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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Genörgel endlich ein Ende zu setzen. Fast zwei Monate waren seit seiner überstürzten Flucht aus Burg Scharfenberg vergangen. Lange Wochen, die er hier auf dem Stammsitz seines Vaters mit dem Studium alter Akten, mit Armbrustschießen und stumpfsinnigem Brüten verbracht hatte. Damals auf Scharfenberg hatte sich Friedrich nur mit einem Sprung in die Jauchegrube draußen vor den Burgmauern retten können. Sein Abgang war so erbärmlich gewesen, dass ihn allein die Erinnerung daran fast täglich um den Verstand brachte. Seine Gedanken drehten sich seither stetig im Kreis. Alles, wovon er so lange geträumt hatte, der Schatz der Normannen, der ihn von seinem Vater unabhängig gemacht hätte, ein eigenständiges Leben als stolzer Herr einer Burg, all das war plötzlich in den Hintergrund gedrängt. Sein Hass ließ sich nur dadurch bändigen, dass er gelegentlich von hier oben aus Feldhasen und Jagdvögel mit der Armbrust tötete. Das verschaffte ihm wenigstens für ein paar Stunden Erleichterung. Doch Friedrich wusste, dass er bei jedem Kaninchen, jedem Merlin, Bussard oder Falken eigentlich ein ganz anderes Ziel im Kopf hatte.
    Agnes …
    Mit ihr hatte seine Schmach angefangen, und nur mit ihr würde sie wieder enden. Agnes hatte ihn gemeinsam mit diesem schmierigen Barden verlassen, sie hatte ihn gedemütigt und den Bauern dann ganz offensichtlich auch noch den Fluchttunnel verraten. Und das, wo sie sich in vielen Bereichen doch so ähnlich waren! Sie war die erste Frau gewesen, für die er so etwas wie Zuneigung empfunden hatte. Friedrich wusste, er würde erst ruhen, wenn er sie wieder in den Armen hielt. Nächtelang malte er sich aus, was er dann mit ihr anstellen würde.
    Wo bist du, Agnes? Wo?
    Alle Boten, die er bislang ausgesandt hatte, waren mit leeren Händen heimgekehrt. Sie hatten weder Agnes noch den Barden aufspüren können.
    »Na ja, vielleicht hast du Glück und musst deine Burg auch gar nicht mehr selbst einnehmen«, riss ihn der Wortschwall seines Vaters plötzlich aus seinen Gedanken. Der Alte stand direkt neben ihm und schaute hinaus in die von der Hitze glühende Landschaft. »Wie ich höre, jagt der Pfälzer Kurfürst die Bauern wie die Hasen. Es wird nicht mehr lange dauern, dann hat dieser Spuk endlich ein Ende.« Er nickte grimmig. »Ich gedenke, auch in meinen Gebieten eine Strafaktion durchzuführen. In jedem Kaff findet sich mindestens ein Aufrührer, den es zu hängen gilt. Man muss die Wunden ausbrennen, bevor sie zu schwären beginnen.« Ludwig von Löwenstein-Scharfeneck brach ab und schien nachzudenken. Schließlich sah er seinen Sohn lauernd an. »Warum eigentlich nicht? Sag, traust du dir das zu?«
    »Was … was meinst du?«, erwiderte Friedrich irritiert. Er war eben dabei gewesen, wieder in seine düstere Gedankenwelt abzugleiten.
    »Nun, ich brauche einen harten Hund, der dieses Strafkommando anführt. Einen, der vor nichts zurückschreckt und der auch kein Mitleid kennt, wenn die Kinder jammern, weil der Vater mit heraushängender blauer Zunge an der Dorflinde baumelt. Außerdem will ich den Zins noch einmal anheben. Da wird’s schwer, aus den störrischen Torfköpfen noch etwas rauszupressen.« Der alte Graf musterte seinen Sohn. »Das würde dich zumindest ablenken, und du könntest beweisen, was in dir steckt.« Plötzlich lächelte er, dass zwischen seinen Lippen die schwarzen Stumpen zu sehen waren. »Weißt du was? Wenn du mir hilfst, sollst du deine Männer haben. Du nimmst dir die fünfzig Mann, die ich ohnehin für das Strafkommando abgestellt hätte, und holst dir deine gottverdammte Ruine zurück. Na, was sagst du dazu?«
    Friedrich von Scharfeneck schwieg eine Weile, während er einem weiteren Falken beim Flug zusah. Noch immer pochte dieser eine Name an sein Hirn, immer und immer wieder.
    Agnes, Agnes, Agnes …
    Wenn er nicht verrückt vor Hass werden wollte, würde es schon bald nicht mehr ausreichen, Vögel und Feldhasen zu töten. Friedrich erinnerte sich an die Augen des Trifelser Kämmerers, kurz bevor sie brachen. Dieser Blick hatte ihm so etwas wie … Ruhe gebracht, zumindest zeitweise. Und Ruhe war das, was er zurzeit am meisten ersehnte.
    Erst dann würde er sich wieder um seine Träume kümmern können.
    »Warum nicht?«, sagte er schließlich betont gelassen. »Ein wenig Abwechslung kann wirklich nicht schaden.« Er blickte seinen Vater abschätzig an. »Und du gibst mir wirklich die Landsknechte, um danach Scharfenberg und den Trifels zu

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