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Die Burg

Die Burg

Titel: Die Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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«Wir sollten möglichst bald zum Einkaufen fahren. Nachher ist bestimmt die Hölle los, schließlich ist morgen Feiertag. Hast du eigentlich Ostereierfarbe gekauft?»
    Astrid schlug sich gegen die Stirn. «Ach, verdammt, das hab ich mal wieder vergessen. Ostern scheint nicht mein Fest zu sein.»
    «O weh!» Toppe umfasste sie. «Wenn wir Katharina wieder mit Tee, Rote-Bete-Saft und Currypulver kommen, gibt es Ärger. Sie hat sich schon letztes Jahr beschwert, dass die Eier nicht bunt genug waren. Deine Batikmethode mit Nylonstrümpfen und hübschen Blättern hat sie nicht überzeugt.» Sie küsste ihn aufs Kinn. «Irgendwo werden wir schon noch ein paar Knallfarben auftreiben, vielleicht im Drogeriemarkt.»
     
    «Wir treffen uns in der Burg, im Hof, hat Frau Jansen gesagt, Mama!», rief Katharina mit vor Aufregung schriller Stimme.
    «Ich weiß, Schätzchen», antwortete Astrid. «Aber ich finde hier keinen Parkplatz.»
    «Mann!», schimpfte ihre Tochter. «Wir kommen zu spät.»
    Astrid zählte still bis fünf. «Überhaupt nicht, wir haben noch reichlich Zeit», sagte sie dann ruhig und wendete in einer Einfahrt. Vielleicht war an der Stiftskirche etwas frei.
    «Aber da vorn steht Frau Jansen, und Clarissa ist auch schon da!»
    «Und wir auch. Schau, da fährt jemand raus.»
    «Bestimmt sind wir wieder die Letzten.»
    Und das waren sie auch, obwohl es noch zehn Minuten vor der verabredeten Zeit war.
    Die Kinder vergnügten sich auf der Galerie im Burghof, die Mütter scharten sich um den Brunnen und schwatzten. Ein Mann stand ein wenig abseits, anscheinend der Vater von Lilly und Max, den Zwillingen. Astrid wunderte sich, dass nicht mehr Väter gekommen waren, aber vielleicht mussten die meisten heute noch arbeiten. Die Frauen begrüßten Astrid durchaus freundlich, nahmen sie aber nicht in ihre Plauderrunde auf.
    Sie war schon sechsunddreißig gewesen, als sie Katharina bekommen hatte, und damit gute zehn Jahre älter als die meisten anderen Mütter hier, von denen viele zurzeit nicht berufstätig waren. Deren Gespräche am Rande der Elternabende drehten sich zumeist um Schwangerschaften und ums «Shoppen», Themen, mit denen Astrid nichts anfangen konnte. Aber sie brauchte keine Frauenrunden mehr, hatte sie eigentlich nie gebraucht. Für ihre Eltern war sie völlig aus der Art geschlagen, aber die Rolle der Fabrikantentochter und Millionenerbin lag ihr nun einmal nicht. Sie waren schockiert gewesen, als sie zur Kripo gegangen war, und völlig außer sich, als sie sich in ihren Chef verliebt hatte, der etliche Jahre älter und damals auch noch verheiratet war. Ein einfacher Beamter, mein Gott! Auch wie sie lebten, in einer Wohngemeinschaft mit Freunden auf einem Rittergut, befremdete ihre Eltern. Keine Prachtvilla, kein Ferienhaus an der See. Erst seit Katharinas Geburt waren sie ein bisschen milder geworden, inzwischen sprachen sie Toppe sogar mit Vornamen an.
    Frau Jansen klatschte in die Hände und rief die Kinder zusammen. «Kommt mal alle her! Von hier aus könnt ihr das Lager schon sehen.»
    Astrid lugte über die wuselnden Jungen und Mädchen hinweg. Am Ufer des Flusses, der von hier oben beinahe schwarz aussah, standen auf einer großen Wiese eine Reihe heller Zelte, dunkel gekleidete Menschen liefen herum, direkt am Fluss standen ein paar Männer mit Kappen und roten oder grünen Schärpen über der Brust. Aus der Mitte des Camps stieg eine dünne Rauchsäule in den Himmel.
    «So», rief Frau Jansen, «wir gehen jetzt hier die Treppen hinunter zum Kermisdal. Und denkt dran: Es wird nicht gerannt. Marcel, mach deinen Anorak zu, es ist kalt. Auf geht’s!»
     
    Als sie beim Ruderclub um die Ecke bogen, war es Astrid, als hätte sie einen Zeitsprung gemacht. Ein großer Lagerplatz war mit Stroh ausgestreut, es gab zwei Reihen spitzer, kleiner Zelte aus dickem Segeltuch, die Gestänge aus grob bearbeitetem Holz. An der Stirnseite ein dunkelrotes, offenes Küchenzelt mit schweren Tischen, auf denen sich Holzschalen, Zinnkrüge, schwarze Töpfe, Pfannen und anderes Gerät stapelten. Davor eine etwa zwei Meter lange schmale Grube mit Rosten, unter denen ein Feuer glomm, brodelnde Kessel, ein Holzfass mit einem Zapfhahn, Körbe mit Kartoffeln, Kohlköpfen und Zwiebeln. Eine Ziege war hinter dem Fass angepflockt, ein paar Hühner scharrten im Stroh. Bitterer Rauchgeruch erfüllte die Luft.
    «Kommst du, Mama?» Katharina fasste ihre Hand und zog sie mit sich zu ihrer Gruppe, die gerade von einem Mann in recht

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