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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ein einziges Mal wagen! Unter niedergeschlagenen Lidern sah Clara, wie Gerhard missbilligend die Stirn runzelte. Sein Blick war düster und ratlos zugleich, er war mit dem Verlauf des Abendessens offenbar alles andere als zufrieden. Normalerweise plauderten die Herren Ärzte gepflegt über fachliche Belange, während die Damen schwiegen und höchstens mal einen bewundernden Kommentar einwarfen. Dank Natalies Plaudersucht war das Gespräch jedoch noch kein einziges Mal auf die Medizin gekommen. Und dann diese schlüpfrige Bemerkung gerade! Das Ehepaar benahm sich, als wären sie zügellose Bohemiens auf irgendeiner Theaterbühne, unfassbar! Und wer würde am Ende wieder schuld sein? Sie natürlich, dachte Clara bei sich.
    Nach dem Hauptgang erzählte Natalie Hackestorm ausgiebig von einer Wohltätigkeitsveranstaltung, die sie organisiert hatte, da das von ihr unterstützte Kinderheim dringend ein neues Dach benötigte. Danach war eine Reise ins Seebad Lubmin, die eine Gruppe Damen und sie mit Kindern aus dem Heim St. Augustin im Frühjahr unternommen hatten, Gesprächsthema. Ihr Mann hörte geduldig zu und schien nichts dabei zu finden, dass seine Frau das Wort führte.
    Krampfhaft dachte Clara nach, wie sie – Gerhard zuliebe – eine Bemerkung über ihre Reise nach Norddeich einbringen konnte, oder noch besser, wie sie das Gespräch auf Gerhards großartige Fähigkeiten als Arzt bringen konnte.
    »Sie haben wohl auch vor zu verreisen?«, sagte Richard Hackestorm kurze Zeit später. »Nach Frankreich? Sie wollen ausgerechnet den Erzfeind besuchen?« Er lachte auf.
    Clara durchfuhr es heiß und kalt zugleich. Verflixt! Sie hatte vergessen, den Atlas fortzuräumen.
    »Wie kommen Sie denn darauf?«, erwiderte Gerhard verwundert. »Sicher, Reisen bildet, heißt es, doch mir fällt es zugege­benermaßen sehr schwer, meine Patientinnen allein zu lassen. Als niedergelassener Mediziner möchte ich für die Nöte meiner Damen Tag und Nacht ein offenes Ohr haben.«
    Richard Hackestorm zeigte auf den Atlas, der aufgeschlagen auf der Anrichte lag.
    »Und was ist damit?«
    Clara biss sich auf die Unterlippe. Während sie Gerhards fragenden Blick auf sich spürte, erkannte sie plötzlich eine Chance, wie sie sich ihr nur einmal bieten würde. Sie begann innerlich vor Aufregung zu zittern. Sollte sie, oder sollte sie nicht? Vor ihren Gästen konnte Gerhard sie schlecht abkanzeln, vielleicht sollte sie einfach den Versuch wagen und das Thema, das ihr so sehr am Herzen lag, anschneiden?
    »Ich habe den Atlas dort hingelegt«, sagte sie mit wackliger Stimme. »Eine alte Freundin von mir, Isabelle Herrenhus – heute heißt sie Feininger –, lebt in der Champagne. Ich wollte gern wissen, wo genau sich diese berühmte Weingegend befindet.«
    Gerhard zog scharf den Atem ein. Er hatte den Mund schon zu einer Erwiderung geöffnet, doch Clara sprach einfach weiter. »Isabelles Mann Leon ist plötzlich gestorben, warum und woran, weiß ich nicht. Ihre Nachbarin bat mich in einem Brief zu kommen, die Witwe brauche dringend Beistand, schreibt sie.«
    Natalie Hackestorm legte mitfühlend eine Hand auf Claras Arm. »Wie furchtbar für die junge Witwe! Aber wie gut, dass sie Freundinnen wie Sie hat. Allem Anschein nach gehören Sie auch zu den Menschen, die immer sofort zur Stelle sind, wenn jemand in Not gerät. Ich bin mir sicher, dass Sie Ihrer Freundin eine große Hilfe sein werden.«
    Clara spürte, wie sich Gerhard neben ihr nur mit Mühe beherrschen konnte. Das Kreuz durchgestreckt, als wollte sie sich selbst Mut machen, sagte sie: »Natürlich drängt es mich zu helfen. Aber mein Sohn braucht mich ebenfalls, außerdem ist es wichtig, dass ich Gerhard den Rücken freihalte, deshalb habe ich ihm noch gar nichts von dieser Angelegenheit erzählt. Er arbeitet so viel …«
    »Ich kenne Moritz Herrenhus sehr gut«, sagte Richard Hackestorm unvermittelt. An Gerhard gewandt, fügte er hinzu: »Er und ich speisen im selben Club, außerdem gehört er zu den Gönnern der Charité. Nachdem seine Frau letztes Jahr selbst bei uns Patientin war und er gesehen hat, in welcher Beengtheit wir teilweise arbeiten, hat er sich bereit erklärt, einen Annex für den Frauen­heilkundetrakt zu spendieren. Ein sehr großzügiger Mann – ich wusste gar nicht, dass Sie auch mit ihm bekannt sind!«
    So großzügig, dass er seine Tochter verstößt, nur weil ihm die Wahl ihres Ehemannes nicht gefällt, dachte Clara. Im nächsten Moment traf sie fast der

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