Die Capitana - Roman
Verbindung zwischen Hippolyte und Mika niemandes Unterschrift, und die Ehe ist eine kleinbürgerliche Konvention, aber zunächst haben sie anderen Dingen den Kampf angesagt. Die Rosmers sind verheiratet, das erspart ihnen Schwierigkeiten. Sogar Trotzki hat Natalia geehelicht, und da lachen sie.
»Das ist eine legale Möglichkeit, den Nachnamen des Mannes zu tragen«, sagt Marguerite.
Und das sagt ausgerechnet Marguerite? Sie heißt eigentlich gar nicht Marguerite Rosmer, sie haben einfach immer weiter das Pseudonym verwendet, mit dem Alfred seine Artikel in der Zeitschrift Vie Ouvrière unterschrieben hat, seit 1913, sein wirklicher Name ist Alfred Griot. Lachen. Und Katja Landau heißt in Wirklichkeit Julia Lipschutz. Noch mehr Lachen.
Katjas Gesicht verdüstert sich:
»Dann hast du es in deinem Ausweis. Nachname: Etchebéhère«, raunt sie ihr zu, deutlicher zu werden traut sie sich nicht. »In diesen Zeiten.«
Mika versteht genau, auch sie sind Juden, aber das ist nicht ihre Art.
Hippos Nachname gefällt ihr, erklärt sie ihren Freundinnen, tatsächlich verwendet sie ihn schon die ganze Zeit, aber sie will nicht etwas auferlegt bekommen, was nicht sie selbst beschlossen haben. Wenn sie ihrer Mutter schon nicht die bitteren Tränen erspart hat, als diese sie bat, doch zu heiraten, wenn sie schon zusammenlebten, warum dann jetzt irgendwelchen grauen Gestalten klein beigeben.
»Was willst du machen, wenn Hippolytes Zustand sich verschlechtert?«, hält Marguerite ihr vor. »Wenn er auf einer Intensivstation liegt, lassen sie nur die Ehefrau zu ihm.«
»Ich habe gestern einen wunderschönen Hut gesehen«, sagt Katja, woraufhin Mika sie verwirrt ansieht. »Für die Hochzeit.«
Wieder lachen sie, mit ihrer Ausgelassenheit machen die Freundinnen ihr Mut.
Abgesehen von der praktischen Seite einer solchen Entscheidung, die sie in Anbetracht ihrer persönlichen und auch der politischen Situation treffen muss, überfällt sie immer wieder diese dunkle Angst, auf einmal reißt vor ihr dieser Abgrund auf, was ist, wenn er … wenn Hippo … Sie will auf immer seinen Namen tragen.
In wenigen Tagen war alles geregelt. Die Einweisung durfte nicht aufgeschoben werden.
Am 7. Mai 1935 um halb eins heirateten Hippolyte Etchebéhère und Michèle Feldman auf dem Standesamt im sechsten Arrondissement. Die Hochzeitsgesellschaft bestand aus Kurt und Katja Landau und Alfred und Marguerite Rosmer.
Es war nur ein Verwaltungsakt, aber Mika setzte sich den Hut auf den Kopf, den Katja ihr geschenkt hatte, und zog ein geblümtes Kleid an. Hippolyte trug einen hellen Anzug, der an ihm schlotterte, und eine gestreifte Krawatte.
Anschließend gingen sie ins Café de la Mairie. Er durfte nichts trinken, aber sie bestellten einen Saucerre, um mit den Freunden anzustoßen. Hippo erhob das Glas:
»Auf Mika, darauf, dass sie sich endlich entschlossen hat. Ich habe ihr 1920 einen Heiratsantrag gemacht« – Lachen brach los, und er bat mit einer Handbewegung um Ruhe. »Sie hat sich 15 Jahre Zeit genommen, bis sie mich als Ehemann angenommen hat.«
»Auf Hippo«, erhob Mika das Glas. »Dem ich vor 15 Jahren meine Liebe gestanden habe. Denn das hat er nicht erzählt, dass ich es war, die den ersten Schritt getan hat.«
»Auf euch beide«, prostete Alfred Rosmer ihnen zu, und die anderen schlossen sich ihm an.
Morgen in aller Früh werden sie aufbrechen in das Sanatorium von Labruyère.
Wie nur schlafen in dieser Nacht, mit dem Wissen, dass sie für Monate voneinander getrennt sein werden? Und hoffentlich nur für Monate und nicht … eiskalt kriecht es ihr die Wirbelsäule hoch: Ich werde dich so vermissen, mein Liebster, sie muss sich überwinden, komm, wir stehen auf, bitte, du musst jetzt gehen, ich will, dass du wieder gesund wirst.
Die ruhelosen Hände, als könnten sie, indem sie sich ein ums andere Mal betasten, die Haut des anderen, ihre Wärme mitnehmen.
»Keine Sorge, Mikuscha, ich komme wieder. Warte auf mich mit deiner ganzen Zärtlichkeit, und wir werden die Welt erneuern.«
22. Kapitel
Pineda de Húmera, Dezember 1936
In Pineda de Húmera übernimmt die Kolonne des POUM , die unter Mikas Befehl steht, die Stellung der stark dezimierten Kolonne der CNT . Wenige Meter vor ihnen, im Sanatorium Bellavista, sitzt der Feind. So nah, dass man ihn fast atmen hören kann. Der Capitán, der sie zu der Stellung gebracht hat, sagte es klipp und klar: Der Abstand ist gering, die Lage gefährlich, sie müssen Tag und Nacht Wache
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