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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sie in einem dünnen Heft, um ihren Text auswendig zu lernen.
    Zwei Herren mit ungewöhnlichem Dialekt stellten sich als Vertreter einer Bayerischen Glaswarenmanufaktur vor. Sie reisten quer durch Europa, um ihre Waren zu verkaufen. Obwohl man so gut wie nichts miteinander gemein hatte, stellte sich im Laufe der Reise eine Art angenehme Kameradschaft ein. Die Bayern boten den anderen Speck und Brot an. Die Frankfurter Schauspielerin packte Räucherfisch aus, den sie am Bodensee erstanden hatte, Josefine rief den Zugkellner und bestellte Tee und Kaffee für alle. Bald war die Luft erfüllt vom würzigen Geruch des Specks und des Räucherfischs, und unter den Reisenden stellte sich eine satte Müdigkeit ein. Dem älteren Ehepaar fielen zuerst die Augen zu, lächelnd führten die anderen ihre Gespräche leiser fort. Auch Clara wurde irgendwann müde, doch statt zu schlafen, zückte sie ihr Tagebuch und brachte all die aufregenden Einsichten in die fremden Lebenswelten zu Papier. Eine Reise nach Paris, einfach aus Vergnügen! Drei Monate Aufenthalt am Bodensee, um »Kraft zu tanken« für die Mühen des Alltags – war es nicht erstaunlich, welche Ideen und Pläne manche Menschen verfolgten? Wie sehr die Dame von der sagenhaften Landschaft rund um den Bodensee geschwärmt hatte … Wenn sie, Clara, wieder zu Hause war, musste sie im Atlas unbedingt nachschauen, wo dieses »Schwäbische Meer« eigentlich lag.
    Zu Hause … Mit jedem Kilometer, den sie sich von Berlin entfernten, wurden die Konturen des Begriffes unschärfer. In Claras Herzen machte sich eine willkommene Gleichgültigkeit breit, die ihr Heimweh und ihr sorgenvolles Grübeln fortwischte wie einen unangenehmen Fleck. Matthias war bei Christel in den allerbesten Händen – sie hatte sich schließlich nicht umsonst über dreißig Kindermädchen angeschaut, bevor sie sich für dieses eine entschied. Außerdem hatte ihre Mutter versprochen, täglich nach dem Rechten zu sehen, und für Gerhard wollte sie kochen. Er würde ohne seine Frau vermutlich besser zurechtkommen als mit ihr, wo sie ihm so oft nur eine Last war. Wahrscheinlich fiel ihm ihre Abwesenheit nur deshalb auf, weil er niemanden mehr hatte, auf dem er herumhacken konnte, dachte Clara, doch der Gedanke hatte nicht die Macht, ihr weh zu tun. Und selbst wenn er sie schmerzlich vermisste – nun, da sie auf der Reise war, konnte sie nichts dagegen tun. Also entspannte sie sich und genoss die Zugfahrt und alles, was auf sie zukam.
    Mit glänzenden Augen schaute sie aus dem Fenster, wo gerade die waldigen Hügel des Taunus an ihnen vorbeizogen. So viel freies Land! So viel Luft zum Atmen!
    »Wie es wohl ist, auf dem Land zu leben?«, murmelte sie vor sich hin, doch sie erhielt keine Antwort, denn außer einem leisen Schnarchen von Josefine war nichts mehr zu hören.
    Nach vier Tagen erreichten sie Reims. Es war kurz nach Mittag, als sie in einem Restaurant neben dem Bahnhof ihr erstes französisches Mahl genossen, bestehend aus Huhn in Weißweinsoße sowie pommes dauphines . Während Josefine für eine Übernachtung in der Stadt plädierte, damit sie sich ein wenig akklimati­sieren konnten, war Clara dafür, das letzte Stück des Weges gleich nach dem Essen in Angriff zu nehmen.
    »Stell dir doch nur Isabelles Gesicht vor, wenn wir heute Abend bei ihr an die Tür klopfen!«
    Josefine biss sich auf die Unterlippe. »Dann müssen wir uns aber rasch um eine Fahrgelegenheit nach Hautvillers kümmern. Soll ich mal schauen, ob meine paar Brocken Französisch ausreichen, um mit den Kutschern vor dem Bahnhof einen vernünftigen Preis auszuhandeln?«
    Kurze Zeit später saßen sie tatsächlich in einer Kutsche und waren auf dem Weg nach Hautvillers. Die Sonne schien, eine sanfte Brise strich übers Rebenland.
    »Hast du jemals eine so schöne Landschaft gesehen?«, fragte Clara euphorisch. »Die hübschen Häuser, die gepflegten Gärten – das ist doch wie im Bilderbuch!« In jedem Vorgarten, den sie passierten, hingen die Büsche voll mit Beeren, die Äste der Bäume sanken unter dem Gewicht der heranreifenden Äpfel und Birnen tief und schwer hinab.
    Auch Jos Augen glänzten angesichts des Garten Edens, durch den sie fuhren. »Mir kommen die Leute hier außerdem so gelassen vor!« Sie zeigte auf eine Gruppe von Frauen, die mit Hacken und Körben ohne Hast an der Straße entlanggingen, dabei lachten und sich angeregt zu unterhalten schienen. »Wenn ich da an die Hektik von Berlin denke!«
    Die Begeisterung der

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