Die Capitana - Roman
ich glaube, die Heiligen und die angsterfüllten Gesichter der Menschen setzen ihr zu.
»Wollen wir nicht lieber gehen?«, frage ich sie.
»Nein«, kommt schneidend von ihr zurück.
»Ich will fort«, sage ich zu ihr, »Sebastián auch, er kommt aus der Gegend und kann uns führen. Im Kampf zu sterben so wie Juan, nun gut, aber eingesperrt in dieser Kirche wie eine Ratte zu verenden, niemals.«
»Wir sind mit den Compañeros der anderen Organisationen im Gespräch. Ich sage dir schon Bescheid, Emma.«
Mika wusste von Anfang an, dass sie niemals einen Fuß in diese Kathedrale hätten setzen sollen. Wir müssen auf der Stelle fliehen, bevor die Faschisten Maschinengewehrnester einrichten, sagte Sebastián, der Jüngste beim POUM , kaum waren sie angekommen, und sie war ganz seiner Meinung. Aber sie verschob die Entscheidung auf den Abend, und auf den nächsten, bis der Marseiller, Pepe Lagos, Manolo und die Sprengmeister darauf bestanden, zu bleiben, sich dem Kampf zu stellen und die Nationalen mit Dynamit und Unerschrockenheit draußen zu halten.
Da ist sie nun, versammelt mit den Verantwortlichen. Aber nicht aus Solidarität. Bei ihnen findet Mika etwas von der Kraft wieder, die sie an jenen intensiven Abenden im Bahnhof erfuhr, als sie noch einer Feldschlacht entgegensahen und nicht zwischen diesen erdrückenden, mit Gold überladenen Mauern wie eine Herde zusammenpfercht waren.
Mika fühlt sich unwirklich, fremd, grotesk wie die Statuen rings um sie herum. Sie kann sich noch nicht einmal an ihren Aufzeichnungen festhalten, die sie seit Beginn des Krieges Tag für Tag geschrieben hat. Als sie ihr Heft holen wollte, war der Zugang zum oberen Stock des Hauses des POUM schon versperrt, und sie musste es unter ihrer Matratze zurücklassen. Nur ihren Karabiner und die einhundertfünfzig Patronen hat sie mitgenommen. Verschossen hat sie keine einzige.
Der Emissär, der von den Faschisten geschickt wurde und sie auffordern sollte, sich zu ergeben, ein verängstigter Mann, riet Mika, sich nicht zu ergeben, die anderen würden vielleicht mit dem Leben davonkommen, aber sie nicht. Man hatte, verriet er ihr, ihre Hefte gefunden und hielt sie für eine gefährliche Frau, die bei den Roten Befehlsgewalt hatte.
Um Zeit zu gewinnen, bat Mika ihn, ein Schreiben mitzunehmen, auf dem die Bedingungen für eine Kapitulation formuliert waren.
War es damals, Mika, als der Bote dich wissen ließ, dass du beim Feind bekannt und gefürchtet warst, dass sie dich, wenn sie dich fänden, töten würden?
Trotzdem waren es nicht die Faschisten, die dich ein Jahr darauf ins Gefängnis bringen sollten. Es waren Leute von deiner Seite, die an derselben Front kämpften, gegen denselben Feind. Mit demselben Ziel? Diese Frage hast du dir nicht gestellt, du hast es für selbstverständlich gehalten.
Es hat keinen Sinn mehr, weiter zu warten, denn dass die grandiose Festung keineswegs uneinnehmbar ist, hat sich bereits gezeigt: drei Kanoneneinschläge hatten ein gewaltiges Loch ins Mittelschiff gerissen, der Hochaltar ist zerstört, die Heiligen in den Nischen mit Staub bedeckt, einige von ihnen amputiert, so groß ist die Liebe von Francos Soldaten zu ihnen.
Es sind fast keine Lebensmittel mehr da, es gibt keine Ärzte, und auch keine Medikamente, um die Verwundeten zu behandeln. Wir müssen endlich zu einer Entscheidung kommen, sagt Mika zu den Versammelten, schon fünf Tage harren wir hier aus. Seit ihrer Ankunft ein einziges Hin und Her: Zuerst hieß es, sie würden gehen, dann, bleiben und Widerstand leisten, dann wieder, raus in den Kampf, und hier sitzen sie immer noch, unverändert. Gelähmt.
»Ich weigere mich, unter den Steinen dieser protzigen Kathedrale begraben zu sterben. Ich will Himmel über mir, lieber gehe ich die Gefahr ein, dass Maschinengewehre mich wegputzen.«
»Ich werde bleiben«, teilt Pedro mit. »Fünf Tage ist doch noch nichts.«
»Ich auch«, stimmen andere ihm zu. »Zeigen wir es ihnen.«
Der Kommandant oder wer auch immer hat ihnen den Alcázar von Toledo als Vorbild in den Kopf gesetzt, und darauf haben sie sich versteift.
»Wir werfen sie aus der Kathedrale, so wie die Faschistenschweine uns aus dem Alcázar.«
Die jungen Anarchisten haben sich vorgenommen, die Kämpferehre hochzuhalten. Gut und schön, doch Mika wird nicht mitmachen, Pedro will ihre Lage einfach nicht wahrhaben, der Bote hat es gesagt, Sigüenza ist von den Truppen der Nationalen besetzt, und es sind viele. Pedros Idee ist irrsinnig,
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