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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Markt musterte. Einmal mehr fiel ihr sein lichter werdendes Haar auf. Vermutlich würde er, ungeachtet seines noch jungen Alters, schon in wenigen Jahren eine Glatze haben. Doch ansonsten war der Graf trotz seiner Blässe eine attraktive Erscheinung – und vor allem äußerst wohlhabend. Agnes musste daran denken, wie viele Frauen sie um diese Partie beneiden würden.
    »Weiß der Teufel, warum ich mich so von Euch behandeln lasse«, erwiderte Friedrich von Scharfeneck schließlich. »Aber nun gut, Ihr habt mein Wort. Der Greis und dieser junge Narr stören mich nicht weiter. Und was den letzten Punkt betrifft … Es gibt auch andere schöne Weiber, die mir das Bett warm halten.« Er lächelte anzüglich. »Außerdem bin ich mir sicher, dass die Zeit alle Wunden heilt.«
    »In Euren Träumen vielleicht. Und nun zu dem Grund, war­um Ihr den Trifels unbedingt in Euren Besitz bringen wollt. Darf ich?« Abrupt stand Agnes auf und ging zu einem der Buchregale. Sie zog einen Wälzer heraus und warf ihn vor Scharfeneck auf den Tisch. »Das ist es doch, was Ihr gerade sucht, nicht wahr?«
    Erstaunt blickte Graf Scharfeneck auf das zerfledderte Buch vor sich. Es war die »Magna Historia de Castro Trifels«, in der Agnes in den letzten Monaten immer wieder heimlich gelesen hatte. Pater Tristan hatte sie das letzte Mal einfach zurück ins Regal gestellt und das Buch dann offensichtlich vergessen. Doch Agnes hatte immer gewusst, wo es stand.
    Mit zitternden Fingern begann der Graf nun in den Seiten zu blättern. Seine Augen leuchteten wie die eines Kindes. »Die Magna Historia de Castro Trifels, die alte Chronik der Burg!«, murmelte er. »Auf feinstem Kalbsleder, mit Zeichnungen und goldenen Anfangslettern. Ich habe bereits viel von ihr gehört, nun darf ich sie endlich in den Händen halten. Was für ein kostbares Kleinod! Woher wisst Ihr …«
    »Was Ihr wollt, befindet sich etwa in der Mitte des Buches«, unterbrach ihn Agnes. »Das Kapitel über die Zeit der Staufer. Leider sind einige Seiten herausgerissen, aber Euch interessiert ohnehin ein anderer Teil.« Sie blickte aus dem Fenster, wo mittlerweile strahlend die Vormittagssonne schien. Aus dem Gedächtnis begann sie zu zitieren: »Im Jahre 1186 heiratete Kaiser Heinrich VI. die Normannenprinzessin Konstanze von Sizilien. Von da an glaubte Heinrich, ein Anrecht auf den normannischen Thron zu haben. Mit dem Löse­geld für den englischen König Richard Löwenherz rüstete er schließlich eine gewaltige Armee aus und wandte sich gegen Sizilien. Heinrich besiegte die Normannen, ließ sich in Palermo zum König krönen und kehrte 1195 heim zum Trifels. Mit ihm über die Wasgauer Berge zogen hundertfünfzig Lastesel, die den größten Schatz trugen, den die Menschheit bis dahin gesehen hatte.«
    »Den Schatz der Normannen«, flüsterte Graf Scharfeneck, »die Krone aller Schätze! Seit meiner Kindheit verzehre ich mich danach!« Er sah hoch und musterte Agnes lächelnd. »Ihr seid ein kluges Mädchen, Jungfer Agnes. Ich könnte mir keine bessere Braut wünschen. Woher wusstet Ihr, dass ich den Trifels deshalb will?«
    »Mein Vater hatte etwas angedeutet. Er sagte, Euch ginge es um Gold, um viel Gold. Außerdem gab es … gewisse Hinweise.« Beinahe hätte Agnes dem Grafen von ihrem Gespräch mit Melchior erzählt, doch im letzten Augenblick entschied sie sich, den Barden aus der Angelegenheit herauszuhalten. Sie wandte sich wieder Scharfeneck zu und zuckte mit den Schultern. »Eure Schwärmereien für den Trifels und alles, was damit zusammenhängt, haben Euch verraten. Pater Tristan behauptet zwar, dass Kaiser Friedrich II. den Schatz später nach Apulien gebracht habe, doch offenbar seid Ihr anderer Meinung. Ihr vermutet, dass er sich immer noch hier in der Gegend befindet, nicht wahr? Vielleicht sogar auf dem Trifels.«
    Der Graf lachte leise. »Kaiser Friedrich II. war ein großartiger Fabulierer, wenn es um sein Geld ging. Niemals hätte er sich von diesem riesigen Vermögen getrennt. Ich habe Boten nach Lucera in Apulien geschickt und dort forschen lassen. Es heißt, Friedrich habe dort die von ihm befriedeten Sarazenen über den Schatz wachen lassen. Doch das war eine Lüge des Staufers!« Vor Aufregung zitternd deutete er auf eine Zeichnung im Buch vor ihm, auf der einige Lastesel mit Truhen zu sehen waren. Daneben ritten gepanzerte Krieger auf hohem Ross, sie trugen blutrote Standarten. »Der Schatz ist noch immer auf dem Trifels. Sie haben ihn hier versteckt!«,

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