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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gleich hinaufgehen. Ich fürchte…«
    »Was denn?«
    »Dass die Türen in Ihrem Hause heute nicht mit roter Farbe gestrichen wurden.«
    ; Mrs Honeycott starrte ihn entgeistert an.
    »Mit roter Farbe? Bestimmt nicht!«
    »Eben«, sagte Tommy ernst. »Bitte, kommen Sie gleich mit mir ins Zimmer Ihrer Schwester.«
    Endlich zum Schweigen gebracht, führte Mrs Honeycott die beiden hinauf. In der Halle sahen sie Ellen rasch in einem der Zimmer verschwinden.
    Mrs Honeycott öffnete die erste Tür oben an der Treppe. Tommy und Tuppence folgten ihr dicht auf den Fersen.
    Plötzlich schnappte sie hörbar nach Luft und schreckte zurück.
    Auf dem Sofa lag regungslos hingestreckt eine in Schwarz und Hermelin gekleidete Figur. Das Gesicht war makellos; ein wundervolles, seelenloses Gesicht, nicht unähnlich dem eines schlafenden Kindes. Die Wunde befand sich seitlich am Kopf; ein heftiger Schlag mit einem stumpfen Instrument hatte die Schädeldecke zertrümmert. Blut tropfte langsam auf den Boden, aber die Wunde selbst hatte schon zu bluten aufgehört. Tommy untersuchte die Tote; sein Gesicht war sehr blass.
    »So hat er sie schließlich doch nicht erwürgt«, sagte er endlich.
    »Was meinen Sie? Wer?«, schrie Mrs Honeycott. »Ist sie tot?«
    »Ja, Mrs Honeycott, sie ist tot. Ermordet. Die Frage ist nur – wer war der Mörder? Aber eigentlich ist das kaum eine Frage. Komisch. Trotz seines Schreiens und Prahlens hätte ich das dem Burschen nicht zugetraut.«
    Er schwieg einen Augenblick und wandte sich dann entschlossen an Tuppence.
    »Bitte, geh und hol einen Polizisten oder ruf von irgendwo die Polizei an.«
    Tuppence nickte. Auch sie war so weiß wie die Wand. Tommy führte Mrs Honeycott wieder in ihr Zimmer hinunter.
    »Ich möchte jeden Irrtum vermeiden«, sagte er. »Wissen Sie genau, wie spät es war, als Ihre Schwester nachhause kam?«
    »Ja, genau. Weil ich gerade dabei war, die Wanduhr fünf Minuten vorzustellen, wie ich es jeden Abend zu tun pflege. Sie geht jeden Tag fünf Minuten nach. Es war genau acht Minuten nach sechs auf meiner Taschenuhr gewesen, und die geht auf die Sekunde richtig.«
    Tommy nickte. Das stimmte vollkommen mit der Geschichte des Polizisten überein. Der hatte behauptet, die Frau mit dem weißen Pelz habe das Haus vor etwa drei Minuten betreten, als Tommy ihm Miss Glen beschrieben hatte. Tommy hatte auf die Uhr gesehen und festgestellt, dass er eine Minute später als verabredet vor dem »Weißen Haus« angekommen war.
    Theoretisch blieb also nur die Möglichkeit, dass jemand oben im Zimmer auf Gilda Glen gewartet hatte. Wenn dem so war, musste er immer noch irgendwo im Haus versteckt sein. Außer James Reilly hatte es niemand verlassen.
    Tommy rannte hinauf und unterzog die Räume einer schnellen, aber gründlichen Untersuchung. Doch hier hielt sich niemand versteckt.
    Dann sprach er mit Ellen. Er sagte ihr, was geschehen war, und wartete geduldig, bis sich ihr Wehgeschrei erschöpft und sie aufgehört hatte, alle Heiligen anzurufen; dann stellte er ein paar Fragen. Er wollte wissen, ob jemand heute Nachmittag nach Miss Glen gefragt habe. Nein, kein Mensch. Ob sie selbst heute Abend oben gewesen sei? Ja, sie sei wie gewöhnlich um sechs Uhr hinaufgegangen, um die Vorhänge zuzuziehen. Vielleicht war es auch kurz nach sechs gewesen. Jedenfalls war es, ehe dieser wilde Bursche die Tür fast in Stücke geschlagen hatte. Sie war die Treppe hinuntergelaufen, um zu öffnen. Zu denken, dass er ein Mörder gewesen sei!
    Tommy ließ es dabei bewenden. Aber er hatte Mitleid mit Reilly, etwas sträubte sich in ihm, das Schlimmste von diesem Mann zu denken. Und doch gab es offenbar niemand anderen, der Gilda Glen hätte ermorden können. Mrs Honeycott und Ellen waren die einzigen Personen im Haus gewesen.
    Er hörte Stimmen in der Halle und fand dort Tuppence und den Polizisten vor, den sie vorhin für ein Gespenst gehalten hatten. Der Polizist hatte ein Notizbuch herausgezogen und einen stumpfen Bleistift, den er verstohlen mit Speichel befeuchtete. Er ging hinauf und betrachtete mit sturer Gelassenheit das Opfer.
    »Ich darf hier nichts anrühren«, bemerkte er bloß, »sonst gibt es Ärger mit dem Inspektor.«
    Er hörte sich geduldig Mrs Honeycotts hysterisch-verworrene Erklärungen an und schrieb von Zeit zu Zeit etwas in sein Büchlein. Seine Gegenwart war beruhigend und wohltuend. Als er dann für einen Augenblick das Haus verließ, um die Zentrale telefonisch zu verständigen, konnte ihn Tommy

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