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Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit

Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit

Titel: Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. W. Catanese
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Umber hielt ihn stützend an der Schulter fest.
    Dem Mann hatte jemand mit einem schmalen Stück Stoff die Augen verbunden. Die Augenbinde war blutverschmiert, und unter der Binde war Blut herausgeflossen und an seinen Ohren und seiner Nase geronnen. Seine langen Haare hatten eine seltsame Farbe – sie waren so weiß, dass sie schon beinahe durchscheinend wirkten. Aber bei genauerem Hinsehen konnte man schillernde Farbreflexe darin entdecken. Hap hatte solche Haare nur zwei Mal gesehen: In seinen eigenen, rasch wachsenden Haarbüscheln und auf dem Kopf desjenigen, der ihn erschaffen hatte.
    Â»Er ist es. Es ist Willy Nilly!«, sagte Hap, fast ohne die Lippen zu bewegen.
    Â»Bist du sicher?«, fragte Umber.
    Hap studierte noch einmal die auffällige, aber schlanke Nase und das Grübchen in dem fliehenden Kinn. »Ich bin mir sicher. Sogar seine Kleidung ist dieselbe.« Er musste sich auf die Seitenwand des Karrens stützen.
    Umber wandte sich zu den beiden Jungen um, gerade als der kleinere nach dem Ohrläppchen des größeren schnappte und daran zu reißen begann. »Hört sofort auf, euch zu balgen, ihr Racker, sonst wirft euch dieser große, wütende Kerl hier ins Meer!«, fuhr Umber sie an. Die beiden verschreckten Gesichter wandten sich Oates zu, der seine Fingerknöchel knacken ließ und bedrohlich grinste. Die Jungen stellten sich gerade hin und erstarrten.
    Â»Warum hat dieser Mann eine blutige Binde über den Augen?«, wollte Umber wissen.
    Â»Er hat keine Augen«, sagte der Jüngere.
    Â»Jemand hat sie ihm weggenommen«, rief der Ältere.
    Hap drehte sich der Magen um und ihm stockte der Atem. Umber streckte mit angewiderter Miene die Hand nach dem Stoffstreifen aus. Hap wandte sich ab, ehe Umber den Stoff von einem Auge heben konnte, hörte Umber aber laut nach Luft schnappen und ein Argh! ausstoßen.
    Umber wischte sich beide Seiten seiner Hand an den Hosenbeinen ab. »Wo habt ihr ihn gefunden?«, fragte er die Jungen.
    Â»In der Nähe vom großen Wald«, sagte der Ältere. »Das ist, wo unser Bauernhof ist. Wir hörten ihn schreien, und er ist blind herumgelaufen, wissen Sie, so.« Der Junge schloss die Augen, trat auf der Stelle und fuchtelte mit den Händen vor sich in der Luft herum.
    Umber runzelte die Stirn. »Der große Wald – ihr müsst ja zwei Tage gebraucht haben, bis ihr hier wart.« Die Brüder nickten. »Und ihr habt eurem Vater nicht gesagt, dass ihr gehen wolltet? Tja, da wird er auf jeden Fall wütend sein. Und der Mann auf dem Karren – der hat euch gesagt, ihr sollt ihn zu mir bringen?«
    Â»Ja, genau«, platzte der kleinere Bruder heraus. »Er hat gesagt, Sie geben uns einen Sack voll Gold, wenn wir das machen, weil Sie ein reicher Mann sind, das hat er gesagt!«
    Hap starrte in Willy Nillys von Heu umkränztes Gesicht. »Lord Umber … ist er …?«
    Umber biss sich auf die Unterlippe. Er griff in den Karren und legte zwei Finger an Willys Hals, knapp unterhalb des Ohrs. Die Augen in eine unbestimmte Ferne gerichtet, wartete er konzentriert ab.
    Â»Er ist schwach, aber …« Umber wollte noch mehr sagen, doch genau in diesem Moment bewegte Willy sich und drehte den Kopf. Sein Unterkiefer entspannte sich und man hörte ihn flach und rasselnd atmen. Umber wandte sich wieder an die Jungen. »Und warum ist er in Heu gepackt?«
    Der jüngere zeigte mit dem Finger auf seinen älteren Bruder. »Das war seine Idee.«
    Der Ältere zog den Kopf ein. Ȁh. Ich wollte nicht, dass einer fragt, warum wir einen kranken Mann ohne Augen dabeihaben.«
    Umber massierte sich seinen Nacken und nickte. »Diese Logik hat was für sich.« Die Jungen, die Umber offenkundig nicht folgen konnten, lächelten vorsichtig. »Oates«, fuhr Umber fort, »würdest du das Tier erst einmal beiseiteschieben und dürfte ich dich dann bitten, den Karren bis zum Pförtnerhaus hochzuziehen? Wir sollten Willy nach Aerie hinaufbringen und mit Medikamenten vollpumpen.«
    Die Jungen staunten mit offenen Mündern, als Oates dem Esel das Zaumzeug abnahm und ihn dann ohne weiteres aufhob, wie andere Leute eine Katze auf den Arm nehmen würden. Er legte den Esel an den Wegesrand, trat zwischen die Deichseln, nahm jede in eine Hand und zog den Karren ohne erkennbare Anstrengung die Auffahrt hoch.
    Â»Ihr zwei!«, sprach Umber die

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