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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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den Wänden.
    Tommy konnte sich das Luxusgeschöpf Gilda Glen unmöglich in so einem Zimmer vorstellen.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte Mrs Honeycott. »Vor allem muss ich Ihnen sagen, dass ich für den katholischen Glauben nichts übrig habe. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen katholischen Priester in meinem Haus empfangen würde. Aber wenn Gilda zu den Pfaffen übergelaufen ist, so ist das bei ihrem Lebenswandel nicht weiter verwunderlich. Es hätte ja noch schlimmer kommen können – besser katholisch als gar keinen Glauben! Ich würde die katholische Kirche höher achten, wenn sie ihre Priester heiraten ließe. Verzeihen Sie, ich sage immer geradeheraus, was ich denke. Wenn man bloß an diese Klöster denkt! Die vielen schönen Mädchen, die da eingesperrt sind, und keiner weiß, was aus ihnen wird! Schon der Gedanke daran ist mir unerträglich.«
    Mrs Honeycott machte einen Punkt und holte tief Atem. Ohne sich auf eine Diskussion über das Zölibat oder ein anderes heikles Thema einzulassen, kam Tommy direkt zur Sache.
    »Mrs Honeycott, soviel ich weiß, ist Miss Glen hier im Haus, nicht wahr?«
    »Das stimmt. Aber wohlgemerkt, ich bin durchaus nicht damit einverstanden! Ehe ist Ehe, und Gatte ist Gatte. Wie man sich bettet, so liegt man.«
    »Ich verstehe nicht ganz…«, begann Tommy.
    »Dachte ich’s mir doch! Deshalb habe ich Sie zuerst in dieses Zimmer geführt. Sie können nachher zu Gilda hinaufgehen, wenn ich Ihnen meinen Standpunkt erklärt habe. Sie kam zu mir – denken Sie nur, nach so vielen Jahren –, sie kam und bat mich um Hilfe. Sie wollte, dass ich mit diesem Mann spreche und ihn dazu überrede, in die Scheidung einzuwilligen. Ich habe ihr ins Gesicht gesagt, dass ich nichts damit zu tun haben will. Scheidung ist Sünde. Aber ich konnte meiner eigenen Schwester doch nicht mein Haus versagen, oder?«
    »Ihrer Schwester?«, rief Tommy erstaunt.
    »Ja. Gilda ist meine Schwester. Hat sie es Ihnen nicht gesagt?«
    Tommy starrte sie mit offenem Mund an. Die Sache kam ihm sehr unwahrscheinlich vor. Dann fiel ihm ein, dass Gilda Glens engelhafte Schönheit schon seit vielen Jahren dem Publikum vertraut war. Er selbst war ein kleiner Junge gewesen, als er sie zum ersten Mal im Theater sehen durfte. Ja, schließlich und endlich – ausgeschlossen war es nicht. Aber welcher Kontrast! Das also war Gilda Glens Herkunft, dieses kleinbürgerliche Milieu mit seinem Geruch von Wohlanständigkeit! Wie gut sie ihr Geheimnis gehütet hatte!
    »Ich bin noch nicht ganz im Bilde«, sagte Tommy. »Ihre Schwester ist verheiratet?«
    »Mit siebzehn Jahren ist sie von zuhause durchgebrannt, um zu heiraten«, erklärte Mrs Honeycott barsch. »Einen ganz gewöhnlichen Burschen, weit unter ihrem Stand. Dabei war unser Vater Pfarrer! Es war eine Schande. Dann verließ sie ihren Mann, um zum Theater zu gehen. Schauspielerin! Man denke bloß! Ich habe in meinem ganzen Leben kein Theater von innen gesehen. Aber ich trage den Leuten ihre Sünden nicht nach. Jetzt, nach all den Jahren, will sie sich von ihrem Mann scheiden lassen. Will wahrscheinlich irgendeinen reichen Mann heiraten. Aber ihr Mann lässt sich nicht kleinkriegen. Er ist nicht einzuschüchtern oder zu bestechen. Wirklich bewundernswert.«
    »Wie heißt er denn?«, fragte Tommy plötzlich.
    »So unglaublich es klingt – ich komme einfach nicht auf seinen Namen! Vergessen Sie nicht, dass es bald zwanzig Jahre her ist, dass ich den Namen zuletzt gehört habe. Mein Vater hat uns verboten, ihn auszusprechen. Und ich habe mich geweigert, mit Gilda über die Sache zu reden. Sie weiß, was ich denke; das muss ihr genügen.«
    »War es nicht Reilly, vielleicht?«
    »Schon möglich. Aber genau weiß ich es nicht.«
    »Der Mann, den ich meine, war vor einem Augenblick hier im Haus.«
    »Dieser Mann! Ich dachte, es sei ein entsprungener Irrer! Ich war in der Küche gewesen, um Ellen meine Anweisungen zu geben. Als ich gerade hier ins Zimmer trat und mir überlegte, ob Gilda wohl schon nachhause gekommen sei (sie hat einen Hausschlüssel), da hörte ich sie. Sie zögerte einen Augenblick lang in der Halle, stieg dann aber rasch die Treppe hinauf. Ungefähr drei Minuten später begann dieser Hexensabbat. Ich ging in die Halle und sah gerade, wie der Mann die Treppe hinaufstürmte. Dann ertönte oben eine Art Schrei, und sofort kam er wieder herunter und stürzte hinaus wie ein Verrückter. Schöne Geschichte!«
    Tommy stand auf.
    »Mrs Honeycott, wir wollen lieber

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