Die Burg
raunte der ihm ins Ohr. Toppe nickte nur und bereitete sich innerlich auf seine eigene Aufgabe vor. Die Worte des Landrats rauschten an ihm vorbei. «… möchte ich allen Helfern danken, die so schnell und reibungslos gearbeitet und unseren Plan für den Massenanfall Schwerverletzter so vorbildlich und professionell umgesetzt haben … Ich möchte darauf hinweisen, dass der Ablauf der Veranstaltung in engster Zusammenarbeit mit den Kreisbehörden abgesprochen wurde und dass ausnahmslos alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten worden sind … eine Sonderkommission gebildet, unter der Leitung von Hauptkommissar Toppe, der mein vollstes Vertrauen hat. Ich bin überzeugt, dass die Ermittlungsarbeit in den besten Händen ist.»
Toppe schaute in die Runde. «Bei der Explosion sind drei Menschen ums Leben gekommen», begann er. «Weitere achtundsechzig Personen wurden verletzt, zehn davon schwer.» Seine Stimme war fest, er hatte sich wieder im Griff. «Inzwischen konnten alle Opfer identifiziert werden, da es sich größtenteils um ortsansässige Personen handelt. Wir haben im Kreishaus eine Anlaufstelle für die Angehörigen eingerichtet, an die auch Sie sich wenden können, wenn Sie nähere Informationen benötigen.» Er sah auf seine Hände. «In den ersten Minuten nach der Explosion konnte selbstverständlich nicht verhindert werden, dass zahlreiche Zeugen den Unfallort verlassen haben. Es ist möglich, sogar wahrscheinlich, dass einige durch das Ereignis traumatisiert sind, und ich möchte diese Menschen oder ihre Angehörigen bitten, sich mit der Opferhilfe der Polizei in Verbindung zu setzen. Die Beamten sind Tag und Nacht erreichbar. Unser Pressesprecher wird Ihnen nach dieser Konferenz die Telefonnummern geben, die Sie dann bitte veröffentlichen.»
Die Reporter wurden unruhig. «Nach unserer Schätzung», fuhr Toppe fort, «waren bei der Veranstaltung über fünfhundert Zuschauer anwesend, und es ist anzunehmen, dass unter ihnen wichtige Zeugen sind, die Angaben zum Tathergang und zu möglichen Tätern machen können. Ich bitte all jene, die Auffälliges oder Ungewöhnliches beobachtet haben, sich bei unserer Soko zu melden. Und nun zu Ihren Fragen …»
Er nickte dem Pressesprecher zu, der das Stimmengewirr, das sofort einsetzte, zum Verstummen brachte, indem er in die Hände klatschte. «Einer nach dem anderen, bitte, und in der Reihenfolge der Wortmeldungen. Ich schlage vor, dass wir zunächst einige Fragen sammeln. Bitte sehr, der Herr in der dritten Reihe.»
Ein wahres Wortgewitter brach los. Toppe wunderte sich über die kaum verhohlene Aggressivität, die ihnen entgegenschlug.
«Kann man eine Verbindung zum internationalen Terrorismus ausschließen?»
«Herr Landrat, können Sie es im Nachhinein verantworten, eine Veranstaltung mit einer derartigen Gefahr für die Bevölkerung genehmigt zu haben?»
«Auch meine Frage geht an den Landrat: Sind Sie nicht der Ansicht, dass die Sicherheitsvorkehrungen bei der Veranstaltung – wohlwollend formuliert – höchst lückenhaft waren?»
«Bomben sind in unserer Stadt wahrlich nicht ungewöhnlich.» Toppe kannte den Reporter, er war von der «Niederrhein Post». «Fast bei jedem Bauvorhaben tauchen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg auf. Ist es nicht wahrscheinlich, dass durch die Knallerei der Engländer eine bisher unentdeckte Fliegerbombe hochgegangen ist?»
«Ja», sprang ihm jemand aus den hinteren Rängen zur Seite, «warum sitzt eigentlich keiner von der Worcester Militia bei Ihnen auf dem Podium?»
«Sehr richtig, die wahren Verantwortlichen …»
«Augenblick mal!», ging Toppe entschieden dazwischen. «Keine vorschnellen Schlüsse bitte! Die Militia ist selbst Opfer und keinesfalls Täter. Sie arbeitet ausschließlich mit Schwarzpulver, das in der Dosierung, in der es auf der Veranstaltung eingesetzt worden ist, völlig ungefährlich war und mit Sicherheit keinen Blindgänger hat zünden können.»
Er ignorierte das allgemeine Raunen. «Nach erster Auskunft der Sprengstoffexperten wurde die Explosion durch eine ferngezündete Bombe ausgelöst, die unter der Ehrentribüne angebracht worden war.»
Stille – schließlich der Reporter in der dritten Reihe: «Dann komme ich zurück zu meiner Frage: Gibt es eine Verbindung zum internationalen Terrorismus?»
Zwanzig Minuten später war der Spuk vorbei.
Toppe hatte die erste Besprechung der Sonderkommission so knapp wie möglich gehalten. Sie wussten alle, dass es für den
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