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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Bild gefällt. Aber ein Titel ist nun mal ein Titel …« Der Händler machte eine nachdenkliche Pause, dann wandte er sich an Philipp von Erfenstein, als wäre Agnes gar nicht mehr anwesend. »Darf ich Euch einen Vorschlag machen, Vogt?«, sagte er, doch es klang eher wie ein Befehl. »Wir unterhalten uns zunächst alleine. Es gibt ja einiges zu besprechen, vor allem Finanzielles. Wenn wir uns einig werden sollten, mag ich mir Eure Tochter noch mal ansehen. Aber bis dahin ist das eine Sache allein unter Männern.«
    Mit einer Kopfbewegung wies er zur Tür. Agnes verstand und verabschiedete sich mit einer knappen Verbeugung.
    »Ich … ich werde unten auf dich warten. Einverstanden?«, flüsterte sie ihrem Vater zu. Doch der Burgvogt schwieg. Wie ein Fels saß er auf dem winzigen Schemel und wich ihrem Blick aus. Schließlich wandte sie sich ab und eilte durch die Tür nach draußen, sie rannte die Treppe hinunter, vorbei an den vielen verdutzten Patriziern, bis sie endlich auf der belebten Straße stand. Erst hier atmete Agnes tief durch.
    Wie hatte sie sich nur so danebenbenehmen können! Es war einfach mit ihr durchgegangen, und nun hatte sie ihrem Vater vielleicht die letzte Möglichkeit verbaut, den Trifels doch noch zu halten! Nie würde er ihr das verzeihen!
    Ihr Kleid kam ihr plötzlich unschicklich, ja fast hurenhaft vor. Agnes schämte sich darin und knöpfte das Mieder bis oben hin zu. Um auf andere Gedanken zu kommen, beschloss sie spontan, über den Markt zu gehen. Ihr Vater würde bestimmt noch eine Weile brauchen. So wie er eben ausgesehen hatte, war es besser, ihm eine Zeitlang aus dem Weg zu gehen.
    Unwillkürlich führten Agnes ihre Schritte hinüber zum Dom, den sie schon als kleines Kind bewundert hatte. Schweigend stand sie vor dem hohen Eingangsportal und blickte hinauf zu den vier Türmen, die in den Himmel ragten. Das Kaisergeschlecht der Salier hatte sich mit dem Bau bereits vor einem halben Jahrtausend ein Denkmal gesetzt. Seitdem war der Dom immer wieder umgebaut worden, steingewordenes Zeugnis dafür, wozu Menschen in der Lage waren.
    Auch auf dem Domplatz und an den benachbarten bischöflichen Gebäuden herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Bettler lehnten an den Säulen der Eingangshalle und hielten die Hand auf, Pilger gingen murmelnd und mit gesenktem Haupt vorüber. Agnes erblickte einen großen Brunnen, den sogenannten Domnapf, der seit vielen Hundert Jahren die Grenze zwischen der Reichsstadt und dem Bistum Speyer markierte. Verbrecher, die es bis hinter den Brunnen schafften, begaben sich in die Obhut des Bischofs und waren für städtische Büttel nicht mehr erreichbar. Agnes fragte sich kurz, was geschehen würde, wenn auch Mathis hierher fliehen würde. Wäre er dort etwa sicher vor dem Annweiler Stadtvogt?
    Und dann? , fuhr es ihr durch den Kopf. Soll er vielleicht sein ganzes Leben hinter den Mauern des Doms verbringen? Das kann keine Lösung sein.
    Sie verwarf den Gedanken und trat ins Innere des großen Kirchenbaus. Sofort war die Wirklichkeit in gedämpfte Farben getaucht. Durch die hohen bunten Fenster fielen Lichtstrahlen wie riesenhafte Speere. Die Menschen, die sich auf dem Vorplatz noch in Massen getummelt hatten, verloren sich in dem großen Bau, der sich im Zwielicht weiter gen Osten ausbreitete; die Stimmen der Gläubigen klangen leise und verhallt. Eine lang vermisste Ruhe breitete sich in Agnes aus; Trauer und Verzweiflung fielen von ihr ab, während sie vor einem der vielen Seitenaltare niederkniete und ein Kreuz schlug.
    O Herrgott, lass meinen Vater den richtigen Gatten für mich finden. Wenn es schon nicht Mathis sein darf, dann wenigstens ein gütiger und bescheidener Mann …
    Nachdem sie eine Weile still gebetet hatte, begab sie sich nach vorne zur Apsis, wo vor dem Lettner ein mannshohes Monument stand. Es ähnelte einem gewaltigen steinernen Würfel, überdacht mit einer Art Baldachin und mit goldenen Inschriften an der Vorderseite. Von ihrem letzten Besuch mit ihrem Vater wusste Agnes, dass sich dort die Gräber von nicht weniger als acht deutschen Herrschern samt einigen ihrer Gemahlinnen befanden. Das Volk nannte das Monument deshalb auch ehrfurchtsvoll die »Kaisergruft«. Auf zwei Steinreliefs an den Seiten des Würfels waren all die Könige abgebildet, die hier vor langer Zeit ihre letzte Ruhe gefunden hatten, darunter viele Salier, aber auch Philipp von Schwaben, der Sohn Barbarossas, und Rudolf von Habsburg. Auch für Barbarossa selbst war

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