Die Chancellor
Herkommen. Zur Bekräftigung dieses habe
ich verpflichtet und verpflichte hiermit meine Person,
mein Vermögen und das genannte Fahrzeug mit allem
Zubehör.
Zu dem Zweck habe ich drei gleichlautende Konnos-
semente unterzeichnet und es sollen nach Erledigung
eines derselben die anderen null und nichtig sein.
Geschehen zu Charleston, am 13. Sept. 1869.
J. S. Huntly.«
Die ›Chancellor‹ führt also 1.700 Ballen Baumwolle
nach Liverpool. Absender: Bronsfield & Co. in Charles-
ton. Empfänger: Gebrüder Leard in Liverpool.
* 520.000 Mark.
** 40.000 Mark.
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Da das Schiff eigens zum Baumwolltransport einge-
richtet ist, wurde die Ladung mit größter Sorgfalt ver-
staut. Bis auf einen kleinen für das Passagiergepäck frei-
gelassenen Teil nehmen die Ballen den ganzen Fracht-
raum ein und bilden, da sie mittels Winden sehr fest
verschnürt sind, nur eine äußerst kompakte Masse. Kein
Eckchen des Frachtraums ist auf diese Weise ungenutzt
geblieben, ein günstiger Umstand für ein Schiff, das da-
bei seine volle Warenladung aufzunehmen vermag.
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30. September bis 6. Oktober. – Die ›Chancellor‹ ist ein
schneller Segler, der viele Schiffe von gleicher Größe
leicht überholen würde, und seitdem die Brise aufge-
frischt hat, läßt er einen langen, kaum übersehbaren
Streifen wirbelnden Kielwassers hinter sich, so daß man
ein langes weißes Spitzengewebe, das auf dem Meer wie
auf blauem Untergrund hingebreitet läge, zu sehen ver-
meint.
Der Ozean ist vom Wind nur wenig bewegt. So viel
ich weiß, wird niemand an Bord von dem Schwanken
und Stampfen des Schiffes besonders belästigt. Übri-
gens befindet sich keiner der Passagiere auf der ersten
Überfahrt und alle sind mehr oder weniger mit dem
Meer vertraut. Zur Zeit des Essens bleibt jetzt kein Platz
am Tisch leer.
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Zwischen den Passagieren knüpfen sich allmählich
Verbindungen an und das Leben an Bord gestaltet sich
weniger einförmig. Der Franzose, Mr. Letourneur, und
ich, wir plaudern häufiger miteinander.
Mr. Letourneur ist ein Mann von 50 Jahren, hohem
Wuchs, weißem Haar und ergrauendem Bart. Er er-
scheint noch älter, als er wirklich ist, – eine Folge lang-
jährigen Kummers, der an ihm nagte und ihn auch
heute noch verzehrt. Offenbar trägt dieser Mann eine
nie versiegende Quelle der Traurigkeit mit sich herum,
was man an seinem herabgekommenen Körper und
dem häufig auf die Brust niedersinkenden Kopf leicht
erkennt.
Nie lacht er, nur selten lächelt er, und dann nur sei-
nem Sohn gegenüber. Seine Augen sind sanft, blicken
aber stets nur wie durch einen feuchten Schleier. Sein
Gesicht verrät eine ganz charakteristische Mischung
von Kümmernis und Liebe, und seine ganze Erschei-
nung atmet eine gewisse wohlwollende Güte.
Man kommt auf den Gedanken, daß Mr. Letourneur
über irgendein unverschuldetes Unglück traure.
So ist es auch; doch wer sollte kein schmerzliches
Mitgefühl empfinden, wenn er die wirklich übertriebe-
nen Vorwürfe hört, die er sich als »Vater« selbst macht!
Mr. Letourneur ist nämlich mit seinem etwa 20jäh-
rigen Sohn André, einem sanften, einnehmenden jun-
gen Mann, an Bord. Dieser hat zwar im Gesicht einige
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Ähnlichkeit mit seinem Vater, aber – und das ist eben
die Ursache des nie gestillten Schmerzes des letzteren, –
André ist gebrechlich. Sein linkes, stark nach außen ver-
renktes Bein zwingt ihn zu hinken, so daß er ohne Stock,
auf den er sich stützt, gar nicht gehen kann.
Der Vater betet sein Kind an, und man sieht, daß sein
ganzes Leben jenem unglücklichen Wesen gewidmet ist.
Er leidet durch das angeborene Gebrechen des Sohnes
weit mehr, als sein Sohn selbst, und erbittet von diesem
wohl dann und wann Verzeihung! Seine Hingebung ge-
gen André äußert sich jeden Augenblick von neuem. Er
verläßt ihn nicht, belauscht seine geheimsten Wünsche,
achtet auf alles, was jener tut. Seine Arme gehören mehr
dem Sohn, als ihm selbst, sie umschlingen ihn und un-
terstützen ihn, wenn sich der junge Mann auf dem Ver-
deck der ›Chancellor‹ ergeht.
Mr. Letourneur hat sich mir enger angeschlossen,
und spricht unausgesetzt von seinem Kind.
Heute sprach ich ihn folgendermaßen an:
»Eben komme ich von Mr. André. Sie haben einen
guten Sohn, Mr. Letourneur, er ist ein begabter und un-
terrichteter junger Mann.«
»Jawohl, Mr. Kazallon«, antwortet mir Mr. Letour-
neur, dessen Lippen ein schwaches
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