Die Burg der Könige
Trifelser Brunnenturms und blickte gespannt in das dunkle Loch zu seinen Füßen. Tief unter ihm brodelte und zischte es, ein verhallter Ruf war zu hören, dann zogen zwei Wachen an einer quietschenden Winde. Nach einiger Zeit tauchte aus der Schwärze ein Mann auf, der an ein langes Stück Seil gebunden war und nur einen Lendenschurz trug. Er zitterte heftig, hustete und spie Rotz und Wasser.
»Und?«, fragte Scharfeneck ungeduldig. »Hast du etwas gefunden?«
Der Mann schüttelte den Kopf, dass das Wasser wie bei einem nassen Köter nach allen Seiten spritzte. »Nichts, Euer Gnaden. Ich habe den ganzen Grund mit meinen Händen abgesucht, da liegen Steine, altes Holz und ein paar rostige Kreuzer, aber sonst nichts. So wahr mir Gott helfe!«
»Dann such, verflucht noch mal, weiter! Dort unten muss etwas sein. Alle Schriften weisen darauf hin!«
»Bitte, Herr!«, krächzte der noch immer vor Kälte zitternde Mann, der zu Friedrichs engerem Kreis von Soldaten gehörte. »Mich friert zum Gotterbarmen. Außerdem ist es dort unten dunkel wie in der Hölle. Weiß der Teufel, welche Ungeheuer …«
Seine Stimme verklang, als seine beiden Kameraden erneut die Winde in Gang setzten und der heftig gestikulierende Körper langsam in der Tiefe verschwand. Den zwei Wachen war anzusehen, dass sie nicht einmal für einen Jahressold mit ihrem Freund hätten tauschen wollen.
»Muss das sein?«, fragte Agnes, die mit verschränkten Armen an der Wand des Brunnenhäuschens lehnte und beobachtete, wie der Schemen des armen Teufels kleiner und kleiner wurde. »Er sucht doch bereits seit einer Ewigkeit. Das ist jetzt das vierte Mal, dass du ihn dort hinunterschickst. Achtzig Schritt sind es hinab bis zum Grundwasser, nicht mehr lange, und er erfriert dir!« Sie deutete auf die tropfenden Eiszapfen, die an der Seilwinde hingen. Zwar hatte es in den letzten Tagen zu tauen begonnen, trotzdem war es selbst jetzt zur Mittagszeit und bei strahlendem Sonnenschein immer noch bitterkalt.
»Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du dich nicht in meine Angelegenheiten einmischen sollst!«, blaffte Friedrich. »Außerdem, was verstehst du schon davon? Seit Jahren beschäftige ich mich mit dieser Burg! Der Brunnenturm ist eines der ältesten Gebäude des Trifels. Er wurde erbaut, kurz nachdem Kaiser Heinrich den Normannenschatz hierherbringen ließ. Ein besseres Versteck gibt es nicht!«
»Wenn der Schatz denn wirklich irgendwo hier versteckt wurde«, versetzte Agnes schnippisch. »Ich glaube allerdings immer mehr, dass er nur eine Legende ist, so wie viele andere über den Trifels.«
»Glaub, was du willst. Aber verschone mich mit deinen Plappereien, Weib!« Der Graf wandte sich den beiden feixenden Wachen zu, die den Ehestreit heimlich verfolgt hatten. »Euch Burschen wird das blöde Grinsen schon bald vergehen«, drohte Friedrich. »Wenn euer Kamerad das nächste Mal ohne gute Nachrichten wieder nach oben kommt, werden wir den Brunnen ausschöpfen. Das wird euch schon auf andere Gedanken bringen.«
Der Wachmann sah ihn entsetzt an. »Aber Euer Gnaden, keiner weiß, wie viel Wasser dort unten ist. Das kann Wochen dauern.«
»Und wenn es eine Ewigkeit dauert!«, schrie der Graf. »Wir machen es. Irgendwo muss dieser verfluchte Schatz ja sein!«
Seufzend ließ Agnes ihren Gemahl allein im Turm zurück und ging über die marode Brücke hinüber in den Burghof. Sie kannte Friedrich mittlerweile. Wenn er in dieser Stimmung war, war es müßig, mit ihm zu debattieren. Auch sein eigener Vater hatte das einsehen müssen, als er heute früh unverrichteter Dinge wieder abgereist war. Seit seiner Kindheit war Friedrich vom Normannenschatz besessen, lange Nächte hatte er sich mit alten Dokumenten um die Ohren geschlagen, vor zwei Jahren hatte er sogar eine Reise nach Apulien unternommen. In den letzten Wochen und Monaten war der Graf nun immer starrköpfiger geworden, neben dem Trifels hatte er das gesamte Umland mit seinen Sandsteinfelsen abgesucht, dazu einige verlassene Bärenhöhlen und die Ruinen von einem Dutzend verfallener Wachtürme. Der Trifelser Brunnenturm war sein letzter Trumpf, an dem er verzweifelt festhielt.
Vom Wehrgang aus betrachtete Agnes ihr neues Zuhause, die benachbarte Burg Scharfenberg, die mittlerweile hübsch weiß und rot verputzt worden war. Zwischen dem jungen Grafen und seiner Gemahlin herrschte eine Art Waffenstillstand. Wenn sie allein waren, war Friedrich durchaus zugänglich für Agnes’ Vorschläge. Auf diese
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