel, die Balfour bereitgestellt hatte. Aus einem Kessel schütteten sie warmes Wasser in die Schüssel, seiften ihre Hände ein, schrubbten sie kräftig, wuschen sich die Seife ab und trockneten sie mit sauberen Handtüchern. Erst dann näherten sie sich dem Bett, in dem Willy Nilly unter einem weiÃen Laken lag.
Auf seinen Augen war ein frischer Verband, durch den jedoch bereits wieder eine orangebraune Flüssigkeit sickerte. Laurel nahm das Tuch ab. Hap schaute schnell weg, erhaschte aber dennoch einen kurzen Blick auf die blutigen leeren Augenhöhlen, in denen eigentlich hellgrüne Augen liegen sollten.
»Welche Grausamkeit«, bemerkte Laurel. Lily an ihrer Seite schloss die Augen. Eine Träne rann ihre Wange hinab.
Hap fragte sich, ob sie wohl genauso viel Mitgefühl zeigen würden, wenn sie wüssten, was Willy Nilly getan hatte. Der Junge ist seinetwegen ertrunken , dachte er. Und wahrscheinlich hat er einen anderen Fädenzieher ermordet, um mich wieder auferstehen zu lassen . Hap hatte viele seiner einsamen Nächte damit verbracht, sich in die Wut auf diesen seltsamen Mann hineinzusteigern.
»Ist er ein Freund?«, fragte Laurel, während ihre Schwester vorsichtig den Handrücken an Willys Stirn hielt.
»Ein Bekannter«, gab Umber zurück.
Bekannter , dachte Hap bitter. Er hatte diese Bekanntschaft zwei Mal machen müssen. Das erste Mal tief in der unterirdischen Stadt, in der Hap zurückgelassen worden war, damit Umber ihn fand. Und das zweite Mal auf einer kleinen Insel, als Hap schiffbrüchig gewesen
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