Die Bücher von Umber: Drachenspiele
schlafen konnte, driftete ebenfalls in den Schlaf, nachdem er seine abheilende Wunde gereinigt und eine neue Bandage um seinen Kopf gewickelt hatte.
Hap blieb, wie immer, wach und langweilte sich fürchterlich. Er wünschte sich, er wäre schon wieder zurück auf Aerie. Dort konnte er nachts frei herumwandern und all die interessanten Bücher und Gegenstände dieses merkwürdigen Ortes durchstöbern, während der Rest des Hauses schlief. Hier durfte er das Zimmer nicht verlassen. Umber hatte ihn angewiesen, sich nicht vom Fleck zu rühren, und das musste er Hap nicht zweimal sagen. Nicht für eine Million Edelsteine wäre er vor die Tür getreten und damit das Risiko eingegangen, dem grausamen Prinzen zu begegnen.
Er vertrieb sich die Zeit damit, über all die Leute nachzudenken, die er kannte. Er hoffte, dass Prinz Galbus weiter nüchtern war und entschlossen, den Thron zu besteigen. Sophie saà sicherlich fleiÃig an ihren Zeichnungen und trainierte mit ihrem Bogen. Thimble würde in den dunklen Ecken von Aerie herumstreunen und nach Mäusen oder Ratten Ausschau halten, die er schlachten konnte. Balfour war sicherlich inzwischen zu Hause angekommen und suchte nach einem Weg, Caspar von den Bittmichs zu erlösen. Smudge würde sich mit all seiner manischen Energie auf dasselbe Problem stürzen, da es schlieÃlich sein Bruder war, der Hilfe brauchte.
Bei dem Wort Bruder fiel ihm Eldon Penny wieder ein. Was Eldon wohl gerade machte? Umber hatte versprochen, ihm eine gute Anstellung zu verschaffen, damit er seinen Lebensunterhalt verdienen konnte. Hap fragte sich, ob er seinen Bruder jemals wiedersehen würde. Vielleicht würde er ihm eines Tages die absurde Wahrheit erzählen. Aber vielleicht war es auch besser, wenn er sie nie erfuhr. Denn warum sollte Eldon sich freuen, seinen verlorenen Bruder wiederzufinden, wenn er nicht mehr der Junge war, den er gekannt hatte?
Der Gedanke versetzte ihm einen Stich, was seinen zahlreichen Schmerzen noch einen weiteren hinzufügte. Hap betastete seinen Oberkörper, der seit dem Rennen zahlreiche Prellungen aufwies. Er stand auf und streckte sich, dann trat er an das einzige Fenster des Raums, das auf einen Hof der Festung hinausging. Die meisten anderen Fenster rund um den Hof waren dunkel. Aus einigen drang schwaches Licht wie aus ihrem, da auf dem Tisch an der Tür noch eine einzelne schmale Kerze brannte.
Ein Schauer lief ihm die Arme hinab, wie Wind über ein Weizenfeld. Er verschränkte die Arme, um sich vor der plötzlichen Kälte zu schützen. Sekunden später jagte eine Hitzewelle durch seinen Körper. Seine Augen fühlten sich kochend heià an. »Was ist denn jetzt los?«, flüsterte er, obwohl er wusste, was das bedeutete. Er erspähte einen Lichtfaden in der Luft, der aus seiner Brust austrat.
Aber irgendetwas war seltsam an diesem Faden. Zum einen war er kurz â nur etwa fünfzig Zentimeter lang â, und er führte zum FuÃboden hinab. Auch die Farbe war seltsam â hässlich, grau und violett, wie ein blauer Fleck. Hap steckte seine Hand hindurch in dem Wissen, dass er dann einen Ton hören würde, den nur er wahrnahm. Und es funktionierte, aber der Ton war leise und unangenehm.
Neben seinem Fuà krabbelte ein Käfer über den FuÃboden. Als Hap ihn beobachtete, umgab diesen Käfer plötzlich ein merkwürdiger Lichtschein, und er verspürte plötzlich den Drang, ihn zu berühren und ihn in die Hand zu nehmen. Er bückte sich, um ihn aufzuheben, und sah, dass die Farbe des Fadens sich veränderte, während er sich bewegte. Im selben Moment hörte er ein pfeifendes Geräusch über seinem Kopf und dann einen dumpfen Schlag und ein Sirren.
In der Tür steckte ein Pfeil, dessen mit Federn geschmücktes Ende noch vibrierte.
Hap presste sich mit dem Rücken an die Wand neben dem Fenster. Eigentlich wäre ich jetzt tot, dachte er. Er riskierte einen raschen Blick in den Hof. Er war leer. Hap glitt an der Wand herab, bis er auf dem Boden saà und lieà den Kopf in die Hände sinken. War Magador der Bogenschütze oder einer seiner Untergebenen? Sobald sein Herz aufgehört hatte zu rasen, sollte er besser Umber und Oates wecken, um sie zu informieren.
Ihm kam der Gedanke, dass dem grünäugigen Mann, den er insgeheim nun immer Willy Nilly nannte, sicher gefiel, was gerade passiert war. Wagnis oder Tod,
Weitere Kostenlose Bücher