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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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rückschrittlich. Mein Mann hingegen ist ein großer Befürworter der weiblichen Emanzipation – sonst hätte ich ihn auch nie geheiratet!« Sie lachte perlend auf, wurde aber sogleich wieder ernst. »Da sieht man wieder einmal, was man auf Gerüchte geben kann. Dass Sie Ihre Frau allein in die Champagne reisen lassen, zeugt nicht nur von gegenseitigem Respekt und Vertrauen, sondern auch von Ihrer Großzügigkeit. Sie nehmen ihr zuliebe Opfer auf sich, das gefällt mir.«
    Der Professor nickte zustimmend. »Nur mit Männern von solchem Format kann ich zusammenarbeiten, die Ewiggestrigen ­hingegen können mir gestohlen bleiben. Sagen Sie, lieber Doktor Gropius, wie viele Charité-Patientinnen dürfte ich Ihnen pro Monat denn schicken, ohne dass es den Rahmen Ihrer Kapazitäten sprengt?«

22. Kapitel
    Eine Woche später standen Clara und Josefine am Bahnsteig. Von Berlin nach Leipzig, von Leipzig nach Frankfurt sollte ihre Reise sie führen. Dann weiter nach Saarbrücken und von dort aus über Metz nach Reims.
    Während sich Josefine und Adrian in inniger Umarmung von­einander verabschiedeten, schluckte Clara ihre Tränen hinunter. Niemand war gekommen, um ihr Lebewohl zu sagen – Gerhard war längst in seiner Praxis, er hatte sich schon am Morgen mit knappen Worten und ohne Kuss von ihr verabschiedet. Und Christel hatte sie verboten, mit Matthias zum Bahnhof zu kommen. Es war besser so. Beim Anblick ihres weinenden Sohnes wäre sie bestimmt auf der Stelle nach Hause umgekehrt. Mit einem blütenweißen Taschentuch tupfte sie sich nun Augen und Nase ab. Hoffentlich war das alles nicht doch ein großer Fehler …
    »Wie ist es dir eigentlich gelungen, deinen Mann zu überreden, dir diese Reise zu erlauben? Du darfst doch sonst so gut wie keinen Schritt ohne ihn tun«, sagte Josefine, nachdem sie es sich in einem Abteil der zweiten Klasse bequem gemacht hatten. Zuvor hatte sie dafür gesorgt, dass ihr Rad im Gepäckabteil gut untergebracht wurde. Clara hatte fast der Schlag getroffen, als Josefine damit angekommen war. Ein Rad, wozu?
    »Gerhard ist zwar wirklich sehr um mein Wohlergehen besorgt, aber wenn du glaubst, ich würde als brave Ehefrau immer nur zu allem Ja und Amen sagen, hast du dich getäuscht. Ich kann mich durchsetzen«, erwiderte Clara so beiläufig wie möglich und strich ihren Dutt glatt. Noch während sie sprach, dachte sie über den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage nach. Statt zu jammern und zu betteln, wie sie es bisher getan hatte, wenn sie etwas von Gerhard wollte, hatte sie dieses Mal ihre Karten geschickt ausgespielt. Vielleicht sollte sie dies künftig öfter einmal wagen, um zu ihrem Recht zu kommen?
    Josefine hob abwehrend beide Hände. »Schon gut. Ich wollte dich nicht angreifen, im Gegenteil. Ich bin froh, dass wir gemeinsam reisen. Allein wäre mir doch ein wenig unwohl.«
    Clara akzeptierte Josefines Worte als Entschuldigung und lächelte. »Wir fahren ja nicht auf einen anderen Kontinent, sondern nur ins Nachbarland«, sagte sie beruhigend, dabei klopfte ihr Herz bei dem Gedanken an die fast tausend Kilometer lange Reise so heftig, dass sie es bis in den Hals hinauf spüren konnte. Sie nahm Josefines Hand und drückte sie. »Du und ich zusammen, wie in Kindertagen – wer hätte das gedacht?«
    Die Reise war lang, aber nicht beschwerlich. Wann immer sie in einen Bahnhof einfuhren, stand der Zug, in den sie wechseln sollten, schon parat. Nach dem zweiten Umsteigen war alles schon Routine: Clara schnappte außer ihrem eigenen auch Josefines Koffer, während die sich um ihr Fahrrad kümmerte.
    »Vielleicht kann ich Isabelle mit einer kleinen Radtour aufmuntern«, hatte ihre Antwort auf Claras Frage, wozu sie das Rad mitschleppte, gelautet. Durch das außergewöhnliche Gepäckstück kamen sie rasch mit den anderen Reisenden in ihrem Zugabteil ins Gespräch, jeder wollte wissen, was es damit auf sich hatte. Und bald erzählte man sich gegenseitig seine Reisepläne.
    Ein älteres Ehepaar fuhr nach Paris, wo sich die beiden vor über dreißig Jahren kennengelernt hatten. Josefine fand es rührend, wie sie fortwährend Händchen hielten, Clara aber war sich nicht ­sicher: Schickte sich solch ein vertrautes Gebaren in der Öffentlichkeit?
    Eine Schauspielerin vom Frankfurter Theater war nach einem längeren Aufenthalt am Bodensee auf der Fahrt zu einem neuen Engagement, wo sie in einem Stück von Arthur Schnitzler die Hauptrolle spielen sollte. Sobald sie sich nicht am Gespräch beteiligte, las

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