Die Burg der flammenden Herzen
gewesen, um dessen Gesellschaft ertragen zu können. Offensichtlich hatte Ned nicht weit weggewollt. Sebastian stieg mit einem langen Schritt über ihn hinweg, denn er suchte die Gesellschaft des Dieners jetzt genauso wenig wie in der letzten Nacht.
In einiger Entfernung vernahm er Stimmen und die ersten Geräusche der Bediensteten am frühen Morgen. Die Türen waren nun gewiss entriegelt worden; er könnte die Burg verlassen, ohne bemerkt zu werden. In der Großen Halle stellten die Diener mit schnellen und geübten Griffen die langen Tische für die Frühmahlzeit auf. Sebastian grüßte sie mit einem Nicken, als er in den Garten hinausging.
Silberner Tau lag auf den Büschen, und die Feuchtigkeit des Morgens glitzerte im frühen Sonnenlicht. Sebastian stand vor der Tür, wo die Gartenwege zusammenliefen, holte tief Luft, hielt inne und atmete dann langsam aus. Die Verspannung in seinen Schultern gab ein wenig nach.
Er nahm einen der Wege, und als er über den Kies ging, durchströmten ihn die Erinnerungen an Beatrice, als habe sein Geist nur auf die Gelegenheit gewartet, über diese Frau nachzudenken. Hier hatte er sie zum ersten Mal umworben, in der Gewissheit, er könnte sie für sich gewinnen, ohne sein Herz an sie zu verlieren. Wie sehr hatte er sich geirrt! Während er versucht hatte, ihr Bollwerk einzureißen, hatte er seinen eigenen Schutz vernachlässigt, und sie, die ursprünglich erobert werden sollte, hatte stattdessen ihn erobert. Was sollte er jetzt machen?
Der Garten bot ihm keinen Frieden. Er kehrte in sein Gemach zurück und ließ sich von Ned ankleiden. Dann suchte er die Kapelle auf, um die Messe zu hören, und ging anschließend in die Halle, um die Frühmahlzeit einzunehmen. Beatrice erschien nicht, und er wusste nicht, ob er erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Ihre Abwesenheit verschob die nächste Begegnung, zumindest für eine Weile.
Kurz nach der Frühmahlzeit erreichte ein Reiter seines Onkels die Burg und verkündete, dass Isham binnen einer Stunde in Wednesfield eintreffen würde. Warum hatte er sich auf den Weg gemacht? Sebastian dachte über die Frage nach, verwarf sie dann aber als unwichtig. Was machte es schon aus, wenn Henry hier wäre? Was ihn auch immer geschäftlich hierher führte, Sebastian würde bei Henrys Ankunft gewiss von all den Dingen abgelenkt, über die er nicht nachsinnen wollte. Sein Onkel würde es ihm ermöglichen, nicht mehr über Beatrice nachzudenken.
Beatrice öffnete die Augen und schaute auf den Baldachin über ihr, der in dem schwachen Licht, das durch einen Spalt im Bettvorhang fiel, gerade zu erahnen war. Ihr Schlaf war traumlos gewesen, und nun lag sie da und ließ sich von der wohligen Wärme unter der Bettdecke umhüllen. Sie lauschte auf Nans Atem, hörte aber nichts; im Raum war es still. Wo war Nan? Verwundert setzte sie sich auf und zog an dem Bettvorhang. Als er sich öffnete, sah sie, dass die Sonne ihre goldenen Strahlen durch die Fenster schickte. Beatrice war entsetzt. Sie hatte geglaubt, es sei noch früh am Tage. Gemessen am Stand der Sonne war es jedoch schon später Vormittag.
Sie schwang die Beine aus dem Bett und stand auf. Die Sonne hatte die Dielenbohlen erwärmt, und ihre Füße entspannten sich in der Wärme. Sie ging hinüber zu dem Tisch bei den Fenstern. Dort standen eine Schüssel und ein irdener Krug neben einem gefalteten Handtuch. Beatrice füllte die Schüssel mit Wasser und wusch sich das Gesicht mit dem kühlenden Wasser. Als sie es trocknete, knarrte die Tür. Voller Erwartung wandte sie sich um.
Doch es war nur Nan. Beatrice sank das Herz, denn sie hatte insgeheim gehofft, Sebastian zu erblicken. Um ihre Enttäuschung zu verbergen, kehrte sie sich von der Tür ab.
“Warum hast du mich so lange schlafen lassen? Es ist fast Mittag.” Eine Übertreibung – es war noch Vormittag.
“Entschuldigung, Mylady, aber als ich versuchte, Euch zu wecken, sagtet Ihr, ich solle Euch in Ruhe lassen.” Die Tür fiel leise ins Schloss.
Beatrice legte die Stirn in Falten und sah auf die Waschschüssel. “Daran kann ich mich nicht erinnern.”
“Nein, Mylady. Ich glaube, dass Ihr gar nicht wach wart, aber ich wollte nicht ungehorsam sein.”
Sie schluckte und sah ihre Zofe an. “Es tut nichts zur Sache. Ich bin nun wach. Hilf mir beim Ankleiden. Ich muss Lord Benbury finden.”
Nan kam näher und zog Beatrice das Nachtgewand über den Kopf. “Er ist in seinem Gemach, Mylady.”
“Mach schnell, Nan.”
Warum
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