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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Mitgefühl, als hätte sie sich lang und breit über ihre Widersacherin ausgelassen oder seine Fähigkeiten als Kenner der Materie über den Klee gelobt, so wie die anderen es gern taten.
    Ihre Blicke trafen sich, und sie lächelten sich kurz an, dann wandte sich Isabelle ab. Sie zeigte auf die Rebstöcke, die ihnen am nächsten standen. »Als ich hier ankam, weinten die Reben. Und nun tragen sie stolz ihre Früchte.« Ihre Stimme klang belegt, fast ein wenig ehrfurchtsvoll. »Für dich mag das vielleicht seltsam klingen, aber für mich ist dieser Reifeprozess wie ein großes Wunder. Wenn es überhaupt einen Gott gibt, dann zeigt er sich hierin.«
    Er nickte zustimmend und schwieg. Wie sehr hatte sich Isabelle Feininger verändert! Im Frühjahr, bei ihrem ersten Zusammentreffen, war sie ein hübsches junges Ding gewesen, arrogant, hochmütig und gleichzeitig nichtssagend. Wie ein Modepüppchen war sie über die Weinberge stolziert. Heute, in ihrem schlichten Leinenkleid, ungeschminkt und mit einfacher Frisur, wirkte sie wie eine schöne, bodenständige Frau. War es der schwere Verlust, den sie erlitten hatte, der die Konturen ihres Antlitzes geschärft hatte? Das leidenschaftliche Timbre in ihrer Stimme, wenn sie über die Reben sprach, die Kraft und Stärke, die sie mit jeder Bewegung ausstrahlte – die Luft schien in ihrer Anwesenheit regelrecht zu vibrieren! Doch gleichzeitig spürte er eine Verletzlichkeit, eine Gemütstiefe, die ihn rührte wie nichts sonst in seinem Leben. Und wie zuvor in Troyes regte sich das dringende Bedürfnis in ihm, diese Frau in den Arm zu nehmen und sie mit allem, was ihm zur Verfügung stand, zu beschützen. Pass bloß auf, du bist dabei, dich Hals über Kopf in l’Allemande zu verlieben! , mahnte eine leise Stimme in ihm. Oder war er es längst?
    Unwillkürlich wanderte Daniels Blick den Weg entlang, auf dem Henriette entschwunden war. Dass sich seine Chefin so einfach mit Isabelles Entscheidung, das Weingut Feininger weiterzuführen – mehr noch, selbst Champagner herzustellen – abfand, glaubte er nicht, auch wenn sie inzwischen noch so gleichgültig tat, wenn es um die Deutsche ging. Nun, da Henriette erkannt hatte, dass seine Loyalität Grenzen besaß, würde sie auf andere Art und Weise versuchen, ihre Ziele zu erreichen. Welche neuen Verbündeten würde sie sich suchen? Oder hatte sie längst einen willigen Adjutanten für ihre Intrigen gefunden? In den letzten Tagen hatte er mehr als einmal Gustave Grosse in der Nähe des Weinguts Trubert herumschleichen sehen. War er der Wolf im Schafspelz, vor dem er Isabelle warnen musste? Beweise dafür, dass der Mann Isabelle schaden wollte, hatte er nicht, nur ein ungutes Gefühl, was den Kerl betraf. Doch was, wenn er Isabelle unnötig Angst einjagte? Das war das Letzte, was er wollte.
    Während sie sich verabschiedeten, nahm sich Daniel vor, in den nächsten Tagen verstärkt ein Auge auf Grosse zu haben. Außerdem würde er sich ein wenig unter den Leuten umhören – mehr konnte er im Augenblick nicht tun.

3 1 . Kapitel
    »Was soll das heißen, die Pflücker sind nicht gekommen?« Fassungslos starrte Isabelle ihren Kellermeister an.
    Es war früh am Morgen, die Sonne ging gerade erst hinten im Tal auf. Ihre roséfarbenen Strahlen tauchten die erwachende Landschaft in ein fast unwirkliches Licht. Röte am Morgen – Schlechtwetterboten? Bitte nicht, betete Isabelle stumm. Am Vorabend hatte sie ihrem Kellermeister und ihrem Verwalter mit­geteilt, dass heute die Ernte beginnen solle. Und so hatte Claude Bertrand die Pferde vor den Wagen gespannt, Dutzende von Körben unterschiedlicher Größe aufgeladen, dazu alle Scheren, die er auftreiben konnte, und war soeben zu den Feininger-Weinbergen gefahren, wo Gustave Grosse und er die Körbe und Rebscheren an die Pflücker ausgeben wollten. Isabelle war zu Fuß gefolgt, mit klopfendem Herzen und einem Lächeln auf den Lippen. Ihre erste Traubenernte! Endlich ging es los. Sie wollte es sich nicht nehmen lassen, ein Grußwort an die Pflücker zu richten. Zumindest war das der Plan gewesen …
    »Ich kann mir das auch nicht erklären«, sagte Gustave Grosse, während sein Blick über die Weinberge schweifte, in denen es von Menschen nur so wimmelte. Nur bei den Feininger-Reben war weit und breit niemand zu sehen. »Die Lumpen sind einfach nicht erschienen, dabei war doch alles abgemacht.« Noch während er sprach, kam Claude Bertrand atemlos angerannt. Seine Miene war grimmig und verhieß

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