Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
Vom Netzwerk:
anstelle?«, fuhr der Jockel nun mit ruhigerer Stimme fort. »Ich weiß, es gibt einige von euch, die wollen aufgeben. Sie glauben nicht daran, dass der Sieg in greifbarer Nähe ist. Aber ihr wisst, ich habe nach Truppen schicken lassen. Es kann nicht mehr lange dauern! Schon bald werden uns Bauernhaufen aus der ganzen Pfalz, ja aus dem ganzen Reich zu Hilfe eilen. Dies ist der Trifels, das Zentrum des Heiligen Römischen Reiches! Von hier aus werden wir aufbrechen zur letzten Schlacht, um diesen Krieg doch noch zu gewinnen!«
    »Verloren …«, stöhnte Mathis.
    Der Jockel sah ihn verdutzt an. » Was sagst du da?«
    »Der Krieg … er ist … verloren.«
    Eine Weile schien es dem Bauernführer die Sprache verschlagen zu haben. Doch schließlich schlug er wie ein Wahnsinniger auf Mathis ein.
    »Verfluchter Verräter!«, geiferte er. »Säst Lügen und Zwietracht! Schon damals hab ich dir misstraut, und ich habe recht behalten. Immer schon warst du auf Seiten der Herren! Dieses Flittchen hat dich verdorben! Du verrätst mir jetzt auf der Stelle, was der Graf dort draußen vorhat, sonst …«
    »Ich … weiß … es nicht«, brachte Mathis keuchend hervor. »Bei Gott, ich weiß es wirklich nicht.« Jockels Schläge hatten ihn im Gesicht, im Magen und in den Lenden getroffen. Der Schmerz war so heftig, dass er kurz davor war, ohnmächtig zu werden.
    »Der Schwur eines Verräters, pah!« Der Jockel sah sich nach etwa einem Dutzend Bauern um, die mit einer Mischung aus Furcht und Unterwürfigkeit auf das Schauspiel vor ihnen starrten. »Natürlich weiß er es. Und ich weiß, wie wir es aus ihm herauspressen können.« Er lächelte böse. »Bringt die beiden her! Wir wollen doch ein hübsches Wiedersehen feiern.«
    Einige der Bauern eilten nach draußen und kamen schon bald mit zwei zitternden Gestalten zurück, deren Köpfe von Tüchern verhüllt waren. Jockel riss die Fetzen zur Seite, und Mathis stöhnte laut auf.
    Es waren seine Mutter und seine kleine neunjährige Schwester Marie.
    Die beiden schienen wohlauf, wenn auch Martha Wielenbachs Gesicht blaue Flecken zeigte. Rock und Bluse waren zerrissen, so als hätte jemand an ihren Kleidern gezerrt. Maries Gesicht war von Tränen und Rotz rot und geschwollen. Sie sah aus, als hätte sie stundenlang geweint.
    »Mathis!«, schluchzte seine Mutter. »Mein Mathis! Du lebst! Aber um Gottes willen, warum …«
    »Halt’s Maul, Weib!«, blaffte der Jockel. »Bis jetzt haben wir euch beide gut behandelt. Jedenfalls so gut, wie man mit der Familie eines Verräters eben verfährt. Ihr habt zu essen und trinken bekommen und eurer schmutzigen Arbeit nachgehen dürfen. Doch damit könnte jetzt Schluss sein …«
    Er machte eine Pause und zwinkerte Mathis zu.
    »Du warst schon immer ein verstockter Hund, Mathis«, fuhr er beinahe freundlich fort. »Schlau und verstockt. Wieso soll ich dir also Schmerzen zufügen, wenn du dann doch nur schweigst oder mich anlügst. Da weiß ich etwas Besseres.« Er ging auf die wimmernde kleine Marie zu und fuhr ihr durchs verfilzte Haar. »Bis morgen gebe ich dir Zeit, deine Meinung zu ändern, Mathis. Wenn du dann immer noch so verbohrt bist, hänge ich deine kleine Schwester an die Zinnen des Pa­las bis sie blau und schwarz wird. Und dann ist deine Mutter dran, und du darfst zusehen, wie sie langsam erstickt.« Mitleidig blickte er auf die laut aufschreiende Martha Wielenbach, die ihr Gesicht in den Händen verbarg. »Der Krieg erfor­dert leider manchmal grausame Mittel«, predigte der Jockel im monotonen Singsang. »Doch wer das Paradies auf Erden erreichen will, der muss gelegentlich durch die Hölle schreiten.« Er setzte sich wieder auf seinen Thron und schnippte mit dem Finger.
    »Und nun führt den Burschen endlich ab. Mir wird speiübel von seinem Anblick.«
    Tief unten im Bergfried kauerte Agnes und starrte in die Dunkelheit. Das Zittern, das sie seit ihrer Gefangennahme immer wieder überkommen hatte, war mittlerweile schwächer geworden, doch noch immer ging ihr Atem schnell und unregelmäßig. Sie hatte versucht zu weinen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sollte das hier das Ende sein? Hatte sie diese ganze lange Reise auf sich genommen, nur um am Ende im Kerker ihrer eigenen Burg zu verschmachten?
    Lebendig begraben wie Constanza , fuhr es ihr durch den Kopf. Warum bin ich nur hierhergekommen!
    Um sich abzulenken, massierte Agnes ihre Gelenke und die Stellen, wo ihre Füße gefesselt waren. Die Glieder taten ihr weh, nachdem sie

Weitere Kostenlose Bücher