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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Arsenal an Feuerwaffen«, entgegnete Jockel kühl. »Das da ist nur ein Beutestück, das wir versuchen wieder kampftauglich zu machen. Nicht wahr, Mathis?«
    Mathis musste beinahe lachen, so dreist war Jockels Lüge. In Wahrheit verfügten sie über drei Hakenbüchsen und eine rostige Feldschlange; hinzu kamen ein Haufen Sensen, Dreschflegel und Sauspieße sowie einige ausgeleierte Armbrüste. So etwas als Arsenal zu bezeichnen war beinahe größenwahnsinnig. Mathis runzelte die Stirn. In den letzten Monaten war seine Bewunderung für den Anführer der Wasgauer Bauern einem wachsenden Misstrauen gewichen. Jockel benahm sich wie ein König, und das, obwohl er Könige doch eigentlich stürzen wollte.
    »Du kannst dich gerne selber hinstellen und das Feuer schüren, Herr Schmied «, knurrte Ulrich Reichhart den Dorfvogt vor ihm an. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob du’s besser kannst. Deine Nase kann ich allemal verbiegen.«
    Der Schäfer-Jockel hob beruhigend die Hände. »Keinen Streit! Diese Männer bringen frohe Botschaft.« Er machte eine dramatische Pause, bevor er mit lauter Stimme fortfuhr: »Die Bauern aus der Dahner und der Wilgartswiesener Gegend haben sich endlich erhoben! Sie sind auf dem Weg hierher, um sich mit unserem Haufen zusammenzutun. Und unten in der Rheinebene bei Landau rumort es auch schon. Nun kann der Kampf endlich beginnen!«
    Mathis blickte erstaunt auf. Das waren in der Tat gute Nachrichten. »Wie viele seid ihr?«, fragte er den Dorfvogt.
    »Hundert, vielleicht sogar ein paar Dutzend mehr«, antwortete der Mann feierlich. »Und jeden Tag stoßen neue hinzu! Der harte Winter und der Hunger tun ein Übriges. Die Bauern wollen sich die Ungerechtigkeiten der hohen Herren nicht mehr länger gefallen lassen.«
    Der Schäfer-Jockel neben ihm rieb sich vergnügt die Hände. »Jetzt endlich ist es so weit!«, rief er. »Ha, Mathis, und du hast gezweifelt! Nicht wahr, du hast gezweifelt, ich hab’s dir angesehen! Na, und wer hat nun recht gehabt?«
    »Unsinn«, brummte Mathis und schob sich das rote Haar aus der Stirn, wo eine fingerlange Narbe klaffte. Sie war ein Überbleibsel von den Verletzungen, die er in der Schlacht um die Ramburg erlitten hatte, und ließ ihn nun noch eine Spur grimmiger erscheinen. Mathis mochte es nicht, wenn der Jockel so mit ihm sprach. Immer mehr gewann er den Eindruck, dass ihn der bucklige Schäfer als einen Konkurrenten betrachtete. Mathis’ Ruf im Lager war in den letzten Monaten weiter gewachsen; hinzu kam sein selbstbewusstes Auftreten, das selbst ältere Männer oft verstummen ließ.
    »Wann könnt ihr hier sein?«, wollte Mathis von dem Abgesandten aus Dahn wissen.
    »In vielleicht einer Woche. Wir wollen noch auf die Unentschlossenen und Ängstlichen warten. Boten laufen von Weiler zu Weiler, während wir uns so lange in den Wäldern verstecken.« Der Dorfvogt grinste. »Der Herzog hat einen Preis auf meinen Kopf ausgesetzt. Aber wir auch einen auf seinen.«
    »Wir werden ein neues Lager brauchen«, gab Mathis zu bedenken. »Dieser Platz hier ist zu klein. Hütten müssen gebaut werden, Feuerholz geschlagen. Sonst erfriert uns die Hälfte der Männer, noch bevor wir in den Kampf ziehen.«
    Der Landauer Dorfvogt machte ein nachdenkliches Gesicht. »Nun, vielleicht wird es gar keinen Kampf mehr geben«, begann er zögerlich.
    »Wie meinst du das?«, verlangte Jockel zu wissen. »Red schon!«
    »Es heißt, dass sich im schwäbischen Memmingen die Bauern mit dem Adel zusammengesetzt haben. Der Baltringer Haufen, der Allgäuer Haufen und der Seehaufen, alle sind sie mit ihren Führern vertreten! Man will auf unsere Forderungen eingehen.« Der Mann reichte Jockel ein zerknittertes be­drucktes Blatt Papier. »Hier, das wird jetzt überall im Reich verteilt. Da stehen vernünftige Sachen drauf. Der Klein­zehnt soll abgeschafft werden, unseren Pfarrer sollen wir selber wählen können, und die Jagd wird auch wieder erlaubt.«
    Der Jockel griff nach dem Papier und überflog stirnrunzelnd die kleingedruckten Zeilen. Als Schäfer hatte er sich das Lesen in langen Tagen und Nächten selbst beigebracht, doch noch immer bereitete es ihm sichtlich Mühe. Wehe dem allerdings, der sich darüber lustig machte! Während der Jockel mit leisen Lippenbewegungen las, herrschte gedämpftes Schweigen. Schließlich sah er wieder auf; mit flinken Fingern riss er das Dokument in Fetzen, die mit den Schneeflocken langsam zu Boden rieselten.
    »Pah, das sind nichts als leere

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