Die Burg der Könige
nur für einen Teil. Das ist deine letzte Chance! Ich hoffe sehr, dass du schon bald den Permiss erhältst, um diesem Schwein von Wertingen endgültig den Garaus zu machen.« Er zwinkerte Erfenstein zu. »Wie in alten Zeiten, nicht wahr, Philipp?«
Der Ritter nickte, während ihm die Galle hochstieg. Wie in alten Zeiten , dachte er. Du sitzt dir hier den Arsch breit, während ich die Drecksarbeit mache.
Er schloss die Augen und atmete tief durch. Eigentlich konnte er zufrieden sein, er hatte zumindest teilweise erreicht, was er wollte. Doch seltsamerweise erfüllte ihn das nicht mit Genugtuung. Gedankenverloren blickte Erfenstein auf die Hand, die vom harten Griff des Grafen noch immer schmerzte.
Ihm war, als hätte er sich verbrannt.
Später, als der Trifelser Burgvogt gegangen war, saßen Lohingen und der junge Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck noch eine Weile zusammen und nippten schweigend an ihren Weinpokalen. Vom Anbau her erklang das Gelächter von Scharfenecks Landsknechten, der Duft nach gebratenem Spanferkel drang durch die Fenster herein. Das Schwein war ein Teil der kärglichen Pachteinnahmen gewesen, die die Bauern dem herzoglichen Verwalter erst gestern geliefert hatten.
»Traurig, wirklich traurig, was aus dem guten Philipp geworden ist«, murmelte Rupprecht von Lohingen und goss sich erneut ein. »Obwohl damals noch sehr jung, war er einer unserer besten Kämpfer in Guinegate. Ein tollkühner Haudegen, furchtlos und zu allem entschlossen. Ihr wisst, dass er Kaiser Maximilian damals das Leben rettete? Hat sich wie ein wild gewordener Hund vor ihn geworfen, ein abgewehrter Lanzenhieb hat ihn dann leider das Auge gekostet.«
Als keine Antwort kam, seufzte Lohingen schwer. »Nun ja, Kämpfen und Verwalten ist eben nicht das Gleiche. Ich fürchte, der Herzog wird sich schon bald nach einem anderen Vogt umsehen müssen.«
»Das sehe ich ebenso«, erwiderte Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck lächelnd.
»Augenblick mal …« Lohingen beugte sich neugierig über den Tisch und musterte seinen Gast scharf. »Ich nehme nicht an, Eure Entscheidung, die Ihr mir vor Philipps Besuch mitgeteilt habt, hat auch nur im Geringsten etwas damit zu tun, oder? Allein, dass Ihr Philipp unter die Arme greift …« Er grinste, als würde er erst jetzt einen Witz begreifen. »Ach, sieh an, und ich dachte, es wäre ein Akt christlicher Nächstenliebe.«
»Das Christentum wollen wir den Pfaffen überlassen, nicht wahr? Wir sollten uns eher um die Politik kümmern.« Starren Blicks sah der junge Graf aus dem Fenster, schließlich wandte er sich wieder dem Verwalter zu. »Da ist noch etwas, Lohingen. Ich habe erst kürzlich einen Brief bekommen, der mir zu denken gibt. Ich wüsste gerne, was Ihr davon haltet.«
Lohingen lächelte und nahm einen weiteren Schluck Wein. »Von wem ist der Brief denn? Etwa vom Speyerer Bischof, weil Ihr nicht regelmäßig die Messe besucht?«
»Nun, der Brief kam von weitaus höherer Stelle. Er war vom Kaiser höchstpersönlich unterschrieben und versiegelt.«
»Vom Kaiser ?« Lohingen verschluckte sich hustend, rote Weinperlen benetzten seinen teuren Pelz. Erst nach einer Weile hatte er sich wieder gefasst. »Der Kaiser regiert irgendwo in den spanischen Landen. Vermutlich kennt er diese Gegend hier nicht mal. Was also kann er von Euch wollen?«
»Nun, das ist es ja. Seine Bitte ist … höchst ungewöhnlich.«
Scharfeneck senkte seine Stimme und teilte Rupprecht von Lohingen die Bitte des Kaisers mit. Als der Graf geendet hatte, lehnte sich der herzogliche Verwalter zurück und strich sich nachdenklich den Bart.
»Ihr habt recht. Diese Bitte ist wirklich ungewöhnlich. Wenn Ihr mich fragt, solltet Ihr auf alle Fälle wachsam sein.«
Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck lächelte schmal. »Worauf Ihr Euch verlassen könnt.«
***
Mit bangem Herzen warteten Agnes und Mathis auf Philipp von Erfenstein. Endlich, am frühen Abend, trafen sie den Vogt im oberen Burghof an, wo er eben erst abgesattelt hatte und nun einer Meute kläffender Bracken einige größere Fleischbrocken zuwarf. Leise und zutraulich redete er mit den Hunden, ganz so, als wären sie seine Kinder.
Unwillkürlich musste Agnes lächeln. In solchen Augenblicken wirkte ihr Vater ruhig und ausgeglichen. Bei der Jagd, oder früher auch bei Turnieren, blühte er sichtlich auf. Das war das alte Leben, das er kannte und liebte. Das Leben eines Ritters, nichts das eines verarmten, versoffenen Burgvogts, der
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