Die Burg der Könige
derartigen Umgang auf unserer Burg gewohnt«, entgegnete Agnes lächelnd. »Außerdem wissen Eure Landsknechte ja bereits, dass in ihren Reihen jemand ist, der mich notfalls verteidigt.«
Mathis runzelte verdutzt die Stirn. Wen meinte Agnes? Etwa ihn? Zum weiteren Nachdenken blieb keine Zeit mehr. Die Vogtstochter blickte ihn noch einmal ernst an, dann lief sie zu ihrem Vater und gab dem alten Mann einen Kuss auf die Hand. Schließlich wandte sie sich schweigend ab. Erfenstein brüllte einen Befehl, und endlich setzte sich der Tross in Bewegung.
Der Weg nach Eußerthal war nicht sonderlich beschwerlich. So früh am Morgen war es angenehm kühl, die Männer lachten und scherzten, und Erfenstein erzählte dem neben ihm reitenden Grafen die eine oder andere Anekdote aus vergangenen Schlachten. Mathis hielt sich weiter hinten bei den Bauern. Er schwieg und dachte mit bangem Herzen an den baldigen Angriff. Seine Aufregung wuchs, je mehr sie sich dem Kloster näherten.
Als sie Eußerthal am frühen Vormittag schließlich erreicht hatten, begann die mühselige Arbeit des Aufladens. Zunächst galt es, die zwei größeren Falkaunen auf die dazugehörigen Lafetten zu hieven; in einem Viehkarren verstauten die Männer zudem ein halbes Dutzend Arkebusen und eine Handvoll sogenannter Falkonette, Geschützrohre mit einem Mündungsdurchmesser von etwa einer Fingerlänge.
Das Schmuckstück des Trosses war jedoch das zwei Schritt lange Feuerrohr, das Ulrich Reichhart gestern noch liebevoll auf den Namen »Dicke Hedwig« getauft hatte, weil es ihn vom Umfang her an die beleibte Trifelser Burgköchin erinnerte. Die eiserne Hedwig wog allerdings anders als die menschliche über zweitausend Pfund und musste mit Flaschenzügen vorsichtig auf die von Mathis mühsam angefertigte zweirädrige Lafette gehoben und dort mit Eisenklammern befestigt werden. Als die schweißgebadeten Männer endlich fertig waren, ging es schon auf Mittag zu.
Nun begann der beschwerlichste Teil ihrer Reise. Die vier Wagen rollten in Schrittgeschwindigkeit voran, während Fußvolk und Pferde gemächlich neben ihnen dahintrotteten. Immer wieder mussten die Männer anhalten, weil das schwere Bronzerohr zu verrutschen drohte. Die Landsknechte und Bauern schwitzten und fluchten, während immer mehr Neugierige ihren Weg begleiteten. Zerlumpte Kinder liefen ihnen lachend nach, einige ältere Bauern und Weiber wünschten ihnen Glück und reichten am Wegesrand Brot und Wasser.
Nach einer kurzen Rast führte der Weg weiter entlang eines Baches, der sich durch ein sumpfiges Tal schlängelte. Erst gestern war ein heftiges Gewitter niedergegangen, darum mussten die Ochsen immer wieder ausgespannt und Bretter unter die Räder gelegt werden, damit das schwere Gerät im zähen Morast nicht stecken blieb.
Erst am späten Abend erreichten sie schließlich den kleinen Ort Ramberg, an dessen Rand sie die Nacht verbrachten. Die Landsknechte stellten die Karren ab und begannen in Windeseile, ein kleines Feldlager zu errichten. Lagerfeuer wurden entzündet, auf einem Dreibein köchelte schon bald ein duftender Eintopf, einige der Männer sangen derbe Kriegslieder. Als der Vogt wenig später das für ihn und den Grafen errichtete Zelt verließ, um nach seinen Männern zu sehen, wirkte er sehr zufrieden. Er schwankte ein wenig und summte eines seiner alten Turnierlieder.
»Na, Geschützmeister!«, rief Erfenstein Mathis zu, der an einem der Feuer Platz genommen hatte. »Wie fühlt er sich an, der Krieg? In meiner Jugend haben wir viele solcher Fehden gehabt. Das waren noch Zeiten! Lässt so was einen Mann nicht spürbar jünger werden?«
Mathis bemühte ein Lächeln. »Ich hoffe, ich werde alt genug, um Euch davon zu berichten.«
»Das hoffe ich auch. Wenn nicht, haben wir ja immer noch den Barden des Grafen. Ich hoffe, er dichtet uns eine lange blutige Ode.« Erfenstein lachte und rülpste lautstark, dann wandte er sich Ulrich Reichhart zu und ließ sich von ihm einen weiteren Becher Wein einschenken.
Der Mond ging hinter den Hügeln auf, und die Lieder der Landsknechte wurden immer lauter und böser. Dabei zogen sie vor allem über Priester und Mönche her. Ein jeder von ihnen kannte Geschichten über fette Pfaffen, die sich den Bauch vollschlugen, während der Rest der Bevölkerung darbte. Auch die Bauern wussten einiges zu berichten.
»Wie wär’s, wenn wir auf unserem Weg zurück von der Ramburg auch gleich das Kloster niederbrennen?«, murmelte einer der Trifelser
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