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Die Capitana - Roman

Die Capitana - Roman

Titel: Die Capitana - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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halten. Und zum ersten Mal sind sie allein an der Front.
    In Sigüenza, in Moncloa standen andere Kolonnen mit ihnen in der Schlacht. Doch in Pineda de Húmera gibt es nur die 125 Milizionäre des POUM . Und Mika.
    War es dort, an dieser hochriskanten Front, Mika? Du kamst als Capitana dorthin, an deinem Revers die drei Sterne. Lag es an dem massiven Granatenbeschuss, mit dem ihr die Faschisten in Schach gehalten habt? Oder an dem Hustensaft und diesem Lied in den Schützengräben?
    Eine geräumige Feldküche mit rotem Fliesenboden und loderndem Kamin sind das neue Zuhause der Kolonne des POUM .
    Auf ihrer Matratze liegend, löst Mika sich den Büstenhalter und zieht ihn nach umständlichen Verrenkungen, verborgen unter ihrem langen Mantel, durch den Ärmel ihres Trikots heraus. Selbst die einfachsten Dinge sind schwierig geworden.
    Neben ihr, um sie herum, das Schnarchen, die Ausdünstungen und die Schlaflosigkeit der vierzig Männer, die nicht in den Schützengräben Wache halten. Und Corneta, der auf einer Schafwolldecke zu ihren Füßen schläft. Gute Nacht, hat er, bevor er sich hingelegt hat, zu ihr gesagt und ihr mit aller Selbstverständlichkeit einen Kuss gegeben, so als wäre er zu Hause bei seiner Mutter und nicht in einem Küchen-Quartier, mitten im Krieg.
    Am nächsten Tag wird Mika gleich in der Früh zu diesem kleinen Landhaus gehen, wo der Kommandoposten untergebracht ist, um die Erläuterungen und Befehle von Kommandant Ojeda entgegenzunehmen. Und sie wird um Mäntel, Handschuhe und warmes Essen bitten. Und um Granaten, Maschinengewehre. Sie weiß nicht, wie sie sich mit dem, was sie im Sprengstofflager gesehen hat, einer Armee entgegenstellen soll, wird sie dem Oberst sagen.
    Oberst Juan Ojeda, Kommandant der Zone Pineda de Húmera, und der französische Journalist Roger Klein sind am Abend im Divisionshauptquartier von Oberst Augusto Ramírez unweit von Moncloa zusammengekommen.
    Veilchen in einer Vase, ein guter Rioja und ein verheißungsvoller Duft nach feinen Speisen. Basilikum, Thymian und das auf den Punkt gegarte Spanferkel. In diesem Haus gibt es nämlich entgegen den Gewohnheiten des Krieges eine Frau, Ethelvina. Sie ist jung, ausgesprochen hübsch, hat ein strahlendes Lächeln, kann wunderbar kochen, und man sieht ihr die Liebe zu ihrem Gefährten an. Trotzdem behagt Ojeda die junge Frau nicht, er weiß selbst nicht, warum, doch jetzt, da er so begeistert von der Capitana Mika Etchebéhère spricht, entdeckt er in ihrem Gesicht etwas leicht Verkniffenes, wahrscheinlich empfindet sie es als schwere Beleidigung – so seine Vermutung –, dass sich in ihrer Anwesenheit drei Männer für eine andere Frau interessieren. Auch wenn es sich um eine ganz spezielle Frau handelt.
    Juan Ojeda hatte Oberstleutnant Ortega, den Verantwortlichen von Moncloa, bereits von der Capitana Etchebéhère reden hören, doch jetzt, da er sie jeden Tag an der Front sieht, kann er nur bestätigen, dass diese Frau einen immer wieder überrascht. Im positiven Sinn. Vor allem bewundert er ihre Disziplin, Ojeda macht eine kurze Pause, betont: ihren Sinn für Disziplin an sich, und insbesondere ihren Instinkt für den Krieg.
    »Instinkt für den Krieg?«, fragt der französische Journalist interessiert nach.
    Ja, für den Krieg. Obwohl sie, wie sie selbst ihm gestanden hat, von militärischer Taktik und Strategie keine Ahnung hat. »Die Koordinaten sind ein unentzifferbares Rätsel für mich«, sagte sie, vor der großen Landkarte stehend, die im Divisionshauptquartier an der Wand hing.
    Ojeda lachte, Mika auch, und das löste die Spannung.
    »Wenn ich sage, ihr Instinkt für den Krieg, rede ich von dem Krieg, wie wir ihn auf unserer Seite führen, der wenig Militärisches hat, auch wenn wir ausgebildete Militärs sind. Wir kämpfen wie Guerilleros, nur nicht mehr mit der Leidenschaft der ersten Tage, sondern müde und entmutigt von dem ungleichen Kampf. Die Capitana Etchebéhère ist einfach ein Phänomen, niemand versteht es so wie sie, die Moral der Milizionäre aufrechtzuerhalten, das Ideal der Revolution am Leben zu halten. Sie leisten seit zwölf Tagen Widerstand, mit Zähnen und Klauen, viele von ihnen sind krank, aber sie wollen nicht zurück nach Madrid. Denn die Capitana ermuntert sie, kümmert sich um sie, ja sogar Hustensaft hat sie ihnen gegeben!«
    Du hattest die Idee, Honig in den minderwertigen Schnaps zu mischen, den der Händler dir geschenkt hatte; als du gesehen hast, wie gut sie sich erholt haben,

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