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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Für ihn aber hab ich mich mit dem Teufel eingelassen. Und manchmal glaub ich das sogar selbst.« Mathis’ Gesicht verfinsterte sich. »Erinnerst du dich, wie damals die Arkebuse den Leib von Wertingens Vasallen zerfetzt hat? Vielleicht will Gott nicht, dass wir mit diesem Feuer spielen.«
    Agnes seufzte. »Ich fürchte, für derlei Zweifel ist es nun zu spät. Wenn wir Wertingens Burg nicht erobern, verliert mein Vater ganz sicher den Trifels, Schulden hin oder her. Und du deine Anstellung. Vielleicht solltest du das mal deinem Vater sagen.«
    »Ich … ich werd es versuchen.« Mathis’ Blick ging ins Leere. Erst nach einer Weile wandte er sich wieder Agnes zu. »Der alte Ulrich Reichhart hat ja recht«, sagte er schließlich zögerlich. »Je länger wir warten, desto größer wird die Gefahr, dass der Schwarze Hans sich gegen uns wappnet. Vermutlich weiß er ohnehin schon ganz genau, was wir vor­haben. Gunther hat von einem Haufen Spuren hier in der Gegend berichtet. Die stammten wohl von Wertingens Männern.«
    Plötzlich musste Agnes wieder an die Lichter unterhalb von Burg Scharfenberg denken, die sie vor einigen Wochen gesehen hatten. Waren das etwa auch Wertingens Späher gewesen? Und im Speyerer Dom, war das womöglich einer seiner Männer gewesen, der ihr und ihrem Vater hinterhergeschnüffelt hatte?
    »Außerdem ist bald Sommer«, fuhr Mathis nun entschlossener fort und schreckte sie damit aus ihren Grübeleien. »Wertingen kann um diese Zeit nicht auf die Bauern auf seinen Feldern zählen. Die sind vollauf mit der Feldarbeit beschäftigt und werden sich auch für Geld nicht dazu bewegen lassen, ihm bei der Verteidigung der Burg zu helfen.« Er nickte. »Wir sollten wirklich angreifen, am besten schon in den nächsten Tagen … Verflucht, warum nur musste der arme Teufel Sebastian ihm auch unseren Plan verraten! Nun, dann muss es eben auch mit weniger Salpeter gehen. Und mein Vater …« Er beendete den Satz nicht. Gedankenverloren wischte er sich die Hände an seiner Schürze ab, dann schritt er hinüber zu dem Lagerschuppen neben der Gusswerkstatt.
    »Ich werde noch heute damit beginnen, das Schwarzpulver zu mischen!«, rief er Agnes hinterher. »Sag deinem Vater, dass wir in drei Tagen losziehen können. Wenn ich bis dahin nicht samt dem Schuppen in die Luft geflogen bin!« Es sollte lustig klingen, doch Agnes spürte eine leise Furcht in Mathis’ Stimme.
    Müde schloss sie die Augen. Als sie sie wieder öffnete, war der Himmel über ihr zwar noch genauso klar und blau wie zuvor, doch die flirrende Hitze hatte plötzlich etwas Bedrohliches. Wie ein Gewitter, das zu spüren war, lange bevor es schließlich losbrach.
    Der Krieg hatte begonnen.
    ***
    Unweit des kleinen Weilers Ranschbach sprudelte auf einer Waldlichtung ein kleiner Bach über einen Felsvorsprung und ergoss sich in Kaskaden in einen Weiher, in dem sich der aufsteigende Mond spiegelte. Das Plätschern klang monoton und friedlich, und es übertönte wenigstens für eine Weile das Geräusch knirschender Schritte, die über einen versteckten Wildwechsel näher kamen.
    Der alte Mann war der Erste. Gemäß den uralten Gesetzen trug er den weißen Umhang mit dem Wappen der drei Löwen. Ächzend setzte er sich auf einen Stein und wartete auf die Übrigen. Eigentlich hatte er das Amt schon vor einiger Zeit an einen Jüngeren übergeben wollen, doch dann tauchten die ersten Gerüchte über den Feind auf, und er hatte beschlossen zu bleiben. Es gab noch eine letzte Sache zu erledigen, und er hoffte, dass er dazu noch in der Lage war.
    Was danach kommt, weiß Gott allein.
    Weitere Schritte erklangen. Es war Diethelm Seebach, der gemeinsam mit dem Seiler Martin Lebrecht aus Annweiler eintraf. Der Alte musterte die beiden verstohlen. Seitdem die Fremden die Ringhüterin gefunden hatten, schwelte in ihm das Misstrauen wie eine nicht zu löschende Glut. Konnte es wirklich sein, dass einer von ihnen sie verraten hatte? Zwölf waren sie, genau wie die Apostel, und auch die Apostel hatten einen Verräter unter sich gehabt.
    Wer ist unser Judas? Oder sind die Männer wirklich nur durch Zufall auf Elsbeth gestoßen?
    Schweigend nickte der Vorsitzende den beiden Ankömmlingen zu, und gemeinsam warteten sie auf die übrigen neun. Die Hebamme Elsbeth Rechsteiner war die Letzte, die erschien. Sie trug ihre Kraxe, in der sich bereits einige gepflückte Kräuter befanden, der Mond stand günstig. Lächelnd blickte der Alte zu ihr hinüber. Elsbeth war ihm immer

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