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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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atemlos von ihrem jeweiligen Gefolge beobachtet. Wann immer Daniel Lambert irgendwo auftauchte, wurde die Anspannung noch größer. Wie würde seine Begutachtung ausfallen? Wann würde er mit der Traubenernte beginnen? Dass Henriettes chef de cave für die anderen der Meister seines Fachs war, hatte Isabelle inzwischen verstanden.
    Auch sie linste wie alle anderen Winzer jeden Morgen unter niedergeschlagenen Lidern hinüber zu den trubertschen Weinbergen, um herauszufinden, ob Daniel den von allen ersehnten Startschuss für die Ernte gab. Davon unabhängig versuchte sie, sich selbst in die Natur einzufühlen. Die Sonne der letzten Wochen hatte den Boden ausgetrocknet, die Reben mussten ihre Wurzeln nun immer tiefer strecken, um noch an ein bisschen Wasser zu gelangen. Mit jedem Tag lösten sich die Trauben leichter vom Stängel, stellte sie fest. Die Farbe der roten Trauben wurde täglich dunkler, das Violett trug inzwischen schon einen Hauch Schwarz in sich. Auch änderte sich ständig das Verhältnis von Süße und Säure des Saftes, wenn sie eine Traube auf der Zunge zerdrückte. Sogar die Triebe selbst sahen anders aus als noch vor ein paar Wochen, sie hatten eine fast korkartige Struktur entwickelt. Nur – was sagten ihr all diese Faktoren?
    »Gar nichts«, erwiderte Gustave Grosse barsch, als sie sich eines Morgens in den Weinbergen begegneten. »Der Aufwand, der betrieben wird, um den optimalen Erntebeginn herauszufinden, ist völlig übertrieben! Wetter hin oder her – die Trauben sind, genau hundert Tage nachdem die Rebe in voller Blüte stand, reif, so einfach ist das. Die Schwangerschaft einer Frau dauert schließlich auch stets neun Monate, ganz gleich, welches Wetter oder welche sonstigen Bedingungen um sie herum herrschen.« Während er sprach, starrte er in unziemlicher Art auf Isabelles Leib.
    »Wenn Sie so schlau sind, frage ich mich, was Sie gerade in den trubertschen Weinbergen verloren hatten? Von dort habe ich Sie nämlich gerade kommen sehen«, sagte Isabelle und wies auf Henriette Truberts Hanglage. Sie kniff die Augen zusammen. Täuschte sie sich, oder sah sie dort hinten Daniel und Henriette Trubert zu­sammenstehen?
    Einen Moment lang schien Grosses Selbstbewusstsein zu schwanken. »Nun ja … Ich dachte …«
    Isabelle verzog spöttisch den Mund. »Nun geben Sie’s schon zu – Sie orientieren sich wie alle anderen ebenfalls an Daniel Lambert.«
    Grosse schnaubte. »Der kann mir gestohlen bleiben! Wer weiß, wie lange das Wetter noch so gut ist, deshalb schlage ich vor, dass wir morgen mit der Ernte der roten Trauben beginnen.«
    Es gab zwei Erntezeiten, so viel wusste Isabelle aus Jacques’ Büchern. Eine für die roten Trauben Pinot Noir und Pinot Meunier und eine etwas spätere Erntezeit für die weiße Chardonnay-Traube.
    »Aber heißt es nicht, dass die Trauben im letzten Stadium der Reife nochmals saftiger werden und an Gewicht zulegen?«, sagte sie, um Zeit zu gewinnen. Etwas in ihr sträubte sich, die endgültige Entscheidung zu treffen.
    »Stimmt genau«, erwiderte ihr Kellermeister. »Ein paar Tage bleibt ihr Gewicht am Ende gleich, und dann beginnen sie zu schrumpeln und auszutrocknen. Wollen Sie das etwa riskieren?«
    »Natürlich nicht. Aber mein Gefühl sagt mir, wir sollten noch ein, zwei Tage warten. Hat sich inzwischen der Anführer der Pflücker bei Ihnen gemeldet? Laut Jacques’ Unterlagen hatte er in den letzten Jahren je um die fünfzig Pflücker beschäftigt, ich denke, damit müssten wir auch dieses Mal auskommen. Haben Sie dem Mann das gesagt?«
    »Alles längst geklärt«, winkte Grosse ab. »Die Leute wissen, dass sie es hier gut haben. Jacques Feininger hat sich nicht lumpen lassen, wenn es um die Verpflegung der Pflücker ging. Sie bekamen stets gute Brotzeiten und Wein, und am Ende der Lese gab es ein großes Fest, bei dem zwei Spanferkel gegrillt wurden. Wenn Sie es genauso halten, werden Sie keine Probleme mit den Leuten bekommen. Machen Sie sich keine Sorgen, Sie haben ja mich!«, fügte er hinzu und plusterte sich auf.
    Isabelle, die sich nicht entscheiden konnte, ob dies eher Fluch oder Segen bedeutete, seufzte. Dann holte sie tief Luft und sagte resolut: »Lassen wir den Trauben noch ein oder zwei Tage Zeit. Die können Sie nutzen, um nochmals die Fässer auszuwaschen. In den beiden großen Fässern, in die der Chardonnay kommt, habe ich oben an den Rändern noch klebrige Rückstände von altem Schaum entdeckt. Dabei wissen Sie so gut wie ich, dass

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