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Die Capitana - Roman

Die Capitana - Roman

Titel: Die Capitana - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Kräfte daran, die Opposition endlich zu vereinigen.
    Und wir irrten uns nicht, Que faire wurde mit den Jahren zu einer der angesehensten, mit am meisten gewürdigten Zeitschriften der französischen Bewegung.
    Hippos Mutlosigkeit ging in dem Maß zurück, in dem er sich für die Revolution einsetzte.
    Da waren die Versammlungen, die Bücher, die Kontakte zu anderen Organisationen, die Artikel, die er für Que faire schrieb. Und ein neues Betätigungsfeld, das ihn nicht mehr losließ und gleichzeitig begeisterte und in dem er es wie bei allem zur Perfektion brachte.
    Mit dem Gummiabsatz meines Schuhs und einigen von ihm selbst angefertigten Werkzeugen stellte er falsche Pässe für die Genossen im Exil her. Mit Unterschrift, Stempel, allem, was dazugehörte, ein Geniestreich.
    Die Genossen kamen nachmittags um drei, Hippolyte dachte, dass sie bis sechs fertig würden, aber dann kam Grzegoz und erzählte von der Arbeit, die er dank Hippolytes makellosem Ausweis gefunden hatte, wie er sich freute, und vor lauter Geschichten und Lachen vergaßen sie die Zeit und waren mit ihrer Besprechung des Berichts, den sie nach Polen schicken mussten, gerade mal mit den ersten Punkten fertig. Als Mika um sieben kam, war alles verqualmt. Sie durchschritt das Wohnzimmer, riss die beiden Fenster auf und hielt den Kopf raus, um nach Luft zu schnappen, und dann sagte sie mit leiser Stimme, ohne ihren Ärger verbergen zu können: »Das ist schädlich für dich, Hippo, sehr schädlich, das geht dir auf die Lungen. Bitte sie, bei dir zu Hause nicht zu rauchen.«
    »Ich bemerke das noch nicht mal, es stört mich nicht.«
    Als würde sie ihm gar nicht zuhören, war Mika in zwei Schritten an der Wohnungstür und öffnete sie. Genauso das Schlafzimmerfenster und das kleine Fenster im Bad. Erst dann gab sie ihm einen Kuss und begrüßte die anderen.
    Ob sie ihnen nicht helfen will, fragte Hippo sie, auch wenn Mika sicher müde war, sie hatte doch den ganzen Nachmittag gearbeitet.
    »Gib mir ein paar Minuten, ich will mich frisch machen, dann bin ich bei euch.«
    »Noch was, Mika«, sagte er ihr ins Ohr, »wir müssen irgendwas zu essen machen, wir können die Polen nicht gehen lassen, ohne ihnen etwas anzubieten, sie sind sehr hungrig. Sie haben unser ganzes Brot aufgegessen.«
    Sie mussten für sechs Leute irgendein Abendessen aus dem Hut zaubern. Er erklärte sich bereit, etwas einkaufen zu gehen, aber das erlaubte Mika ihm nicht: Es ist viel zu kalt. Sie kam gerade von draußen, es würde ihr nichts ausmachen, noch mal zu gehen. Sie kochten eine reichliche Menge Kartoffeln, hoben eine Dose japanischen Lachs unter und bedeckten alles mit einer von Mika selbst zubereiteten Mayonnaise. Ein gehaltvolles, preiswertes Gericht.
    Hippolyte bat sie, draußen im Treppenhaus zu rauchen – ohne große Erklärungen, er redete nicht gern von seiner Krankheit –, aber im Eifer der Diskussion vergaßen sich die jungen Männer, er auch, und sie hatten schon wieder Unmengen Zigaretten geraucht, als Mika der Kragen platzte:
    »Ich will nicht, dass in dieser Wohnung geraucht wird, kapiert, Genossen, oder muss ich noch lauter werden?«
    Sie stand auf und verzog sich ins Schlafzimmer.
    Niemand sagte etwas, dann arbeiteten sie weiter. Ohne zu rauchen.
    Als die Genossen gegangen waren, schaute Hippo zu Mika ins Zimmer, wo sie auf dem Bett lag und tief schlief. Erschöpft. Gerührt von ihrem Anblick, hätte er sich selbst ohrfeigen können. Er musste nicht nur auf seine Lungen aufpassen, sondern auch auf die Liebe. Und das tat er nicht. Morgen würde er ihr auf dem Markt Blumen kaufen, sie zu einem langen Spaziergang einladen oder mit ihr in den Louvre gehen.
    Hippo passte nicht auf sich auf, und ich schaffte es nicht – aus Unvermögen oder warum auch immer –, ihn zur Mäßigung anzuhalten, mit der Folge, dass er im Winter ’34 zum ersten Mal ins Krankenhaus Cochin eingeliefert wurde. Nur für eine Woche, aber es war eine deutliche Warnung, dass er sein Leben dringend ändern musste. Noch ein paar Tage zu Hause im Bett und ein paar weitere in Périgny, wo seine Wangen wieder etwas rosig wurden, ein paar zuversichtliche Worte des Arztes, schon hielt er sich für genesen: Versammlungen bis spät in die Nacht, studieren, schreiben, streikende Arbeiter besuchen.
    Er war noch nicht wieder auf den Beinen, als in Asturien der Aufstand der Minenarbeiter ausbrach, und ohne lang zu überlegen, beschlossen wir, nach Spanien zu gehen.
    Das Vorhaben Que faire war auf

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