Die Chaosschwestern sind die Größten!
nicke und lächele ebenfalls.
Jedenfalls bis zu dem Moment, in dem der Herr neben mir seine Gabel fallen lässt. Denn eine Sekunde später hängt er schon vornübergebeugt auf seinem Stuhl, um nach ihr zu angeln.
Auweia! Der kippt mir ja gleich vom Tisch. Ich nehme an, solche Situationen meinte Andrea mit zur Hand gehen .
»Warten Sie! Ich helfe Ihnen«, sage ich und bücke mich schnell zu dem Besteck runter.
BOING!, macht es, als unsere Köpfe zusammenknallen.
Der Herr richtet sich auf und guckt mich jetzt so unverhohlen böse an, dass ich fürchte, er wird gleich nach der Heimleitung schreien.
Ich schnappe mir schnell die Gabel und lege sie auf den Tisch.
»Entschuldigung«, murmele ich, obwohl ich nicht einsehe, dass die beiden kleinen Beulen an meinem und seinem Kopf meine Schuld sein sollen.
Hilfe suchend gucke ich zu Andrea rüber. Doch die ist vier Tische weiter damit beschäftigt, einen alten Mann, der sich kaum noch bewegen kann – der Ärmste! –, zu füttern, und sieht nicht mal in meine Richtung. Wahrscheinlich sollte ich eine frische Gabel für den Herrn neben mir holen.
Gerade als ich aufstehen will, merke ich, wie aus Miss Runzel-Rapunzel mir gegenüber ein Kichern herausplatzt. Gleich danach lacht sie auch schon laut. Dummerweise kann ich sowieso schon kaum ernst bleiben, wenn andere Leute lachen. (Besonders, wenn Dodo loslegt!) Aber dieses Lachen ist so ansteckend wie nichts, was ich bisher gehört habe.
Tapfer versuche ich, mein eigenes Losprusten zu unterdrücken. Doch ein paar Sekunden später wiehere ich so laut, dass sogar Dodo am Nebentisch sich umguckt. Und wo ich schon mal am Lachen bin, lache ich über die ganze Situation hier. Es ist echt einfach zu komisch! Dodo und ich geben uns wirklich alle Mühe, die perfekten Helfer zu sein – aber nichts scheint zu funktionieren.
Außer das Lachen von der süßen Frau Runzel-Rapunzel. Das lockert! Und zwar nicht nur mich. Die Leute an den Nebentischen drehen sich schmunzelnd um und viele lachen einfach mit.
Als wir das Essen endlich erfolgreich hinter uns gebracht haben (Mister Miesgesicht neben mir hat selbstverständlich noch eine frische Gabel bekommen), zupft mich die Dame mit dem wundervollen Lachen sanft am Ärmel. »Tiara? Ist das Ihr Name?«
»Ja«, antworte ich und drehe mich zu ihr um. »Tessa-Tiara. Aber Sie können mich nennen, wie Sie möchten. Und Sie können mich auch gerne duzen.«
»Ah, freut mich! Ich heiße Flieder. So wie der Busch.« Sie lacht. Wenn ich direkt vor ihr stehe, kann sie mich anscheinend besser hören. »Machst du mit deiner Freundin hier ein Praktikum?«
Die Dame ist sehr zart gebaut und geht mir gerade mal bis zur Schulter. So ein feines, kleines Persönchen!
»Nein«, antworte ich, »wir arbeiten hier nur diese Woche, weil wir Osterferien haben und in der zweiten Ferienwoche nach Spanien fahren wollen. Wir wollen hier das Geld für die Reise verdienen.«
»Oh«, meint Frau Flieder, »das ist aber sehr löblich von euch! Ich finde es scheußlich, wie die heutige Jugend immer zu erwarten scheint, dass die Eltern alles bezahlen. Zu meiner Zeit …«
»Zu deiner Zeit, liebe Hilde«, mischt sich jetzt eine andere, vielleicht ein klein wenig jüngere Frau ein, »wären wir noch nicht mal auf die Idee gekommen, in den Ferien mal eben nach Spanien zu hopsen. Ist das nicht schön, dass die heutige Jugend das kann?«
Runzel-Rapunzel, die anscheinend mit richtigem Vornamen Hilde heißt, nickt heftig. »Aber natürlich, Lore, das ist wunderbar. Aber noch wunderbarer ist, dass unsere Tiara hier sich die Reise ganz selbstverständlich allein finanziert. Das würden nicht alle Mädchen in ihrem Alter tun.«
Ich räuspere mich unauffällig und lächele mein zauberhaftestes Lächeln. Ich hoffe, meine Selbstbeherrschung verlässt mich jetzt nicht. Und dass das, was ich da gerade heiß auf meinen Wangen spüre, nicht etwa eine ZU verräterisch dunkle dunkelpinke Färbung ist. Was für ein Glück, dass die das Gespräch mit Cornelius am Samstag nicht gehört haben!
Obwohl ich wirklich nicht ganz verstehe, was das ganze Gezeter über die faule Jugend eigentlich soll. Ich meine, mich und Dodo würde ja wohl niemand ernsthaft als faul bezeichnen!
Im Gegensatz zu anderen Mädchen (über Livi will ich da gar nicht erst reden!), die sich vermutlich erst drei Minuten vor dem Frühstück aus dem Bett schälen, stehen Dodo und ich mindestens eine Stunde früher auf. Um uns unserer Umwelt angemessen zu präsentieren
Weitere Kostenlose Bücher