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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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mich zu erinnern. Aber das ist auch schon alles. Ich kann dir nichts versprechen.«
    »Danke. Mehr verlange ich auch nicht.« Mathis setzte ein bubenhaftes Lächeln auf und strich ihr durchs Haar, das wie so oft zerzaust war. »Denk immer daran, ich liebe dich, Agnes. Nicht die sagenumwobene Staufererbin, sondern das sturköpfige Mädchen, mit dem ich einst im Burgkeller Verstecken gespielt habe.«
    Er drückte ihre Hand, und sie spürte, wie ihr warme Tränen über die Wangen liefen.
    Sosehr Agnes es auch gehofft hatte, die Träume kamen auch in den nächsten beiden Nächten nicht wieder. Sie schlief tief und fest, und tagsüber befiel sie eine seltsame Unruhe, je mehr sie sich dem Trifels näherten. Sie wusste, dass es gefährlich war, den Ort aufzusuchen, wo vermutlich ihr rachsüchtiger Gatte noch immer auf Vergeltung sann. Auf der anderen Seite zog sie die Burg magisch an. Als sie die Domstadt Speyer anliefen und damit nur noch knapp dreißig Meilen von Annweiler entfernt waren, wusste Agnes, dass sie sich entscheiden musste.
    Zusammen mit Mathis saß sie schweigend unten an der Mole des Flusshafens und blickte auf die Silhouette der Stadt, die von den Türmen des Doms überragt wurde. Melchior war in der Zwischenzeit unterwegs, um in einem der Wirtshäuser Proviant zu besorgen. So nahe am Trifels und damit im Einflussgebiet der Scharfenecks hielten sie es alle drei für zu gefährlich, sich in den Gassen länger als nötig blicken zu lassen.
    »Ich habe in den letzten Tagen viel über uns beide nach­gedacht«, sagte Mathis schließlich. Er knetete seine Hände und starrte hinab ins schwarze, stinkende Becken des Flusshafens.
    »Und?«, hakte Agnes nach. »Zu was für einem Schluss bist du gekommen?«
    Wieder herrschte Schweigen, und erst jetzt fiel Agnes auf, wie still es in dem sonst so belebten Hafenviertel war. Sie musste an ihren letzten Besuch in Speyer denken, vor knapp einem Jahr mit ihrem Vater. Damals war das Selbstbewusstsein der Bürgerschaft beinahe mit den Händen zu greifen gewesen. Nun herrschte eine gedrückte Stimmung; die an ihnen vorbeieilenden Menschen gingen geduckt, so als befürchteten sie, schon im nächsten Augenblick von den Schergen des Pfälzer Kurfürsten oder des Bischofs abgeführt zu werden.
    »Selbst wenn wir die Heilige Lanze nicht finden sollten, muss ich zurück zum Trifels«, fuhr Mathis endlich seufzend fort. »In der Gegend werde ich nicht bleiben können, nicht, solange ich noch als Aufrührer gesucht werde. Aber ich muss wenigstens ein letztes Mal meine Mutter und meine Schwester sehen. Falls sie überhaupt noch leben«, fügte er düster hinzu. Abwartend sah er hinüber zu Agnes. Plötzlich sah er wieder aus wie der kleine, immer ein wenig unsicher wirkende Bub, den sie als Kind so liebgehabt hatte.
    »Würdest du mich begleiten?«, fragte er schließlich. »Wenn das erledigt ist, dann … dann können wir hingehen, wo immer du willst. Versprochen!«
    Agnes biss die Lippen aufeinander. Noch immer war sie ratlos, wohin sie sich nach dieser aufregenden Zeit, in der sie so viel verloren und so viel gewonnen hatte, wenden sollte. Ihre einzige Heimat war der Trifels, doch der war ihr für immer versperrt, und anders als Mathis und auch Melchior hatte sie nichts gelernt, womit sie sich anderswo ihr Brot verdienen konnte.
    Außer das Heilen , dachte sie. Wenigstens hat mir Pater Tristan das Heilen beigebracht.
    »Ich weiß nicht, Mathis. Es ist für uns beide sehr gefährlich zurückzukehren«, begann sie. »Ich habe keine Familie, von der ich mich verabschieden muss. Vielleicht sollte ich besser hier auf dich warten …«
    »Und dann verschwindest du wieder spurlos, und ich muss dich monatelang suchen?« Mathis lächelte. »Das halte ich für keinen so guten Gedanken.«
    Am Ende des Kais tauchte nun Melchior von Tanningen auf, in den Händen ein paar dampfende Pasteten und einen Krug sauren Weins.
    »Ich habe mich ein wenig in der Stadt umgehört«, sagte er kauend, als er bei ihnen anlangte. Mit einer angedeuteten Verbeugung reichte er Agnes eine der appetitlich duftenden Teigtaschen. »Die Gegend rund um Annweiler ist eines der letzten Widerstandsnester der Pfälzer Bauern. Offenbar regiert dort noch immer unser alter Freund, der Schäfer-Jockel.«
    »Und der Trifels?«, fragte Agnes, die vor Aufregung ganz das Essen vergaß. »Was ist mit dem Trifels?«
    »Der ist Jockels Räuberhöhle. Er führt dort ein strenges Regiment. Wohl auch deshalb wagen die Bauern nicht

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