Die Burg der Könige
würde der Bucklige mit einem anderen Schmerz zu zahlen haben.
Die Gabel hackte nach ein paar weiteren der fasrigen Fleischbrocken. Friedrich von Scharfenberg schob sich einen Happen in den Mund und begann mahlend zu kauen. Vielleicht gelang es ihm ja, einen Teil der Landsknechte als Söldner auf dem Trifels zu behalten. Von dort aus würde er dann ein Strafkommando in die Gegend schicken, von dem die Bauern noch lange berichten würden. Nie wieder würden sie sich gegen ihre Herren erheben, nie wieder …
»Exzellenz, verzeiht die Störung.«
Verärgert blickte der Graf von seinem Essen auf und sah einen seiner Stellvertreter am Eingang des Zeltes stehen. Der Mann mit der wulstigen Narbe im Gesicht war ihm in den letzten Wochen ein guter Bluthund gewesen, doch nun funkelte so etwas wie Furcht in seinen Augen.
»Was gibt es?«, fragte Friedrich schroff.
»Ihr habt Besuch, Exzellenz. Ein Gast.«
»Ich hatte nicht vor, heute Gäste zu empfangen. Da müsste der Mann schon vom Kaiser persönlich kommen.«
Der Landsknecht räusperte sich. »Eben das ist es«, erwiderte er stockend. »Er kommt vom Kaiser persönlich. Brief und Siegel belegen es. Ich denke, Ihr … Ihr solltet ihn empfangen.«
»Wie kannst du es wagen, mir …«
In diesem Augenblick schob sich eine Gestalt an der Wache vorbei und betrat das Zelt. Mit einer leichten Verbeugung blieb der Mann schließlich vor dem Grafen stehen. Als Friedrich ihn erkannte, wusste er zunächst nicht, ob er ihn sofort rädern lassen oder demütig begrüßen sollte.
Friedrich von Scharfeneck war vielleicht ein wenig verrückt, aber er war nicht dumm.
Also entschied er sich für Letzteres.
Mathis wachte auf durch einen Tritt und einen Schwall kalten Wassers. Sein Kopf dröhnte noch immer von dem Schlag, den ihm einer der Bauern hinterrücks verpasst hatte. Mühsam versuchte er die Augen zu öffnen, doch sie waren verklebt. Er brauchte einen Moment, um zu merken, dass es sein eigenes eingetrocknetes Blut war.
Mit einem leisen Stöhnen fuhr er sich über das geschwollene Gesicht. Wenigstens schaffte er es jetzt, durch schmale Schlitze hindurch zu sehen, wo er sich befand. Offenbar war er im Trifelser Rittersaal, der mit stinkendem Reisig ausgelegt war. Vage erkannte er im Licht einiger Fackeln und Feuerkörbe etwa ein Dutzend Bauern, die im Kreis um ihn herumstanden und auf ihn herabstarrten. Agnes war nirgends zu entdecken, auch Melchior von Tanningen nicht. Es war dem Barden wohl gelungen, im Wald zu verschwinden.
Im Hintergrund, in der Nähe des qualmenden Kamins, lümmelte jemand auf einem aus Weidenzweigen geflochtenen Stuhl, doch der Mann war zu weit entfernt, um ihn zu erkennen. Mathis versuchte sich aufzurichten, sank aber sofort wieder zusammen.
Wo ist Agnes? Wo …?
»Helft diesem Hund auf die Beine und schafft ihn zu mir her, damit ich sein verräterisches Antlitz sehen kann.«
Als Mathis die schneidende Stimme hörte, wusste er sofort, wer der Mann auf dem Stuhl war. Zwei Bauern packten ihn und zerrten ihn vor den Thron aus Fell und Weidenzweigen, in dem mit übergeschlagenen Beinen der Schäfer-Jockel saß.
»Schau an, schau an, so sieht man sich wieder«, sagte der Bauernführer und betrachtete nachdenklich seine schmutzigen Fingernägel. »Hast wohl Heimweh bekommen, was?« Erst jetzt blickte er Mathis in die blutunterlaufenen Augen. »Was hat dir der Graf gezahlt, damit du ihm irgendwelche geheimen Gänge in die Burg zeigst, hä?«
»Wo … ist … Agnes?«, keuchte Mathis, ohne auf Jockels Frage einzugehen. Ein Blick aus einem der Fenster zeigte ihm, dass es noch immer stockdunkle Nacht war. Jenseits der Mauer leuchteten die Lagerfeuer der Belagerer.
Der Schäfer-Jockel zog die Augenbrauen hoch. »Das Grafenflittchen? Hab ich bereits in den Kerker im Bergfried werfen lassen. Dort wirst du auch landen, während ich mir überlege, was ich mit dir noch alles anstellen werde. Du Verräter !« Er war nun aufgesprungen und deutete mit dem Finger auf den vornübergebeugten Mathis, der weiterhin von den beiden Bauern gehalten werden musste. »Dieser Mann hat uns verlassen, um sich dem Feind anzuschließen!«, schrie er. »Er hat Dutzende von euch getötet, und nun ist er zurückgekommen, um dem Grafen zu verraten, wie man in die Burg kommt!«
»Aber … das ist nicht … wahr … das …«, begann Mathis stockend, doch der Schäfer-Jockel verpasste ihm einen Tritt in den Bauch, so dass er stöhnend zusammensackte.
»Seht ihr, was ich mit Verrätern
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