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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anjali Banerjee
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erwidere ich.
    Ich beobachte Robert. Sein Blick verharrt oberhalb ihres Dekolletés. Er gibt sich Mühe. » Ich hätte gern etwas Warmes. Kaffee.«
    Sie nickt und geht los. Robert blickt ihr nicht nach, sondern betrachtet mich.
    Ich verschanze mich hinter verschränkten Armen. » Du hast fünf Minuten. Fang an.« Ich nehme das Stimmengewirr, das Gläserklappern und den Geruch nach Zwiebeln und Wein nur am Rande wahr.
    » In fünf Minuten kann ich meinen Kaffee nicht austrinken.« Wie immer starrt Robert auf meine Stirn. Diese Unfähigkeit, mir in die Augen zu schauen, hätte mir damals eine Warnung sein sollen.
    Die Kellnerin erscheint mit meinem Wasser und Roberts Kaffee. » Speisekarten?«, erkundigt sie sich.
    Ich schüttle den Kopf.
    Sie nickt und entfernt sich.
    Robert trinkt seinen Kaffee wie gewöhnlich schwarz. Er stürzt ihn immer noch hinunter, anstatt kleine Schlucke zu nehmen. Und er hat auch noch immer die Angewohnheit, sich zu räuspern.
    » Du hast die eine Stelle da wieder übersehen«, sage ich und deute auf seinen Kiefer unterhalb des linken Ohrs. Selbst bei diesen Lichtverhältnissen sehe ich seine Mängel. Beim Rasieren war er nie sehr sorgfältig. Ganz im Gegensatz zum Hüten von Geheimnissen.
    » Du siehst gut aus«, verkündet er, unbeirrt von meiner Anmerkung. » Etwas an dir ist anders. Hast du abgenommen? Oder ist es die Frisur?«
    Verlegen berühre ich meine wilden Locken. Robert hat mir stets mein Äußeres bewusst gemacht. » Was ist mit der Wohnung?«, erwidere ich. » Lass uns beim Thema bleiben.«
    » Darf ich dir nicht wenigstens sagen, dass du schön bist?«
    » Nicht mehr.« Mit jedem Wort höhlt er die Leere in mir weiter aus. Ich stelle mir vor, wie er vor mir auf die Knie fällt und mich um Verzeihung bittet. Ich habe dich immer geliebt. Wie konnte ich nur diese Vormittage in der Sonne wegwerfen. Die Liebe auf dem Wohnzimmerteppich? Die Champignonomelettes? Ich liebe nicht Lauren, sondern dich. Ich will nur mit dir für immer glücklich zusammenleben …
    Dann wird mein Herz einen Satz machen und in tausend Stücke zerspringen. Ich habe dich geliebt, werde ich sagen. Ich leide. Ich wollte diese Dinge auch einmal, aber nun gibt es kein Zurück mehr. Wie konntest du mir das antun? Ich stehe am Rande eines Abgrunds.
    » Könntest du dir das bitte anschauen?« Wie ein Zauberkünstler zieht er zusammengefaltete Papiere aus der Innentasche seiner Jacke und schiebt sie über den Tisch. Die Seiten sind zusammengeheftet.
    » Was ist das?«
    Sein Blick wird weicher. » Sieh es dir an. Bitte.«
    Ich entfalte die Papiere. Auf der ersten Seite steht der folgende Text:
    Die Überlasserin Jasmine Mistry überträgt für einen Dollar aus Liebe und Freundschaft dem Empfänger Robert Mahaffey Jr. sämtliche Rechte an der im Folgenden bezeichneten Immobilie im Kreis …
    Plötzlich scheint dem Raum die Farbe zu entweichen. Der Barmann, die Paare an den Tischen, die Hängepflanzen, alles wird schwarz und grau.
    » Du möchtest, dass ich meine Rechte an der Wohnung aufgebe«, sage ich. » Aber wir haben uns doch darauf geeinigt, sie gemeinsam zu verkaufen.« Es sollte unsere letzte Aktion als Paar sein. Die allerletzte.
    Er verschränkt die Hände vor sich auf dem Tisch. Schöne Hände. Lange Finger. Hände, die ich einmal voll Vertrauen gehalten habe. Kein Ehering mehr.
    Ich wende den Blick ab. Ich. Fühle. Nichts.
    » Ich wollte ja verkaufen«, antwortet er. » Es liegt nicht an mir, sondern an Lauren.«
    Ich schiebe meinen Stuhl zurück, um mehr Abstand zwischen Robert und mich zu bringen. Trotz seines gewohnt dezenten Herrenparfüms, dieses vertrauten mineralischen Dufts, riecht er plötzlich unangenehm.
    » Sie möchte dort wohnen.« Inmitten all der Erinnerungen. » Sie liebt diese hohen Fenster.«
    » Sie will mein Zuhause übernehmen.«
    » Nicht nur deines«, wendet er ein. » Unseres. Und wir– also Lauren und ich– möchten wissen, ob du es uns vielleicht aus Großherzigkeit überlassen könntest.« Er lehnt sich zurück und verstaut die Hände in den Jackentaschen.
    » Aus Großherzig…? Wie bitte?« Ich fange an zu lachen. Anfangs noch leise, dann immer lauter. Als am Nebentisch eine Frau zu mir hinüberschaut, läuft Robert rot an. Ich werfe die Papiere nach ihm. » Guter Versuch, Robert. Ich werde dieser Frau ganz bestimmt nicht mein Zuhause überlassen. Wie konntest du mich so etwas fragen? Wie kannst du von mir verlangen, dass ich alles hergebe, was ich in diese Wohnung investiert

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