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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Kampf war dreckig und blutig, aber nur wenige ließen ihr Leben dabei. Und heute? Die Mächtigen kaufen sich die Landsknechte zu Hundertschaften und lassen sie mit Feuerrohren aufeinander losgehen. Und siegen wird am Ende immer derjenige, der für den Krieg mehr Geld ausgibt!« Er schüttelte den Kopf. »Der alte Burgvogt und ich, wir passen nicht mehr in diese Zeit. Wir sollten sie den Jungen überlassen.« Stöhnend richtete er sich im Bett auf und nahm die Hand seines Sohnes. Das Sprechen fiel ihm sichtbar schwer. »Die … die Mutter sagt, der Herr ist sehr zufrieden mit dir, du seist ein guter Handwerker und ein geborener Anführer. Sie ist sehr stolz auf dich. Und ich … verflucht, ich bin es wohl auch. Auch wenn ich es nicht gutheißen kann, was du tust!« Er ließ sich wieder zurückfallen und schloss die Augen. »Geh jetzt«, sagte er so leise, dass ihn Mathis kaum noch verstand. »Ich wünsche dir alles Gute, mein Sohn. Dir und dieser neuen Zeit. Möge Gott mit dir sein! Und sorge dafür, dass dieses verfluchte Pulver wenigstens die Richtigen trifft.«
    »Ich … ich verspreche es.«
    Mathis wartete noch eine Weile, doch sein Vater schien wieder eingeschlafen zu sein. Schweigend blieb der junge Mann am Bett stehen und betrachtete die winzige, zusammengeschrumpfte Gestalt, der in regelmäßigen Abständen ein Röcheln entwich. Eine einzelne Träne rollte über Mathis’ Wange.
    Er wischte sie ab und kehrte der engen Kammer den ­Rücken.

KAPITEL 9
    Trifels, 31. Mai, Anno Domini 1524,
    frühmorgens
    ährend die Morgennebel in dünnen Schwaden in Richtung Tal zogen, sammelten sich die Trifelser Burgmannen auf den Schlossäckern zum Feldzug gegen den Raubritter Hans von Wertingen.
    Der sogenannte Fehdebrief war gestern mittels Boten dem Feind überbracht worden, und der Schwarze Hans hatte erwartungsgemäß nicht eingelenkt und sich selbst und seine Mannen der Obrigkeit überstellt. Im Gegenteil, der herzogliche Bote war mit Hohngeschrei und Armbrustbolzen empfangen worden, nur durch eine überstürzte Flucht hatte er sich retten können. Damit waren alle bürokratischen Regularien erfüllt, und der Krieg konnte endlich beginnen.
    Doch als Mathis den kleinen Haufen Männer musterte, der sich um ihn geschart hatte, war er sich auf einmal nicht mehr sicher, ob ihr Vorhaben wirklich von Erfolg gekrönt sein würde. Auf seinem nervös tänzelnden Fuchs Taramis thronte Philipp von Erfenstein in altertümlicher Prunkrüstung, gegürtet mit Schwert, Streitkolben und Dolch; an der Seite hing ein polierter, nach vorne spitz zulaufender Helm, die sogenannte Hundsgugel mit Federbausch, wie sie bei früheren Turnieren üblich gewesen war. Umgeben von seinen nur notdürftig bewaffneten Burgwachen wirkte der Burgvogt nicht wie ein strahlender Held, sondern eher wie ein trauriger alter Ritter auf seiner letzten Reise. Die Burgmannen Ulrich, Gunther und Eberhart trugen rostige Kettenhemden und verbeulte Helme, der alte Stallmeister Radolph hatte sich einen Brustharnisch umgeschnallt, der vermutlich einst seinem Großvater gehört hatte. Dazu kamen etwa ein Dutzend junge Bauern aus der Umgebung, die Erfenstein mit nur wenig Lohn, aber mit glühenden Reden und der Aussicht auf Beute und Abenteuer für die bevorstehende Fehde gedungen hatte. Ihre Waffen bestanden vorwiegend aus Sensen und Dreschflegeln, nur zwei von ihnen hatten verbogene Kurzschwerter mitgebracht. Mathis vermutete, dass die Bauern bei der ersten Auseinandersetzung schreiend davonrennen würden.
    Plötzlich musste er daran denken, dass sich auf ebendiesen Schlossäckern vor über dreihundert Jahren ein gewaltiges Heer gesammelt hatte, um unter der Führung Kaiser Heinrichs VI. gegen die Normannen zu ziehen.
    Und wir haben gerade noch einen einäugigen Ritter und ein paar lumpige Bauern , fuhr es ihm durch den Kopf. Aber verflucht, dafür haben wir Feuerrohre!
    Im Grunde dienten die Bauern ohnehin nur einem einzigen Zweck: Sie sollten helfen, die schweren Geschütze vom Kloster Eußerthal bis zur knapp vier Meilen entfernten Ramburg zu transportieren.
    Mathis sah hinüber zum Trifels und erkannte plötzlich oben auf dem Tanzfelsen Agnes und Pater Tristan, die ihm zuwinkten. Der alte Mönch würde in einigen Tagen nachkommen, wenn davon auszugehen war, dass es die ersten Verwundeten zu pflegen gab – oder die ersten Sterbenden auf ihre Letzte Ölung hofften. Agnes hatte ihn zunächst begleiten wollen, was allerdings am strikten Verbot ihres Vaters gescheitert

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