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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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stürmen?«
    Ludwig von Löwenstein-Scharfeneck nickte. »Die Landsknechte, ein Dutzend Hakenbüchsen und ein paar meiner Kartaunen. Mein Wort.« Er streckte die Hand aus. »Schlag ein und beweis mir endlich, dass du doch würdig bist, meinen Namen zu tragen.«
    Friedrich gab ihm die Hand und lächelte zufrieden. Plötzlich fühlte er sich seltsam gelöst. Er würde sich seine Burg zurückholen, er würde wieder seinen heißersehnten Schatz suchen, und irgendwann würde er auch Agnes finden. Aber zunächst gab es eine harte, wenn auch nicht ganz unangenehme Arbeit zu erledigen.
    Eine Arbeit, bei der Gefühle fehl am Platz waren.
    ***
    Eine Woche später zogen ein Dutzend Pferde ein dickbauchiges Segelschiff gemächlich den Rhein hinauf. Die hochstehende Sonne ließ das Wasser wie Diamanten glitzern; überall auf den vielen Barken, Treidelkähnen und Flößen, die dem Schiff entgegenkamen, standen Seeleute mit rotgebrannten Nacken, die lachend herüberwinkten. Es war, als würde dieser grausame Krieg, der nun dem Ende entgegenging, nur auf dem Festland stattfinden, dort, wo noch immer brennende Dörfer, Burgruinen und mit Leichen vollgehängte Bäume an ihn erinnerten. Hier auf dem Fluss hingegen herrschte Frieden.
    Unter einer aufgespannten Plane in der Mitte des Segelschiffs dösten drei Reisende im Schatten. Die zwei Männer und die junge Frau trugen teure, wenn auch nicht zu auffällige Kleidung. Ein nagelneuer Schwertgurt samt Degen baumelte am Mast, daneben lehnte eine Laute aus poliertem Ahornholz. Die gläserne Karaffe mit Pfälzer Wein, die auf einem Beistelltisch zwischen den Reisenden stand, funkelte im Mittagslicht.
    In Gedanken versunken griff Agnes nach dem Kristallglas und kostete einen Schluck. Als sie merkte, wie schwer der Wein war, stellte sie ihn wieder zur Seite. Sie würde all ihren Verstand brauchen, um zu begreifen, was in den letzten Wochen und Monaten mit ihr geschehen war. Ihr Leben hatte sich so stark verändert, dass sie manchmal meinte, ein völlig anderer Mensch zu sein. Nicht mehr Agnes von Erfenstein, die Trifelser Vogtstochter, sondern irgendein Schattenwesen, das eher einem alten Buch denn der Wirklichkeit entsprungen war.
    Nach dem Brand in der Bibliothek von Sankt Goar hatte sie mit Mathis und Melchior Hals über Kopf den Ort verlassen. Ein misstrauischer Flößer hatte die drei verrußten Gestalten zunächst flussaufwärts bis nach Bingen gebracht, danach waren sie auf einem weiteren Schiff bis Mainz gefahren, wo Melchior von Tanningen bereits mehrmals gewesen war. Er hatte sie zu einem reichen Gewürzhändler gebracht, der dem Barden für eines der geretteten Bücher über zweihundert Gulden gezahlt und ihnen darüber hinaus eine Passage auf einem seiner Segelschiffe angeboten hatte. Seitdem war ihre Reise weitaus angenehmer verlaufen. Sie hatten sich mit neuer Kleidung und Proviant eingedeckt, und mittlerweile steuerte das Schiff auf die alte Reichsstadt Worms zu, wo die Ladung gelöscht wurde und sie die Nacht in einem besseren Gasthaus verbringen würden.
    Gähnend erhob sich Melchior von seinem Lager, schritt zu der neu erworbenen Laute und schlug einige Saiten an. Sie klangen weich und warm.
    »Ein wirklich schönes Instrument«, sagte der Barde. »Teuer, aber sein Geld wert. Wie eine kostbare Frau. Damit werde ich beim Bardenwettstreit auf der Wartburg bestimmt den Ehrenlorbeer erringen.« Er zwinkerte Agnes zu. »Vor allem mit einer Ballade, in der die letzte legitime Nachfahrin der Staufer enthüllt wird. Ich hoffe doch sehr, Ihr begleitet mich.«
    »Vergesst es!«, schnaubte Agnes. »Ich will von diesem ganzen Unsinn nichts mehr hören. Mir reicht es völlig, dass ich nun endlich weiß, woher ich komme und wer meine eigent­lichen Eltern waren. Wenigstens haben seit dem furchtbaren Brand in der Bibliothek von Sankt Goar diese schrecklichen Träume aufgehört.«
    »Aber Ihr tragt eine Verantwortung, vergesst das nicht!«, mahnte Melchior von Tanningen. »Gerade in diesen schweren Zeiten. Denkt an das, was Euch Pater Domenicus kurz vor seinem Tod gesagt hat. Ihr könntet diejenige sein, die dieses Reich eint. Ihr und die Heilige Lanze.«
    »Heilige Lanze«, murmelte Agnes. »Wenn ich das schon höre! Wie soll eine einzige Lanze ein Reich einen?«
    »Eine Lanze, von der wir nebenbei immer noch nicht wissen, wo sie sich befindet«, warf Mathis ein und streckte sich gähnend auf seinem Lager. Agnes sah ihn verstohlen an. Die Sonne der vergangenen Tage hatte sein Gesicht und

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