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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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geschickt hatte, wusste Gerhard nichts. Warum hätte sie ihm auch davon erzählen sollen? Um unnötige Diskussionen über ihre Verschwendungssucht zu führen?
    Gedankenversunken betrachtete Clara das Etikett der Flasche Rotwein, von der sie ein volles Glas zum Braten hinzugefügt hatte. Es war ein Burgunderwein, er kam ebenfalls aus Frankreich … Wo in Frankreich lag die Champagne eigentlich?
    Abrupt strich sich Clara die Hände an der Schürze ab, dann ging sie hinüber in die gute Stube zum Bücherregal. Der Große Hand-Atlas über alle Theile der Erde in 170 Karten , herausgegeben vom Bibliographischen Institut, war eins der Bücher, die Gerhard abends gern durchblätterte. Er schätzte es nicht, wenn sie dasselbe tat, hatte ständig Angst, dass sie aus lauter Ungeschicklichkeit bei einer der Karten einen Knick – oder schlimmer noch, einen Riss – verursachte.
    »Zu viel lesen verursacht bei Damen Kopfschmerzen, du beschäftigst dich besser mit einer schönen Handarbeit«, erklärte er ihr außerdem immer wieder.
    Mit nach Zwiebel riechenden Fingern blätterte sie die Karten durch, bis sie fand, was sie suchte. Paris, Reims, Épernay, und da – Hautvillers! Charly-sur-Marne, Condé-en-Brie, Vailly-sur-Aisne – die Champenois schienen einen Sinn für ausgefallene Städtenamen zu haben, dachte sie schmunzelnd.
    Frankreich … Auch wenn der Grund für diese Reise in die Champagne ein trauriger wäre, so würde die Reise selbst bestimmt wunderschön. Sie hatte noch nie eine Weinrebe gesehen oder gar einen ganzen Weinberg. Von ihrer Fahrt nach Norddeich einmal abgesehen, hatte sie Berlin noch nie verlassen. Wie es wohl auf dem französischen Land aussah?
    Claras Blick fiel auf den Esstisch mit der blütenweißen Tischdecke. Du lieber Himmel! In weniger als drei Stunden würden ihre Gäste kommen – bis dahin musste sie noch den Tisch decken, das Dessert vorbereiten und sich selbst hübsch machen. Das Huhn im Bräter roch auch schon ein wenig angebrannt. Resolut klappte sie den Atlas zu. Sie hatte wirklich keine Zeit für solche Träumereien!
    »… und dann klammerte sich das kleine Mädchen an meinen Rock und heulte: ›Warum muss ich hierbleiben? Warum nimmst du mich nicht mit?‹ Glauben Sie mir, wenn ich sage, dass mir ­solche Sätze regelmäßig fast das Herz brechen?« Mit stark­ geschminkten Augen schaute Natalie Hackestorm in die Runde.
    Clara nickte und schob unauffällig eine Haarnadel, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte, wieder zurück an ihren Platz.
    Sogleich nahm die Frau des Professors den Faden, an dem sie schon seit geraumer Zeit spann, wieder auf. »Ja, meine Hilfe im Kinderheim St. Augustin ist manchmal wirklich schmerzlich, aber wenn ich dann die lieben Gesichter sehe, wenn ich ihnen etwas vorlese …«
    Während Clara die Platte mit den Hühnerteilen herumreichte, warf sie ihrem Mann einen triumphierenden Blick zu. Von wegen, Frau Hackestorm interessiere sich nicht für Kinder …
    Natalie Hackestorm nahm sich ein Stück Hühnerbrust und seufzte tief auf. »Wenn ich könnte, würde ich all die lieben Kleinen mit nach Hause nehmen und täglich mit derart köstlichen Speisen verwöhnen. Sie sind eine wunderbare Köchin, liebe Frau Gropius!«
    Clara lächelte dankbar. Gerhard, der ihr gegenübersaß, richtete sich merklich auf.
    »Du wirst dich unterstehen, die kleinen Teufel auch noch zu uns zu holen! Es reicht, wenn du derartig hohe Summen meines Geldes für deine Wohltätigkeiten ausgibst«, sagte Richard Hackestorm nachsichtig schmunzelnd zu seiner Frau.
    »Und was genau hättest du dagegen einzuwenden, dass demnächst zwei oder drei Esser mehr an deinem Tisch sitzen?«, erwiderte Natalie Hackestorm herausfordernd.
    Clara hielt unmerklich die Luft an. Die beiden würden sich doch nicht hier und jetzt streiten? Es war wirklich besser, wenn sie baldmöglichst das Thema wechselten.
    »Ich habe gar nichts gegen zwei oder drei Esser mehr am Tisch. Aber kannst du dir vorstellen, dass ich diese eventuell lieber selbst produzieren möchte, mein Schatz?« In einer geradezu aufreizenden Geste strich Richard Hackestorm seiner Frau über die Wange.
    »Du Schelm«, sagte Natalie mit rauchiger Stimme, und das Ehepaar brach in amüsiertes Gelächter aus.
    Clara glaubte, vor Schreck in Ohnmacht fallen zu müssen. Peinlich berührt, machte sie sich an der Schüssel mit den Kartoffeln zu schaffen. Wie konnten der Professor und seine Frau derart alle Regeln des Anstands verletzen? So etwas sollte sie nur

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