Die Chaosschwestern legen los - Mueller, D: Chaosschwestern legen los
Am-Strand-Liegen für ein Geld gekostet hat, will ich gar nicht wissen! Das hätten wir lieber Greenpeace oder so spenden sollen. Und Tessa hat die ganzen drei Wochen lang nur noch mehr und blöder gekichert als sonst (obwohl Dodo gar nicht dabei gewesen ist) und hat gesagt, dass sie – sehr lieb, aber danke – bereits sehr nette Spanier und auch reichlich spanisches Leben kennengelernt hätte.
Das einzig Gute an dem Urlaub ist gewesen, dass ich keinen von meiner Familie viel gesehen habe. Ich konnte den ganzen Tag ungestört auf das Wasser im Pool starren und nachdenken. Über die Welt und meine Familie und die Ungerechtigkeiten im Leben. Über die Schule, und warum manche Mädchen beste Freundinnen haben und manche nicht. Und überhaupt über alles so.
Kenny war superglücklich den ganzen Tag in ihrem Kinderklub beschäftigt, Malea hat einen Surfkurs gemacht und Tessa hing immer nur im Dorf mit irgendwelchen dunkelhaarigen Jungen rum. (Die Einzige, die ich gerne gesehen hätte, nämlich Rema, ist leider zu Hause geblieben, weil es ihr in Spanien zu heiß ist.) Ja, echt, solche Ferien muss man doch kein zweites Mal haben!
»Was willst du denn in Spanien?«, frage ich ehrlich verblüfft.
»Na, da leben«, sagt Tessa, als wäre es das Normalste von der Welt.
Ich überlege einen Moment, wie sie das meinen könnte. Ich meine, sie ist ja, wie gesagt, erst fünfzehn.
»Du willst in Spanien leben?«
»Mhm.« Tessa strahlt mich aus tuschefetten Augen an.
»Allein?«
Tessa strahlt nicht mehr. »Wie meinst du das, allein?«
»Na, ohne Iris und Cornelius und... uns?«
»Allerdings«, nickt Tessa. »Ich gehe mit Dodo auf eine Sprachenschule in der Nähe von Barcelona. Haben wir uns genau angeguckt, im Internet. Die haben auch ein Internat dort, da können Dodo und ich zusammen in einem Zimmer wohnen. Ich sag doch, ich plane mein Leben. Von jetzt an bestimme ich selber, was ich mache.«
»Und das erlaubt Cornelius?« Ich halte die Luft an. Die hat sie ja wohl nicht mehr alle!
Tessa legt ihre ansonsten oh so knitterfreie Stirn in Falten und funkelt mich genervt an. »Kapierst du denn gar nichts, Livi? Ich erlaube Cornelius nicht mehr, mir irgendetwas nicht zu erlauben.«
Klar-klar, Tessa!, denke ich. Das hat man ja heute Mittag gesehen. Als du nämlich wimper-klimper-klimper Cornelius sämtlichen Honig, den du finden konntest, um den Zweieinhalbtagebart geschmiert hast. Bloß damit er dir nicht wütend eine Strafpredigt entgegenbläst. Nein, nein, da hast du wirklich SEHR eindrucksvoll und unmissverständlich ihm nicht erlaubt, dir nicht zu erlauben, später zu kommen.
Aber das sage ich lieber nicht. Ich bin generell nicht besonders wild auf Streit und außerdem bin ich müde.
»Ah so«, sage ich stattdessen relativ neutral.
Na ja... immerhin ist Tessa meine Schwester. Wenn es hart auf hart kommt, halten wir natürlich zusammen. Und außerdem: Wenn Tessa nach Spanien geht, habe ich ein Zimmer für mich allein! Ach, halt – das habe ich ja ab dem nächsten Wochenende sowieso! Juchhu! Ach, das Leben kann manchmal so schö…
Stopp. Nein. Nix schön. Drei wunderbare Sekunden lang hatte ich glatt vergessen, dass Gregory Hahn unser neuer Nachbar ist. Gregory! Von allen Idioten aus meiner Klasse ausgerechnet Gregory!
Ich dachte, ich sterbe, als die Tür aufging und ich sein dämliches Gesicht sah! Wie soll ich denn jetzt noch so tun können, als sei ich ein normaler Mensch? Wie soll ich jetzt noch meine peinliche Familie geheim halten können?
Vielleicht sollte ich auch nach Spanien auswandern? Oder nein, besser nach Mittelamerika. Da werde ich wenigstens gebraucht. Obwohl ich natürlich noch gar kein Spanisch kann... Ups, gähn... (irgendwie fallen mir gleich die Augen zu)... Also doch mit Tessa nach Spanien und erst mal die Sprache lernen?
»Schläfst du schon, Livi?«
Nein. Na ja, fast.
»Livi? Hörst du? Sag aber Cornelius nichts davon, wie ich ab jetzt mein Leben leben werde, ja?«
Haha, Tessa. Willst du etwa nach Spanien gehen, ohne dass er das merkt? Pah, so viel zu deinem großspurigen Ich-erlaube-Cornelius-nicht-mehr,-mir-etwas-nicht-zu-erlauben!
»Natürlich sage ich nichts. Wofür hältst du mich! Nacht, Tessa.«
»Nacht, Livi.«
Jessa
ndlich, endlich werde ich rauskommen aus dem Kleintadtmief hier! Endlich, endlich werden Dodo u nd ich was erleben! España, pass auf, Dorothea und Tessa-Tiara kommen! Javier und Ramón waren tatsächlich letztes Wochenende hier. Sie sind einen ganzen Tag und
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