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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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niemals eine Scharfeneck sein«, erwiderte sie kalt. »Ich bleibe immer die Herrin vom Trifels.«
    Der Graf zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Die Herrin vom Trifels? Ein würdiger Titel, fürwahr. Mir scheint, du wirst nun endlich erwachsen.« Lächelnd hob er das Glas. »Auf die Herrin vom Trifels also. Und auf den Schatz der Normannen, den wir schon bald hier finden werden!«
    Agnes stieß nicht mit ihm an. Sie führte ihren Becher zum Mund und trank den schweren roten Wein in einem einzigen Zug.
    Er schmeckte wie Blut.
    ***
    Mit müden Blicken verfolgte Mathis die fette Schmeißfliege, die in großen Kreisen durch die Zelle summte. Die Hitze des Sommertages hatte das Insekt offenbar ebenso rammdösig gemacht wie ihn selbst. Zornig brummend prallte die Fliege ein paarmal gegen die Wand, bevor sie schließlich auf dem mit schmutzigem Stroh bedeckten Boden liegen blieb. Eine große Wolfsspinne schoss aus einer Balkenritze hervor und verschwand mit ihrer Beute in einem dunklen Winkel.
    Mathis lehnte an der Wand der Zelle und schloss die Augen, doch an Schlaf war nicht zu denken. Den ganzen Tag schon kauerte er hier im brütend heißen Dachgeschoss des Wachthauses; durch ein vergittertes Fenster hatte er lange Zeit die grelle Sonne sehen können, doch nun war sie hinter den Stadtmauern verschwunden. Es ging bereits auf den Abend zu, und Mathis musste daran denken, wie er erst vor wenigen Monaten im Bergfried des Trifels eingesperrt gewesen war. Viele Tage und Nächte hatte er dort zubringen müssen, und doch hatte er sich nicht so einsam gefühlt wie jetzt hier in Annweiler.
    Sie hatten ihn in die berüchtigte »Dörrkammer« gesperrt, eine mit Eisen ausgeschlagene Zelle über dem Wachthaus am Untertor. Im Winter fror einem hier die Spucke im Mund zu Klumpen, im Sommer war es unter dem blechernen Dach so heiß wie in der Hölle. Der Raum hatte noch jeden lärmenden Rabauken und Störenfried zur Vernunft gebracht.
    Trotz der Hitze in der stickigen Kammer fröstelte Mathis. Es war die Angst, die in ihm hochkroch. Diesmal schien es wirklich keinen Ausweg mehr zu geben. Sein Urteil war im Grunde bereits gesprochen: Er war der Mörder des Annweiler Stadtvogts. Sollte er nicht gestehen, würde ihn der Henker im benachbarten Queichhambach vermutlich mit Steinen an den Füßen so lange von der Decke der Folterkammer baumeln lassen, bis ihm die Knochen aus den Gelenken sprangen. Mathis hatte einmal gesehen, wie Meister Jakob einen überführten, störrischen Opferstockräuber zum Galgen geschleift hatte. Der Mann konnte nicht mehr allein gehen, seine Glieder schlackerten wie die einer Puppe, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Wie lange würde er selbst die Folter aushalten? Oder war es besser, gleich zu gestehen und sich so einen schnellen sauberen Tod zu erkaufen?
    Mathis stöhnte und leckte mit der Zunge über die rissigen Lippen. Er hatte den schlimmsten Durst seines Lebens! Der Kater der vergangenen Nacht war immer noch nicht ganz verschwunden, und die Hitze hatte ihn wie einen Dörrapfel ausgetrocknet. Die Annweiler Stadträte erhofften sich auf diese Weise vermutlich ein schnelleres Geständnis.
    Sie brauchen mich , dachte Mathis. Nur wenn ich gestehe, wird kein Verdacht auf die Honoratioren der Stadt fallen, und der Herzog ist besänftigt.
    Es war erst einige Jahre her, dass die Annweiler Bürger gegen den Herzog aufbegehrt hatten und es beinahe zum Krieg gekommen war. Seitdem hatte der vom Herzog eingesetzte Vogt Bernwart Gessler mit strenger Hand über die Stadt geherrscht. Der grausige Mord würde den Verdacht aufkommen lassen, die Annweiler planten einen neuen Aufstand.
    Zum hundertsten Mal trat Mathis an das vergitterte Fenster an der Ostseite und blickte über die Dächer der Stadt hinweg zum Sonnenberg, auf dem der Trifels thronte. Unerreichbar fern. Warum hatte er sich nur verleiten lassen, Annweiler einen Besuch abzustatten! Dort oben wartete Agnes auf ihn, seine Mutter, seine kleine Schwester, sein Vater …
    Vater.
    Mathis spürte einen stechenden Schmerz in der Brust, als er daran dachte, dass sein Vater todkrank im Bett lag. Ob er noch lebte? Er hätte ihm so viel erzählen können, Hans Wielenbach wäre sicher stolz auf seinen Sohn gewesen! Mathis biss die Zähne aufeinander. Nun würde ihm seine Familie höchstens noch zum Abschied winken können, wenn er am Galgen zappelte.
    Schritte auf den knarrenden Stufen, die zum Dachgeschoss führten, ließen ihn herumfahren. Jetzt waren auch Poltern und

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