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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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von hungernden Bauern Abgaben fordern musste und nur noch von seinen Erinnerungen zehrte.
    Als Philipp von Erfenstein sich zu ihnen umwandte, meinte Agnes zu sehen, dass das Gespräch mit dem herzoglichen Verwalter nicht glücklich verlaufen war. Der Burgvogt wirkte vergrämt. Seit einigen Jahren schon gruben sich die Falten immer tiefer in sein vom Alkohol aufgedunsenes Gesicht, und heute schienen wieder einige neue hinzugekommen zu sein.
    »Ah, Agnes«, brummte er. »Gute Neuigkeiten, Rupprecht von Lohingen lässt mit sich reden. Wenigstens einen Teil der Zahlungen will er aussetzen lassen. Wir werden dieses eine Mal also dem Teufel noch von der Schippe springen können.«
    »Das freut mich.« Agnes runzelte die Stirn. »Aber irgendetwas ist doch, Vater? Sonst würdest du nicht ein solches Gesicht machen.«
    »Das … das erzähl ich dir ein andermal.«
    Düster schaute Erfenstein ins Leere. Mathis, der direkt neben Agnes stand, schien er noch gar nicht wahrgenommen zu haben. Nach einer Weile richtete der Burgvogt den Blick auf seine Tochter und betrachtete sie missmutig.
    »Ich hab dir doch schon hundertmal gesagt, dass ich nichts davon halte, wenn Frauen Beinlinge tragen!«, schimpfte er plötzlich. »Das gehört sich nicht für Damen von höherem Stand.« Er runzelte die Stirn. »Bist du so vielleicht ausgeritten? Gib’s zu! Was sollen die Leute denken, wenn sie dich so sehen?«
    »Vater«, begann Agnes zaghaft, »der Mathis und ich, wir haben dir was zu beichten.«
    »Aha.« Philipp von Erfenstein lächelte müde. Erst jetzt schien er den Schmiedgesellen wahrzunehmen, der noch immer schweigend neben seiner Tochter ausharrte. »Ihr zwei wart wohl zusammen mit Taramis in den Wäldern. Gut, dass du es mir sagst. Ich hätte es ohnehin herausgefunden.«
    Agnes schüttelte den Kopf. »Das … das ist es nicht, Vater. Aber vielleicht sollten wir besser in den Rittersaal gehen.« Sie sah sich auf dem Burghof um, wo Margarethe und Hedwig soeben die Gänse fütterten und neugierig zu ihnen herüberstarrten. »Es muss ja nicht gleich jeder erfahren«, fügte sie leise hinzu.
    Philipp von Erfenstein machte ein verächtliches Geräusch und fuhr fort, den kläffenden Hunden Fleisch hinzuwerfen. »Auf dem Trifels gibt es keine Geheimnisse, merk dir das! Jedenfalls keine, die eine Tochter nicht ihrem Vater laut mitteilen könnte. Wer, glaubst du, dass du bist? Die Frau des Kaisers? Also red schon, oder lass es bleiben.«
    »Also gut.« Agnes fasste Mathis fest an der Hand. »Der … der Mathis hat eine Arkebuse aus deiner Rüstkammer genommen, und jetzt wird er auch noch vom Stadtvogt als Aufrührer gesucht.«
    Die Schüssel mit den Fleischbrocken entglitt Erfensteins Händen und fiel auf den Boden, wo sich sogleich die Hunde darüber hermachten. Mit großen Augen starrte der Burgvogt Mathis an. »Er wird was ?«
    »Es … es war ein Versehen«, begann Mathis umständlich. »Also nicht das mit der Arkebuse, aber das mit dem Schäfer-Jockel. Ich war nur so … so böse auf all die anderen breitarschigen Ratsmitglieder, und da ist es einfach mit mir durchgegangen …«
    Agnes seufzte und trat ihrem Freund auf die Zehen. Wenn Mathis so weitermachte, redete er sich wirklich um Kopf und Kragen.
    »Vielleicht ist es besser, wenn ich erzähle«, sagte sie leise.
    Philipp von Erfensteins Blick wechselte hin und her zwischen Zorn und Ratlosigkeit. Die Bracken sprangen an ihm hoch, doch er schob sie mit einer ungeduldigen Handbewegung zur Seite.
    »Ja, vielleicht ist das wirklich besser«, erwiderte er knapp. »Bevor ich meine Hunde auf diesen Bastard hetze. Aber macht schnell, die Viecher haben Hunger.«
    Agnes schloss kurz die Augen und sprach ein lautloses Gebet, dann begann sie ihrem Vater zu berichten, angefangen bei der entwendeten Arkebuse bis hin zu Mathis’ Flucht aus Annweiler. Nur ihre Begegnungen mit Martin von Heidelsheim ließ sie weg. Es war sicherlich nicht der beste Zeitpunkt, um den Vater auf dessen Absicht, sie mit dem Kämmerer zu verheiraten, anzusprechen.
    Als sie geendet hatte, herrschte für eine Weile absolute Stille. Nur die Gänse schnatterten, während Margarethe immer wieder neugierig herüberlinste. Doch die Zofe war zu weit weg, um etwas verstehen zu können. Mit klopfendem Herzen beobachtete Agnes ihren Vater, in dem es sichtlich arbeitete. Man konnte bei Philipp von Erfenstein nie wissen, wie er reagieren würde. Seitdem er mehr und mehr trank, waren seine Wutausbrüche immer heftiger geworden.

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