Die Capitana - Roman
gutem Weg, schon bald würde die Zeitschrift erscheinen, und unser Platz war dort, wo gekämpft wurde. Über seine Gesundheit verloren wir kein Wort. Während er unsere Pässe vorbereitete, verfolgten wir die Nachrichten aus Spanien. Die blutige Niederschlagung des Aufstandes vereitelte unsere Reisepläne. Um seine Anteilnahme zu zeigen, schrieb Hippo einen langen Artikel über die Geschehnisse in Asturien, der leider in Barcelona verloren ging, als die Stalinisten 1937 den Sitz des POUM plünderten.
Der Winter ’34 ’35 war eisig. Ich ging früh aus dem Haus, um Spanisch zu unterrichten, meistens Männern, die so schnell wie möglich die Sprache lernen wollten, um in Spanien und Südamerika Geschäfte zu machen. Ich versuchte es so einzurichten, dass die Treffen der Genossen bei uns zu Hause stattfanden, damit Hippo so wenig wie möglich in die Kälte raus musste. Nicht immer gelang es, und damit war es auch nicht getan. Mit seiner schwachen Gesundheit brauchte er ausgewogene Mahlzeiten, ein geregeltes und geruhsames Leben. Also nicht das Leben, das wir führten, das ich ihm durchgehen ließ, bis zu jenem schrecklichen Abend im April 1935.
Mika geht durch die Rue du Bac. Die wärmende Aprilsonne stimmt sie zuversichtlich, das schöne Wetter wird ihm guttun. Noch eine Stunde bei den Kindern der Roussels, dann ab nach Hause. Sie ist in Sorge, dass Hippos Fieber wieder gestiegen ist. Noch immer spürt sie an ihren Fingerspitzen seine glühende, schwitzende Haut. Die Hustenanfälle, die sie in der Nacht geweckt haben, haben gegen Morgen nachgelassen, das Fieber auch.
»Es geht mir gut, Mika, ich werde schlafen, es ist nicht nötig, dass du bleibst.«
Zähneknirschend hat sie sich darauf eingelassen, sie brauchen das Geld, doch die ganze Zeit spürt sie die Angst, wie einen durch ihren Körper wandernden Ballon.
Endlich ist die Stunde zu Ende. Schnelle Schritte, die Haustür, die unzähligen Stufen bis in den sechsten Stock, ein dumpfes Geräusch von rasselndem Husten dringt zu Mika ins Treppenhaus, schnell. Der Schüssel im Schloss, die Tür springt auf, und vor ihren Augen Hippo, zusammengesackt, sein Kopf über einer Schüssel, Blut.
Tuberkulose, sagt der Arzt im Krankenhaus mit Blick auf das Röntgenbild von Hippos Lungen. Nicht zum ersten Mal hört sie dieses Wort, damals in Buenos Aires traf sie danach die Entscheidung, mit ihm nach Patagonien zu gehen, und letztes Jahr, als er im Cochin war, fiel das Wort wieder, doch jetzt ist es nicht eine Bedrohung, etwas, das auf ihn zukommen kann, wenn er sich nicht schont, jetzt ist es da, in seiner linken Lunge, wie die Aufnahme zeigt.
Zum Glück ist es erkannt worden, tröstet Hippo sie, und ich bekomme eine Behandlung, ich bleibe für ein Weilchen hier, und bin wie neugeboren.
Mika bringt kein Wort über die Lippen, sie ist wie benommen, er muss auf sie einreden: Sei nicht traurig, bitte, meine Süße – etwas in seiner Stimme klingt rau –, ich werde wieder gesund, versprochen.
Mika umarmt ihn fest, sie darf der Verzweiflung nicht nachgeben, so wird sie ihm nicht helfen. Es ist egoistisch, sich in der Angst zu verkriechen. Sie sind ein Gewebe aus zwei Fäden, wenn sie sich hängenlässt, woher soll Hippo dann die Kraft nehmen, um wieder auf die Beine zu kommen. Natürlich wirst du wieder gesund, mon chéri .
Aber im Lungensanatorium, nicht bei ihr.
Der Arzt malt es ihm in den schönsten Farben aus: in der Höhe, die reine Luft, Bäume, gutes Essen, ständig überwacht und betreut, Ruhe, weit weg vom verschmutzten Paris. Und weit weg von ihr! Vier bis acht Monate, das sagt sich so leicht.
Wie soll Mika so lange Zeit ohne Hippo zurechtkommen? Und er ohne sie? Das geht doch nicht. Aber im Sanatorium bekommt er gutes Essen und eine Behandlung, was Mika ihm nicht bieten kann.
»Und Bibliotheken?«, fragt Mika den Arzt und zwinkert Hippo zu. »Gibt es im Sanatorium Bücher?«
»Natürlich gibt es Bücher.«
Der Arzt ist sehr freundlich, aber sie muss wissen – das sagt er in aller Deutlichkeit –, dass er zum letzten Mal so offen mit ihr redet, diesmal hat er eine Ausnahme gemacht, aber es gibt Vorschriften, und an die muss er sich halten, im Sanatorium kann Mika keine Einsicht in die Krankenakte fordern, sie ist nicht Etchebéhères Ehefrau.
Ähnliches hat ihr schon Dr. Chevanson gesagt, der Arzt im Hôpital Cochin.
Marguerite, Katja und Mika gehen im Park von Périgny spazieren, ein guter Vorwand für ein Gespräch unter Frauen.
Natürlich braucht die
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