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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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anderen Leute? Ich bin nicht zu Schmeicheleien aufgelegt! Ich möchte jemanden bei der Kehle packen und ihm die Luft abdrücken.«
    Er schwieg.
    »Haben Sie eine bestimmte Person im Sinn?«, fragte Tuppence. »Oder einfach den Nächstbesten?«
    »Eine bestimmte Person«, sagte der junge Mann wütend.
    »Sehr interessant. Wollen Sie uns nicht noch mehr ins Vertrauen ziehen?«
    »Ich heiße Reilly«, sagte der Rothaarige. »James Reilly. Sie haben den Namen vielleicht schon gehört. Ich habe einen kleinen Band pazifistischer Gedichte herausgegeben – gute Arbeit, wenn ich mich dabei auch selbst loben muss.«
    »Pazifistische Gedichte?«, sagte Tuppence.
    »Ja – warum nicht?«
    »Oh, nur so«, erwiderte Tuppence hastig.
    »Ich bin immer für den Frieden gewesen!«, rief Mr Reilly grimmig. »Zum Teufel mit dem Krieg! Und mit den Weibern! Die Weiber – haben Sie diese Person gesehen, die vorhin hier herumlungerte? Gilda Glen nennt sie sich. Gilda Glen! Wie ich diese Frau verehrt habe! Und ich kann Ihnen sagen – wenn sie überhaupt ein Herz hat, so schlägt es für mich und keinen anderen. Sie hatte mich wirklich gern, früher mal! Aber wenn sie sich an diesen Dreckhaufen, den Leconbury, verkauft, dann helfe ihr Gott! Dann möchte ich sie lieber mit meinen eigenen Händen umbringen!«
    Er sprang plötzlich auf und stürzte aus der Hotelhalle. Tommy hob die Augenbrauen.
    »Ein leicht erregbarer Herr«, bemerkte er trocken. »Nun, Tuppence, wollen wir losziehen?«
    Als sie aus dem Hotel in die kühle Abendluft traten, stieg ein leichter Nebel auf. Estcourts Angaben folgend, bogen sie links ein, und wenige Minuten später lasen sie an einer Kreuzung: Morgan’s Avenue.
    Der Nebel wurde immer dichter. Er war weich und weiß und zog an ihnen in wirbelnden Schwaden vorbei. Zu ihrer Linken erhob sich die hohe Friedhofsmauer, rechts stand eine Reihe kleiner Häuser. Nach einer Weile verloren sich die Häuser, und eine hohe Hecke säumte die Straße.
    »Tommy, mir wird ganz unheimlich«, sagte Tuppence. »Der Nebel – die Stille. Als ob wir am Ende der Welt wären.«
    Tommy stimmte ihr zu: »Ja, ganz allein auf der Welt. Daran ist der Nebel schuld. Man kann die Hand nicht mehr vor Augen sehen.«
    Tuppence nickte. »Man hört nur das Echo unserer Schritte auf dem Pflaster. – Was war das?«
    »Was denn?«
    »Schritte hinter uns. Ich dachte, ich höre jemanden gehen.«
    »Du wirst auch noch das Gespenst sehen, wenn du dich so hineinsteigerst!«, sagte Tommy. »Sei nicht so nervös. Fürchtest du, dass der tote Polizist dir die Hand auf die Schulter legt?«
    »Lass doch, Tommy! Jetzt hast du mir erst richtig Angst gemacht!«, schrie Tuppence.
    Sie drehte sich um und versuchte angestrengt, den weißen Schleier, der sie umgab, mit ihren Blicken zu durchdringen.
    »Da, da sind die Schritte wieder!«, flüsterte sie. »Jetzt sind sie vor uns. Tommy, du kannst mir doch nicht einreden, dass du nichts hörst?«
    »Ja, ich höre etwas. Wahrscheinlich Schritte hinter uns. Vermutlich jemand, der auch zum Zug will. Aber…«
    Er brach plötzlich ab und blieb stehen. Tuppence stockte der Atem.
    Der Nebelvorhang vor ihnen zerteilte sich plötzlich, und da, kaum fünf Meter vor ihnen, tauchte unvermittelt ein riesiger Polizist aus dem Nebel auf. Vor einem Augenblick noch war alles leer gewesen – und jetzt stand er plötzlich da. So kam es wenigstens den beiden jungen Leuten vor, deren Fantasie überhitzt war. Als dann der Nebel noch mehr zur Seite wich, traten die Gegenstände wieder deutlich hervor wie auf einer Bühne, wenn sich der Vorhang hebt.
    Ein großer, blauer Schutzmann neben einem roten Briefkasten und hinter dem Gartenzaun ein weißes Haus.
    »Rot – weiß – blau«, sagte Tommy. »Sehr malerisch. Aber wirklich kein Grund zur Angst. Komm, Tuppence!« Er hatte bereits entdeckt, dass der Polizist ein wirklicher Polizist und überdies nicht annähernd so gigantisch war, wie er ihnen vorhin erschien, als er so plötzlich aus dem Nebel auftauchte.
    Doch als sie weitergehen wollten, erklangen hinter ihnen Schritte. Ein Mann eilte an ihnen vorbei. Er bog in das Gartentor des weißen Hauses ein, stürmte die Freitreppe hinauf und trommelte gegen die Haustür. Gerade als die beiden den Polizisten erreichten, der dem Mann entgeistert nachschaute, wurde dieser in das Haus eingelassen.
    »Der hat es aber sehr eilig!«, bemerkte der Polizist.
    Er sprach breit und bedachtsam, wie jemand, dessen Gedanken nicht allzuschnell

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