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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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jetzt ist es zu spät.«
    »Wenigstens sind wir zusammen«, sagte Agnes leise und streichelte über sein blut- und dreckverkrustetes Haar. »Es hat wohl so sein müssen. Es war der Trifels, weißt du? Er hat mich gerufen.«
    »Was … was sagst du da?«
    »Ich habe wieder von ihm geträumt, Mathis. Von ihm und Constanza. Kurz bevor mich die Bauern fanden. Euer Plan ist tatsächlich aufgegangen.« Mit leisen Worten erzählte sie Mathis von ihrem Traum, von der eingemauerten Constanza und dem seltsamen Satz, den sie seitdem nicht mehr vergessen konnte.
    »Der Ort, an dem alle Feindschaft endet«, murmelte sie schließlich. »Was hat Constanza damit wohl gemeint?«
    Mathis hustete ein weiteres Mal. »Egal, was es ist, wir werden es nicht mehr herausfinden, jedenfalls nicht in diesem Leben.«
    »Du vergisst, dass mein verhasster Gatte vor den Toren der Burg steht«, warf Agnes ein. »Er mag mich vielleicht nicht gerade innig lieben, aber wenn wir noch ein wenig hier ausharren, dann …«
    »Agnes, hör mir zu!« Mühsam richtete sich Mathis auf. »Dort oben sind meine Mutter und meine Schwester. Der Jockel droht, sie hinzurichten, wenn ich ihm nicht erzähle, was dein Mann vorhat. Er glaubt, ich weiß von irgendeinem versteckten Tunnel. Aber ich weiß nichts! Es … es tut mir unendlich leid, dass ich uns in diese Lage gebracht habe. Glaub mir, mein eigenes Leben ist mir egal, aber nicht das meiner Familie!« Er sah sie bittend aus seinen zugeschwollenen Augen an. »Du magst mich verfluchen, Agnes. Aber wenn du irgendetwas weißt, einen zweiten Fluchttunnel vielleicht, ein verstecktes Ausfalltor, irgendein verdammtes Mauseloch … dann sag es mir jetzt, meiner Mutter und meiner Schwester zuliebe!«
    »Bei Gott, ich wünschte, ich könnte ihnen helfen, aber ich weiß von keinem weiteren Ausgang.« Agnes’ Blick ging ins Leere. Wieder fühlte sie sich einer Ohnmacht nahe. »Alles, was ich weiß, ist, dass Constanza irgendwo im Trifels lebendig begraben wurde.« Sie zögerte. »Und so seltsam es klingt, ich spüre, dass es nicht weit von hier sein kann.«
    Mathis lachte verzweifelt. »Was für ein Trost! Eingekerkert, ganz nahe an dem Ort, an dem deine Vorfahrin …«
    Plötzlich stockte er, als hätte ihn der Schlag getroffen. Stöhnend richtete er sich auf und schleppte sich auf Knien zur westlichen Kerkerwand. Sofort begann er dort wild im Stroh zu wühlen.
    »Was … was machst du da?«, fragte Agnes.
    »Ich suche etwas. Etwas, das ich hier bei meinem letzten Aufenthalt entdeckt und seitdem völlig vergessen hatte.« Ohne weitere Erklärung fuhr er damit fort, Boden und Wand abzutasten. Endlich hielt er inne. »Ha, hier ist es!«
    Mathis hatte das Stroh zur Seite geräumt und deutete nun auf eine bestimmte Stelle an der Wand. Als er dagegenklopfte, klang der Stein verdächtig hohl.
    »Eine Platte ist hier eingelassen worden!«, erklärte er aufgeregt. »Und wenn ich mich recht erinnere, gab es auch eine lateinische Inschrift.« Er tastete danach, schließlich nickte er befriedigt. »Hier ist sie.«
    Mit bebendem Herzen ging Agnes auf die Wand zu und kniete sich davor. Noch immer war es stockdunkel. Sanft ergriff Mathis ihre Hand und führte sie, bis sie eine Gravur im Stein erspürte. Nachdem Agnes ein paarmal mit den Fingern darübergefahren war, glaubte sie die Inschrift lesen zu können.
    Albertus faciebat leones expulsos esse …
    »Albertus machte, dass die Löwen verbannt wurden«, murmelte sie. »Was in Gottes Namen soll das bedeuten?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass hier eine Platte in die Kerkerwand gemauert wurde und dass es dahinter vermutlich weitergeht.« Mathis klopfte erneut gegen den dünnen Stein. Die Aufregung ließ ihn seine Schmerzen offenbar kurzzeitig vergessen. »Als du vorhin gesagt hast, Constanza sei hier irgendwo in der Nähe lebendig begraben worden, ist es mir wieder eingefallen. Ich wollte die Platte mit Schießpulver sprengen, weißt du nicht mehr? Warum sind wir nicht schon eher darauf gekommen! Dies ist der Trifelser Kerker. Schon Barbarossas Sohn Heinrich hat hier seine Gefangenen ein­gekerkert! Vermutlich führt von hier ein Gang zu einer weiteren Kammer.«
    »Albertus faciebat leones expulsos esse« , sprach Agnes noch einmal leise die Inschrift nach. Sie zuckte mit den Schultern. »Dieses ›faciebat‹ steht oft auf Denkmälern, damit man weiß, wer der Erbauer war. Vielleicht hat sich ja irgendein Steinmetz hier verewigt oder …« Agnes hielt inne, als habe sie der

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